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Eifel-Kreuz

Eifel-Kreuz

Titel: Eifel-Kreuz
Autoren: Jacques Berndorf
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so aus«, murmelte Martin. »Bis auf das Einschussloch
ist hier nichts.«
    Fragend blickte ich zu Emma.
    Â»Er wurde wahrscheinlich erst erschossen, ein Kopfschuss,
den kannst du von hier aus nicht sehen. Vermutlich war er also schon tot, als
er gekreuzigt wurde.« Das klang wie ein Seufzer.
    Entschlossen ordnete Kischkewitz an: »Wir nehmen ihn noch
nicht ab! Wir beginnen mit allem noch mal von vorn. Und noch etwas, Leute: Seht
zu, dass ihr das Fenster findet, durch das das Kreuz gereicht wurde. Es muss
Berührungsspuren, Schleifspuren geben. «
    Eine Frau in dem Pulk der Techniker stöhnte.
    Â»Das Ganze von vorn!«, wiederholte Kischkewitz brüllend.
»Macht eure Augen auf!«
    Anschließend kam er langsam zu uns, schüttelte den Kopf,
sagte aber nichts.
    Â»Was ist das hier für ein Haus?«, fragte ich.
    Â»Irgend so ein Kölner mit viel Geld hat sich das Ding gebaut.
Das muss um das Jahr 1890 gewesen sein. Der Mann war ein leidenschaftlicher
Jäger. Später wurde es an die Diözese in Trier verkauft. Schwestern zogen ein.
Sie machten daraus ein Heim für Waisenkinder und schwer erziehbare Jugendliche.
Auch gestrauchelte Mädchen sind hier untergekommen. Um 1980 zog sich die Kirche
plötzlich zurück und das Haus stand leer. Zehn Jahre später erstand es wieder
jemand aus Köln, für einen Appel und ein Ei. Er brachte es mit viel Geld in
Schuss und starb darüber. Die Gemeinde sollte es zurückkaufen, aber die hatte
kein Geld. Im Moment sieht es so aus, dass die Witwe des letzten Besitzers das
Gebäude notdürftig in Ordnung hält, aber erwartet, dass die Gemeinde einen
Käufer findet. Wenn du es haben willst – es kostet nur einen Euro. Allerdings
wird wohl allein die Heizungsrechnung deine Rente auffressen.«
    Â»Und wieso hängt dieser Junge hier? Ich meine, es muss
doch eine Verbindung zwischen dem Jungen und diesem Haus geben.«
    Â»Das ist in der Tat merkwürdig.« Kischkewitz zündete sich
einen seiner grauenhaft riechenden Stumpen an. »Bis jetzt wissen wir von keiner
Verbindung zwischen dem Jungen und dem Haus. Die Besitzerin aus Köln hat vor
einem Jahr neue Sicherheitsschlösser und Überwachungskameras installieren
lassen. Die Schlösser sind an keiner Stelle angekratzt, eingebrochen ist hier
also niemand. Der Einzige, der vor Ort einen Schlüssel hat, ist der
Ortsbürgermeister. Und der hat ihn niemandem gegeben. Trotzdem muss noch jemand
über einen Schlüssel verfügen und hat uns den Toten serviert. Und falls du
glaubst, dass die Kameras irgendetwas aufgezeichnet haben, liegst du falsch.
Die sind irgendwie ausgeschaltet worden und haben Pause gemacht.«
    Â»Haben die Aufzeichnungsgeräte denn wenigstens die Pausen
notiert?«
    Â»Nein. Das ganze System ist außer Funktion gesetzt worden.
Ich war immer schon der Meinung, dass der Segen der Elektronik ein Gerücht
ist.«
    Â»Was ist mit der Frau bei Weißenseifen?«
    Kischkewitz ließ sich an der Wand herunterrutschen. Erschöpft
hockte er auf dem alten Parkett. »Sie ist sehr teuer gekleidet, trägt ein
Vermögen an Klamotten mit sich herum und Diamanten um den Hals, die ich für ein
Jahresgehalt nicht kaufen kann. Sie war eine schöne Frau, ganz ohne Zweifel,
und sie ist nicht am Auffindungsort getötet worden. Sie liegt da wie entsorgt.
Allerdings haben wir keine frischen Reifenspuren gefunden, also ist auch die
Frage, wie die Leiche dorthin gelangte, ungeklärt.« Er schnaufte unwillig. »Ich
bin froh, dass ihr das hier sehen könnt. Es verstößt zwar gegen jede Regel,
aber wir können Hilfe gebrauchen.« Er lächelte flüchtig. »Und in der Vergangenheit
war eure Einmischung ja durchaus schon mal dienlich. Also, falls euch etwas
dazu einfällt …«
    Â»Ob das hier eine religiöse Botschaft ist?«, fragte Emma
leise.
    Â»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Kischkewitz wütend.
»Der Mörder hat gewollt, dass wir mit diesem Szenario konfrontiert werden. Wenn
ich Christus am Kreuz sehe, denke ich automatisch: Das ist der Sohn Gottes, der
hinwegnimmt die Sünden der Welt. Also gut, nehmen wir das an. Aber um welche
Sünden geht es? Wo wurden diese Sünden begangen, wer beging sie? Andererseits
ist auch denkbar, dass dieser Junge da an dem Kreuz bestraft werden sollte. Für
Sünden, die er begangen hat. Er hat eine uralte Strafe empfangen, die Strafe
des
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