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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau
Autoren: Jana Seidel
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werde niemals mein Studium abschließen.«
    Toni und ich sehen erst uns und dann Tanja betroffen an.
    Â»Das ist doch Blödsinn«, sagt Toni, »du musst nur aufhören, dich dem Schweinezyklus zu unterwerfen. Niemand hat in so vielen Fächern Zwischenprüfungen abgelegt wie du. Bring einfach irgendein Studium zu Ende, das dir wirklich gefällt.«
    Â»Ich dachte ehrlich gesagt immer, du bist ganz glücklich bei dem, was du tust«, sage ich kleinlaut. Tanja sieht mich ungläubig an.

    Â»Dafür bist du mit einem tollen Mann zusammen«, füge ich schnell hinzu.
    Â»Seit wann definieren wir uns über die Männer?«, fragt Toni. Manchmal ist selbst diese Frau keine Unterstützung.
    Â»Vermutlich schon immer«, gebe ich zu bedenken.
    Jetzt sehen mich beide sauer an.
    Â»Ich meine doch nur … Wie würde sich denn eine Frau fühlen, die von jeder Frau geschätzt und von Männern nicht beachtet wird? Wie eine, die gar nicht wirklich existiert. Selbst wenn die eine Hälfte der Erdbevölkerung sie ganz großartig findet.«
    Â»Deprimierender Gedanke«, seufzt Toni.
    Genau. Egal was wir uns vormachen: Müssten wir uns tatsächlich zwischen einem tollen Job und einem tollen Kerl entscheiden, wäre ja wohl klar, wie die Wahl zunächst einmal ausfallen würde. Aber ich verstehe Tanja. Wenn man den tollen Kerl erst mal hat, konzentriert man sich wieder auf andere Lebensbereiche, und dort sticht dann das ein oder andere Manko ins Auge, das man im Liebesrausch verdrängt hatte. Und schon ist die Frustration da. Dann gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder nimmt man sich diese Bereiche konsequent vor und kümmert sich endlich wieder um sich. Empfehlenswert. Oder man klammert sich noch fester an den Typen und verhält sich so doof, dass man den tollen Kerl am Ende verjagt und vor dem Nichts steht. Nicht empfehlenswert, aber immer wieder zu beobachten. Und Tanja ist offenbar gerade dabei, sich für Letzteres zu entscheiden: »Ich habe übrigens doch beschlossen, bei Hrithik einzuziehen.«
    Wir starren sie einfach nur an.

    Â»Nur aus praktischen Gründen natürlich«, fährt sie hastig fort, »das Leben in Hamburg ist so teuer, und wie es beruflich bei mir weitergehen soll, weiß ich einfach nicht.«
    Toni und ich reden vergeblich auf sie ein. Warum sie auf mich nicht hört, kann ich sogar verstehen. In letzter Zeit war ich wohl eher nicht die Expertin in puncto weiblicher Unabhängigkeit und dem vernünftigem Umgang mit Beziehungen.

    A ls ich mich gerade zuhause aufs Sofa gelegt und – weil ich nicht schlafen kann – bei »Herr der Ringe« da wieder eingesetzt habe, wo ich vorhin aufgehört hatte, klingelt das Handy. Rufnummer unterdrückt. Und ich habe schon gehofft, dass ein Wunder geschähe, und der Name »Alexander« über das Display flimmern würde. Passiert natürlich nicht.
    Neugierig nehme ich trotzdem ab. Kaum habe ich mich gemeldet, legt der Anrufer auch schon wortlos wieder auf. Zumindest ein höfliches »Entschuldigung, verwählt« wäre ja wohl drin gewesen.
    Jetzt klingelt es auch noch an der Haustür. Ich schlurfe zur Tür, es ist kurz nach Mitternacht. Der Postbote mit einem eBay- oder Amazon-Päckchen kann es wohl eher nicht sein. Wer zur Hölle wagt es, mich jetzt noch zu stören?
    Â»Hallo«, sage ich vorsichtig in die Gegensprechanlage.
    Und dann vernehme ich die wunderbaren Worte: »Lässt du mich rein?«
    Es ist Alexander. Ich drücke den Türöffner. Schadensbegrenzung ist angesagt. Ist es schädlicher, dass ich eine
schlabbrige Pyjamahose trage oder dass ein Haufen wilder Orks auf meinem Bildschirm Jagd auf arme Hobbits macht? Beides wird landläufig nicht mit verführerischer Weiblichkeit gleichgesetzt. Ich entscheide, dass die Orks wegmüssen und schaffe es gerade noch, den Fernseher auszuschalten. Da steht Alexander schon in der Tür. Er sieht auf meine Pyjamahose und das Ringeltop.
    Â»Habe ich dich geweckt? Ich habe extra vorher angerufen, um zu sehen, ob du noch wach bist. Du warst so schnell dran, dass ich dachte, du schläfst wohl noch nicht.«
    Himmel, wie lange habe ich ihn nicht mehr aus so köstlicher Nähe gesehen. Und nun stehen wir uns hier verschämt gegenüber. So habe ich mir unser Wiedersehen nicht vorgestellt.
    Â»Ja, nein, ich meine, deine Rufnummer wurde gar nicht angezeigt.
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