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Eifel-Jagd

Eifel-Jagd

Titel: Eifel-Jagd
Autoren: Jacques Berndorf
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geschenkt bekommen, und mit Sicherheit hatte ich Dinah damit
entzücken wollen, was wohl auch gelungen war. Vielleicht würde sie eines Tages
fragen, ob sie Satchmo denn mitnehmen könne. Und ich hörte mich antworten:
»Selbstverständlich. Satchmo ist dein Kater.«

    Nur kein Streit bei etwas so lächerlich Zerbrechlichem wie
einer Beziehungskiste, nur keine Auseinandersetzung. Lohnt nicht. Ich wurde
wieder wütend auf mich selbst. Wieso läßt du dich mit immerhin 46 Jährchen eigentlich
noch auf Partnerschaft ein? Wieso nimmst du nicht, was dir ins Haus schneit,
genießt und schweigst? Ich wußte zugleich, daß dieser Vorwurf geradezu lächerlich
ist, denn mein Leben wäre nur ein halbes Leben, könnte ich nicht mit einem
anderen Menschen und für ihn leben. Ich bin ein Herdentier, und ich bin es
gern.

    Ich hockte da an meinem Teich und überließ mich meinen
scheußlichen Phantasien. Ich überlegte, was denn Dinah jetzt wohl machte, und
natürlich suchte ich mir in meinem gottverdammten Narzißmus das Übelste aus,
was ich mir antun konnte: Dinah, frisch eingetroffen, im Bett eines
wahrscheinlich hageren, dunkelhaarigen Erfolgsbumsers, der unentwegt betont:
»Ich will Genuß! Jetzt!« Auf so Typen stand sie, und es konnte durchaus
passieren, daß sie ihnen vorübergehend sogar begeistert glaubte. Dann hörte ich
sie sagen: »Siggi war ja richtig rührend bemüht, aber irgendwie auch
langweilig.« Und natürlich hatte der Kerl den knackigen Arsch eines
durchtrainierten Jungfußballers, die ungeheure Intelligenz eines direkt von Einstein
gezeugten Wesens und die Lebenserfahrung eines erfolgreichen sechzigjährigen
Managers nebst angehängtem Vermögen an Investment-Zertifikaten und
LBS-Bausparverträgen. Wahrscheinlich würde er Mercedes fahren, weil BMW und
Audi etwas für Newcomer und Seiteneinsteiger sind.

    Mit derartigen Quälereien hielt ich mich auf, während die Sonne
mich wärmte, in dem Wasser zu meinen Füßen Schnecken trieben und an den
Lanzetten des Wilden Reis knabberten. Schwalben kamen im Sturzflug aus dem
Schatten des Kirchenschiffs hinuntergeschossen, um einen Morgenschluck Wasser
aufzunehmen und ihn ihren Kindern zu bringen. Ein Bild des tiefen Friedens in
der Provinz. Um Punkt sechs Uhr läuteten die Kirchenglocken den Tag ein, für
die Bauern die Zeit, aufzustehen, das Vieh zu versorgen, auf die Felder zu
fahren. Aber Bauern gibt es hier kaum noch, nur sehr viele Eifler, die von
dieser Selbstverständlichkeit träumen und sich Geschichten aus einer Zeit
erzählen, da der Weg der Sonne den Tagesrhythmus angab.

    Ein Zitronenfalterpärchen taumelte schwerelos über das
langgeschossene Gras und ahnte nichts von der tödlichen Gefahr. Satchmo hatte
die Falter gesehen, Paul und Willi natürlich auch. Als gute Pädagogen wollten
sie dem kleinen Satchmo nahebringen, daß Schmetterlinge keine fetten Bissen
sind, aber immerhin eine gute Möglichkeit bieten, Muskeln zu stählen, die
Beweglichkeit zu erhöhen, das Raubtier erfolgreich zu machen.

    Paul lief links von Satchmo, Willi rechts. Satchmo keckerte
lauthals und schlug unglaublich schnell nach den grellgelben Schönheiten. Er
hatte keinen Erfolg, und ich hörte Paul erklären: »Mach es nicht so hektisch,
mach es gezielter!« Und Willi setzte hinzu: »Mach dich platt, warte den
günstigsten Moment ab. Du schießt dann hoch und schlägst mit beiden Pranken! Da
ist die Fehlerquote kleiner!«

    So kamen sie auf mich zu, bis Satchmo seinen winzigen Körper
fest in das Gras preßte und mit einem Arschwackler die Hinterläufe in den
Grasboden krallte. Seine Augen waren ungewöhnlich starr und hellgrün. Die Zitronenfalter
taumelten ein Stück über die Steine der Teicheinfassung hinaus auf das Wasser
und dann sofort wieder zurück.

    Satchmo sprang auf und dehnte sich weit durch, während er
gleichzeitig mit beiden Vorderläufen zuschlug. Erfolglos fiel er zurück und war
offensichtlich wütend, daß die Schmetterlinge sich nicht totschlagen ließen. Er
landete elegant und weich und gab Vollgas. Die Falter flüchteten auf das Wasser
hinaus, und Satchmo flog ihnen nach. Mit einem satten, saugenden »Pflaatsch« landete
er zwei Meter jenseits der Steinumrandung und stand dann bis zur Mitte seines
winzigen Körpers in Schlamm und Wasser, genau auf zwei ganz
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