Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eifel-Sturm

Eifel-Sturm

Titel: Eifel-Sturm
Autoren: Jacques Berndorf
Vom Netzwerk:
wie ein gehauchtes »Ja!« Dann legte sie den Hörer auf.
    Als Wilma wieder in der Tür erschien, war sie weiß im Gesicht und ihre Augen waren sehr alt. Tonlos teilte sie mir mit: »Annette von Hülsdonk ist tot. Sie wurde erschossen. Sie haben sie vor zwei Stunden gefunden. Das kann doch alles nicht wahr sein!«
    »Wer ist denn das?«
    »Die Tochter von Manfred von Hülsdonk. Du weißt schon, der Hotel- und Kneipenbetreiber. Das glaube ich einfach nicht.«
    »Kann das mit dem Tod von Driesch zusammenhängen?«
    Sie starrte irgendwohin. »Wenn es zusammenhängt, dann geht es doch um Windkraft, um diese Scheißwindräder. Annette gehörte zu unserer Clique und sie war für Windräder.«
    »Kannte sie Driesch?«
    »Natürlich. Wer hier nicht?« Sie schüttelte den Kopf.
    »Lass uns fahren. Wo ist es denn passiert?«
    »In Hellenthal. Mein Gott, sie war erst siebenundzwanzig. Höchstens. Rennt da ein Irrer rum?«
    Von der anschließenden Fahrt von Stadtkyll nach Hellenthal weiß ich nicht mehr viel. Ich erinnere mich, dass ich Richtung Hallschlag raste und dann erschrak, als Wilma brüllte: »Rechts hoch, rechts hoch!«
    Es ist zweifellos eine der schönsten Strecken im Naturpark Nordeifel, aber ich hatte genug damit zu tun, die sowieso schnellen Kleinlaster von Handwerkern und die obligaten Steinlaster zu überholen.
    »Das kann doch nicht wahr sein!«, schrie Wilma plötzlich. »Das ist doch verrückt!«
    Ich kommentierte das nicht. Oberhalb von Hellenthal schössen wir auf die B 265 und etwas quietschte, weil ich zu schnell war.
    Im Kreisel standen zwei Frauen und unterhielten sich. Ich stoppte den Wagen neben ihnen.
    »Wo ist denn das mit der Annette passiert?«, fragte sie Wilma.
    »Dort oben. Sie soll dort ausgeritten sein. Tut sie ja öfter. Hinter der Jugendherberge. Da ist auch Polizei und so was. Aber kann man nicht hin, sie haben alles abgesperrt. Sie müssen da rauf, Richtung Hollerath, dann rechts. Oben ist ein Schild. Sie soll ja sofort tot gewesen sein und ...«
    Ich hatte schon wieder Gas gegeben.
    Es gab einen schmalen Weg zur Jugendherberge hin, der als asphaltierter Wirtschaftsweg endete. Jetzt sahen wir sie – zwei Streifenwagen, ein dunkelblauer Kleinbus, zwei Privatfahrzeuge. Eine große Gruppe Menschen sperrte die Straße ab, davor stand ein Uniformierter. Hinter dem Uniformierten entdeckte ich Kischkewitz im Gespräch mit einem Polizeibeamten.
    Ich parkte den Wagen auf dem Grasstreifen und ging mit Wilma um die Menschentraube herum. Kischkewitz bemerkte uns und winkte.
    In Verlängerung des Wirtschaftsweges kreiselte eine Gruppe Männer um etwas, das auf der Straße lag. Das Etwas war schneeweiß. Die Tote trug wohl eine weiße Bluse.
    »Tag, Siggi«, sagte Kischkewitz. »Ich habe gleich Zeit für euch. Moment noch.« Er sprach eindringlich auf den Uniformierten ein, der dann fortging.
    »So. Wir haben noch nicht viel tun können. Eine Riesenschweinerei. Ich leite die Sonderkommission in Monschau und wollte mir das ansehen, ob das eventuell etwas mit Jakob Driesch zu tun haben könnte.« Er sah mich fragend an.
    »Wilma Bruns«, stellte ich vor. »Sitzt im Landtag für die Grünen, enge Freundin von Jakob Driesch. Sie sagt, die beiden Toten verbindet die Windenergie.«
    Kischkewitz nickte düster und reichte Wilma die Hand. »Wir kennen uns schon. Und Sie kannten die junge Dame da vermutlich auch?«
    »O ja, schon seit Jahren.«
    »Gehen Sie lieber nicht hin. Siggi, du kannst Fotos machen, aber nicht zur Veröffentlichung. Mich immer vorher fragen. Ist das klar?«
    »Natürlich«, sagte ich. »Was ist hier genau passiert?«
    »Ein direkter Schuss aus geringer Entfernung. 80-Gramm-Rehposten, also ziemlich schwerer Schrot. Ihr Gesicht ist so gut wie nicht mehr vorhanden. Sie war sofort tot. Nach meiner Vorstellung muss der Schütze gewusst haben, dass sie da vorne aus dem Wald herauskommen würde. Das macht sie fast jeden Tag, das weiß jeder hier. Nach Lage der Dinge hat der Schütze da vorne hinter dem kleinen Weidenbusch gelegen. Er hat sie nah rankommen lassen, er befand sich in guter Deckung. Entfernung ungefähr fünf bis sechs Meter. Jetzt entschuldigt mich, ich muss weitermachen.«
    »Ich sehe mir das mal an«, sagte ich. »Wann ist es geschehen?«
    »Vor rund fünf Stunden«, sagte Kischkewitz. »Heller Vormittag, elf Uhr wahrscheinlich. Sie ist ziemlich spät gefunden worden, weil niemand hier entlangfuhr. Ihr Pferd ist übrigens durchgegangen, wir haben es bisher nicht finden können.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher