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Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm
Autoren: Jacques Berndorf
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zweite, du hast zwei Beine.« Sie war eine schöne Frau und ich wünschte, dass sie irgendwann einmal das Glück haben würde, den Mann zu finden, mit dem sie ruhig werden konnte. »Ist es zu warm? Geht es?«
    »Das ist gut. Mein Gott, ich stinke wirklich. Wenn mich nicht alles täuscht, habe ich 48 Stunden lang nur gesoffen, geraucht und geheult. Blöde Zicke, die ich bin. Kannst du mir die Zigaretten und das Feuer bringen, und auch ein Glas Weißwein, bitte?«
    »Kommt sofort.«
    »Und noch was, Baumeister. Nicht, dass du das hier falsch verstehst.«
    »Du bist wirklich aus dem Tritt«, anwortete ich leicht empört.
    »Man weiß ja nie«, sagte sie gedehnt. »Bring mir auch einen Kaffee, bitte. Und besser keinen Wein. Nur Zigaretten. Und viel Zucker und etwas Milch. Irgendwo müssen noch Zigarillos sein. Ja, und ich hatte neues Mundwasser gekauft. Das muss irgendwo in der Küche stehen. Ja, und dann noch vielleicht...«
    »Wenn du so weitermachst, kann ich meinen Gesellenbrief im Roomservice ablegen.« Langsam war ich wütend.
    »Es ist ja nur wegen Jakob«, sagte sie matt.
    Ich stieg die Treppe wieder hinunter, nahm ein Tablett und stellte alles darauf, was sie wollte und möglicherweise nachbestellen würde. Und weil sie mir so Leid tat, griff ich in einen Strauß Sonnenblumen, brach eine unter dem Kopf ab und legte sie mitten auf das Tablett. Es sah hübsch aus, zeigte aber keine Wirkung, denn Wilma war inzwischen eingeschlafen und schnarchte wie ein Sägewerk. Jedes Mal, wenn sie laut ausschnaufte, blies sie feine Bläschen aus dem Badeschaum, die sternengleich funkelnd durch den Raum segelten.
    Ich machte mich in ihrem CD-Haushalt auf die Suche nach etwas, das sie vielleicht aufmuntern würde. Es war ein wenig zynisch, aber ich entschied mich für Satchmos ›What a wonderful world‹ und ließ es ordentlich dröhnen. Tatsächlich reagierte Wilma.
    »Mach das Scheißding aus!«, schrie sie hysterisch. »Mach es aus!«
    Das tat ich nicht, stattdessen beugte ich ihren Kopf nach vorn und massierte ihr kräftig die Schulterpartie. »Du wirst jetzt zu dir kommen. Du wirst noch gebraucht, Frau.«
    Sie wollte maulen, doch ich fuhr fort: »Kannst du mir vielleicht die Frage beantworten, warum Driesch in die Rur gestiegen und durch das Wasser gelaufen ist?«
    »Kann ich nicht.«
    »Hatte er Freunde in Monschau?«
    »Er hatte überall Freunde. Das weißt du doch.«
    »Wirkte er in der letzten Zeit irgendwie verändert?«
    »Ja. Er war verändert. Aber nicht... nicht negativ. Er war nur stiller, nachdenklicher.«
    »Seit wann?«
    »Seit ein paar Monaten.«
    »Traf er irgendwelche Leute, die er früher nicht getroffen hat?«
    »Das weiß ich nicht, ich lebte schließlich nicht mit ihm. O Gott, sind diese Muskeln hart. Das tut weh, Baumeister.«
    »Das soll es auch. – Gab es vielleicht Zoff mit den Leuten, die Windräder aufstellen, oder mit den Leuten, die gegen Windräder sind?«
    »Nur das Übliche, nichts Besonderes. Und noch vor einer Woche sagte er, kein Mensch kann die Windräder auf Dauer verhindern, es gibt sie, also werden sie aufgestellt. Der Meinung bin ich auch. Glaubst du, Anna wird mit mir reden?«
    Ich war verblüfft. »Warum sollte sie das nicht tun?«
    »Weil sie vielleicht gedacht hat, ich hätte was mit Jakob.«
    »Hattest du was mit ihm?«
    Sie schüttelte den Kopf und begann erneut zu weinen. »Verdammte Hacke, nein. Albert hat das auch geglaubt, aber Albert glaubt alles Miese, wenn es gegen Jakob geht.«
    »Und wer, bitte, ist Albert?«
    »Albert ist unser Wasserspezialist. Er ist für Natur pur, er findet Windräder furchtbar, er sagt, wir sollen die Bachläufe und Flüsse nutzen und Wasser zur Stromerzeugung benutzen. Er ist der Ansicht, Windräder verschandeln die einmalige Natur in der Region. Ich habe keinen Beweis dafür, aber ich wette, er war es, der das Windrad oben vor Losheim umgelegt hat. Damals, vor acht Monaten. Er hat es natürlich abgestritten, aber ich wette, er war es.«
    »Was macht dieser Albert denn im normalen Leben so?«
    »Schafskäse und Ziegenkäse und Honig und Kräuterbutter, Okobauer eben. Albert ist verheiratet, hat vier Kinder und ist ein geiler Bock. Er hat Jakob mal als katholisches Niederwild beschimpft, das man zum Abschuss freigeben sollte. Dabei hatte er fast Schaum vor dem Maul.«
    »Oha!«, sagte ich. »Wo finde ich diesen Albert?«
    »Ein Einsiedlerhof oben am Weißen Stein. Aber sei vorsichtig, der Kerl ist irre und außerdem bewaffnet. Er ist ein
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