Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
Sperling machte ihr das Leben schwer und verfolgte sie tschilpend. Unten im Tal brannte jemand Holz ab, es roch angenehm nach Buche. Links zog ein uralter Trecker durch den Hang, seine Auspuffgase waren blau, fast schwarz.
    »Ich bin Beamter, ich habe mich auch nach der Pensionierung an solche Weisungen zu halten.« Rodenstocks Stimme klang hohl.
    »Dann hast du ein Problem mit mir«, warf ich ein. »Und du redest um das Problem herum, du eierst.«
    »Leck mich doch am Arsch!«, sagte er heftig, erhob sich und ging zu seinem Wagen hinüber.
    »Das habe ich bereits einem anderen Schwein versprochen!«, schrie ich.
    Er wendete den Wagen, der dabei gegen das Heck meines Autos prallte. Rodenstock reagierte nicht, er gab Gas und preschte den Hügel hinunter, als würde er verfolgt.
    »Blöder Beamter«, fluchte ich überflüssigerweise. Ich fühlte mich elend.
    »Will dein Freund nicht hier bleiben?«, fragte Wilma hinter mir. Sie sah nun ausgesprochen hübsch aus und schien wieder etwas Mut gefasst zu haben.
    »Nein, er muss erst etwas anderes erledigen. Wollen wir über diesen Driesch reden?«
    »Ja«, nickte sie. »Und dann will ich zu Anna fahren und ihr helfen bei ... in ihrem Schmerz. Aber zuerst muss ich ein paar Telefonate erledigen.«
    »Tu das, ich warte hier.« Ich starrte in das Tal hinunter und dachte an Rodenstock, der sich auf die Flucht begeben hatte. Irgendwo tief in mir drin hörte ich, wie eine Klarinette ein Stück von Sidney Bechet spielte – Blues vom Feinsten und irgendwie zum Kotzen.
    Wilma kam wieder zu mir hinaus und setzte sich neben mich. Sie betrachtete mich eine Weile. Dann fragte sie: »Dir geht es beschissen, was?«
    »Ja. Aber das geht vorbei. Erzähl mir von Jakob Driesch – was war er für ein Mann?«
    »Ein ziemlich ungewöhnlicher für einen Politiker. Er hatte keine Begabung zur Lüge. Und ich weiß, wovon ich rede, ich habe nämlich eine. Er war das, was Jugendliche heute cool nennen.«
    »Hast du je erlebt, dass einer seiner Gegner ausnippte, so dass er – wie hast du das genannt? – Schaum vor dem Mund hatte?«
    »Nein, aber ich weiß, dass einer aus der Riege ihn hasste, richtig und regelrecht gehasst hat. Er ist Anwalt und sitzt in Roetgen. Seit zwei Legislaturperioden will er Drieschs Platz übernehmen. Er schafft es nicht, er schafft nicht mal in der Diskussion mit ihm einen Achtungserfolg.«
    »Wie alt ist er?«
    »Fünfunddreißig, schätze ich. Ob der jedoch so weit gehen würde, dass er schießt, das weiß ich nicht. Er heißt Ludger Bensen, Doktor Ludger Bensen. Sein Pech ist, dass er sich selbst für genial hält. Irgendwann wird ihm das das Genick brechen. Aber nun wird er zunächst doch Drieschs Nachfolger werden, das scheint mir ziemlich sicher. Der Mann ist übrigens Fachanwalt für Immobilien. Er handelt und vermittelt, vertritt vor Gericht und wird als Sachverständiger hinzugezogen.«
    »Hat er irgendwie mit Waffen zu tun?«
    »Weiß ich nicht. Ich nehme an, nein. Das ist so ein Weißer-Kragen-Typ, er würde schießen lassen, niemals selbst schießen.«
    »Und wie kam es zu diesem Hass gegen Driesch?«
    »Dieser Bensen ist ein absoluter Karrieremann, sieht weder nach rechts, noch nach links. Er hat irgendwann mit achtzehn Jahren beschlossen, in eine Partei zu gehen und Politik zu machen. Er wurde Mitglied der Jungen Union, wurde Vorsitzender, er ließ sich mit dreiundzwanzig für den Gemeinderat aufstellen, hatte Erfolg. Mit fünfundzwanzig war er Vorsitzender des Bau- und Planungsausschusses. Er hat in Bonn studiert, so ganz nebenbei, wohnte in Roetgen bei seinen Eltern. Dann heiratete er die Tochter eines sehr reichen belgischen Bauunternehmers aus Malmedy, sie haben zwei Kinder. Es ist ein Paar wie aus dem Bilderbuch, strahlend jung und schön. Sie verkehren in der besten Gesellschaft Aachens. Brunch hier, Party da, Empfang dort. Also, wenn du mich fragst, grässliche Leute. Die Frau hat mir mal auf einem Stehempfang gesagt, sie sei froh, wenn er aus dem Haus ist, und Eheleben sei gut, so lange die Dauerwelle nicht leidet. Ich frage mich, wie die zwei Kinder zeugen konnten. Und Hass? Na ja, der Mann hat versucht, Driesch mittels übler Nachrede aus der Politik zu drängen. Er hat behauptet, Driesch habe eine heimliche Geliebte. Das ist übrigens noch nicht lange her, ein Jahr oder so.«
    »Und Driesch hatte keine heimliche Geliebte?«
    »Nein, auf keinen Fall.« Wilma schnaufte entsetzt. »Der doch nicht, der hatte doch Anna und die Kinder. Er meinte mal zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher