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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau
Autoren: Jana Seidel
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beißen.
    Â»Nein, hat sie nicht«, bringe ich hervor, bevor ich schnell in Richtung Treppenhaus laufe. André und Diana? Na ja, warum eigentlich nicht. Obwohl ich befürchte, dass eine Beziehung zwischen den beiden eine eher freudlose Angelegenheit wird. An die Sache mit dem Sex will ich lieber gar nicht denken, aber vielleicht kann Diana ja zumindest auf dem Minigolfplatz mit Schläger und Bällchen umgehen.

    D a, endlich, ein Anruf von einer Telefonnummer, die Alexanders Arbeitsnummer zumindest verblüffend ähnlich sieht.
    Â»Grünbaum-Verlag, Krokowski am Apparat«, sagt eine weibliche Stimme.
    Oh mein Gott, er hat seine Sekretärin beauftragt, der verrückten Stalkerin zu sagen, sie solle sofort aufhören, ihn mit Einsendungen zu bombardieren.
    Â»Ich möchte eigentlich mit Julia Sonne sprechen.«
    Â»Ja, also das bin ich … irgendwie«, stammele ich.
    Die weibliche Stimme entpuppt sich als Lektorin. Der Verlag hat entschieden, das Buch zu veröffentlichen, und sie will einen Termin mit mir vereinbaren, um die nötigen Änderungen im Vorfeld mit mir zu besprechen. Wie kann Alexander mich nur so demütigen? Kein persönliches Wort,
nur die übermittelte Entscheidung, meine Schmach öffentlich zu machen. Dann denke ich an die Vibratoren und den Klimawandel. Was, wenn das Buch ein Erfolg wird? Es weiß ja niemand außer Alexander, dass ich Julia Sonne bin. Das wäre zwar nur ein schwacher Trost für den Verlust einer großen Liebe. Aber es ist immer noch besser, einsam erfolgreich zu sein, als ohne Geld und ohne Mann vor sich hin zu vegetieren. Ich kann es ja zumindest versuchen. Ich werde natürlich nicht sofort denen vom Hamburger Morgen mitteilen, dass ich vorhabe, ihnen die ekeligen Brocken vor die Füße zu werfen. Aber die Vorstellung, es irgendwann tun zu können, löst ziemliche Euphorie in mir aus.
    Ich verspreche Frau Krokowski also, zu dem von ihr vorgeschlagenen Zeitpunkt im Verlag zu sein.

    W as soll ich nur anziehen? Das Wickelkleid wäre wohl zu aufdringlich. Das Hugo-Boss -Kleid? Ach nein, das werde ich wegschmeißen, erstens ist es schwarz, und zweitens weckt es ungute Erinnerungen an den großen Rafael-Fehler.
    Nach einigem Suchen finde ich in meinem Kleiderschrank einen schwarzen Blazer und eine Hose in fast dem gleichen Farbton. Das würde zumindest seriös aussehen. Dazu trage ich das beige Rollkragen-Shirt, um die dunkle Farbe frühlingstypgerecht aufzupeppen. Hohe Absätze müssen sein, für den stolzen, aufrechten Gang.
    Sehr gut. In den Klamotten habe ich das Gefühl, fast so cool zu sein, wie die Frau sein muss, die mich im Spiegel anblickt. Kleider machen eben Erfolgsfrauen. Ich gönne mir
sogar ein Taxi, weil ich auf jeden Fall verhindern will, dass ich auf dem Weg noch alles vermassele, indem ich mich in der S-Bahn-Tür einklemme oder in Hundescheiße trete.
    Als ich vor dem großen Glaskasten stehe, habe ich ein ganz merkwürdiges Gefühl in der Bauchgegend. Ich bin erst einmal hier gewesen, bei dem Verlagsgeburtstag. Damals waren Alexander und Stephanie noch ein Paar. Ich ahnte noch nicht einmal ansatzweise, was für ein toller Mann in dem Anzugträger steckte, und ich hatte zu dem Zeitpunkt noch nicht alles verdorben. Schade, dass man die Zeit nicht zurückdrehen kann – natürlich mit dem Wissen von heute, damit man nicht wieder in dieselbe Falle tappt. Einerseits wünsche ich mir so sehr, ihm im Verlagsgebäude über den Weg zu laufen, um wenigstens sein Gesicht einmal wieder zu sehen. Andererseits weiß ich nicht, ob ich dafür schon stark genug bin. Vermutlich würde mein Herz so rasen und mein Magen so grummeln, dass ich nur noch in hemmungsloses Schluchzen ausbrechen und auf die Knie sinken würde, um ihn anzubetteln, mich zurückzunehmen.
    In diese Verlegenheit komme ich nicht. Ich weiß nicht einmal, wo er überhaupt sitzt, und ich wage auch nicht, auf die Schilder an den Türen zu sehen, aus Angst, dass ich der Versuchung nicht widerstehen könnte einzutreten, sobald ich seinen Namen irgendwo fände.
    Daria Krokowski entpuppt sich als resolute Mittfünfzigerin. Ihre heisere Stimme lässt auf zu viele Zigaretten und Alkohol schließen. Gott, habe ich einen Schmacht, seit ich in Mexiko rückfällig geworden bin. Genau wie ich trägt auch sie einen schwarzen Hosenanzug. Er schmeichelt ihrem hellen Teint ebenso wenig
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