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Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)

Titel: Eifel-Bullen: Kriminalroman aus der Eifel (German Edition)
Autoren: Jacques Berndorf
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ließ es langsam angehen. Ich stellte mich in einen passenden Feldweg und rief Rodenstock an.
    »Der ist nicht da«, sagte seine Frau Emma bedrückt. »Der hat diese furchtbare Katastrophe in Eisenschmitt. Du könntest mal wieder vorbeikommen.«
    »Was ist so furchtbar in Eisenschmitt?«
    »Das weißt du nicht? Also, ich weiß so gut wie gar nichts. Das soll er dir lieber selbst sagen. Ruf ihn einfach an.«
    Also wählte ich Rodenstocks Handy an, und er meldete sich kühl und knapp.
    »Rodenstock hier. Ich sehe, du bist es. Wie steht es mit der Ehefrau?«
    »Die war heute Nacht bei einer Freundin, sagt sie.«
    »Und Bludenz?«
    »Das Haus ist verrammelt, feucht und unbewohnbar. Keine Spur von dem Mann. Was machst du in Eisenschmitt? Morgens um sechs Uhr fünfzig?«
    »Komm her, dann siehst du es.«
    »Und wo in Eisenschmitt?«
    »Auf dieser schmalen Straße zu dem ehemaligen Jagdhaus. Unübersehbar und jede Menge Konkurrenz für dich. Ich habe wirklich keine Zeit, also bis gleich.«
    Einen Augenblick lang fühlte ich mich so behandelt, wie man vor zweihundert Jahren mit einem Ladenschwengel umgegangen war, wie man Lehrlinge damals nannte. Irgendwann sollte ich Rodenstock sagen, dass ich seit geraumer Zeit erwachsen war und über so etwas wie ein eigenes Gehirn verfügte. Aber ich wusste auch aus langer Erfahrung: Wenn er ungewohnt sachlich und extrem kurz und ruppig mit mir umging, hatte es einen gewichtigen Grund.
    Eisenschmitt, das Dorf, das die Schriftstellerin Clara Viebig zu einem sehr berühmten Handlungsort gemacht hatte, als sie vor nahezu hundert Jahren den Roman
Das Weiberdorf
schrieb. Eisenschmitt war damals tatsächlich ein Weiberdorf gewesen, denn die Männer waren in Zeiten eines geradezu wahnwitzigen industriellen Aufbruchs in das Ruhrgebiet gegangen, um dort Geld zu verdienen, in elenden Heimen zu hausen und tagtäglich so lange zu arbeiten, bis sie die Arme nicht mehr hochbrachten. Damals, es war im Jahr 1904, ließ ein jagdbegeisterter, reicher Mann aus Köln ein Jagdhaus in Eisenschmitt bauen, das seither vielgestaltig genutzt worden war. Als die Jäger verschwanden, zog ein Waisenhaus ein, im Zweiten Weltkrieg ein Lazarett, dann ein katholisches Heim für Waisen unter der Leitung von Nonnen. Es wurde später privat erworben und wohl auch genutzt, angeblich ein Verlag. Niemand wusste Genaues, es gab Gerüchte, dass nur noch eine alte Dame dort lebte, unbekannt und unbemerkt in den endlosen Räumen alt wurde und vollkommen verwirrt wie ein Geist durch den Bau schwebte, bis ein kluger Nachbar entschied, sie müsste schleunigst in ein Heim.
    Jetzt wartete der Bau darauf, anderen Bedeutungen zugeführt zu werden. Das Haus lag verrammelt an einer langen, gewundenen Auffahrt, die durch ein hohes Eisengitter verschlossen war. Haus Bergfeld, so hieß es, dämmerte still auf einem Hügel über Eisenschmitt neuen Bedeutungen zu. Angeblich hatten sich Käufer gemeldet, keiner wusste, wer das war. Eisenschmitt hatte gelernt, mit dem Haus zu leben, aber eigentlich war es dem Dorf gleichgültig, wer dort hauste und arbeitete.
    Das Dorf hatte zu Ehren der Schriftstellerin ein gut ausgestattetes Clara-Viebig-Zentrum eingerichtet, aber sie hatte dort niemals gelebt, wohl aber ausführlich recherchiert. Ihr Roman war vielschichtig, gut gelungen und beschrieb das Dorf der abwesenden Männer mit viel verstecktem Humor und guter Kenntnis der Eifel – noch heute ein Volltreffer.
    Also machte ich mich auf, durch die endlosen Wälder über Manderscheid in das kleine, schöne Dorf zu kommen. Ehrlich gestanden trödelte ich, denn was kann man schon morgens um sieben in der Eifel verpassen? Eigentlich nichts, außer du gleitest langsam und begeistert durch endlose Wälder, in denen erstaunlich wenig Verkehr zu vermelden ist, und in denen du in jeder Einmündung eines Waldweges haltmachen kannst, um ein wenig zu schlendern und das Leben zu verlangsamen. Damit du auch lernst, ruhig auszuatmen und einen Eichelhäher nicht für einen Seeadler hältst. Ich gebe zu, ich hätte gern eine Stunde Wald eingelegt.
    Es irritierte mich etwas, dass mir kurz hinter Manderscheid ein Kleinlaster von RTL und ein paar Meter weiter einer vom Sender SWR entgegenkamen. Aber die Fernsehleute trieben sich im Sommer so häufig bei uns herum, dass zu Unruhe kein Grund vorhanden war. Wahrscheinlich filmten sie Wanderer, oder Leute auf dem Mountainbike, oder die ganz großen Geräte beim Ernten.
    Ich fuhr hinunter in den Ort und stellte verwundert
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