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Eiertanz: Roman (German Edition)

Eiertanz: Roman (German Edition)

Titel: Eiertanz: Roman (German Edition)
Autoren: Claudia Brendler
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stellte Christiane lächelnd fest, mit einem etwas strengeren Seitenblick zu Therese. Und ich verkniff mir die Bemerkung, dass es seltsame Beerdigungsinstitute gab, in deren Aufzügen »Je t’aime« gespielt wurde, ganz zu schweigen von Notaren, die ihre Kundinnen zum Kichern brachten und ihnen Weinbergschnecken servierten. Christiane war sowieso längst weiter, nutzte die Gelegenheit, um einen ihrer Vorträge zu halten: Statt »Rettet die Romantik!« solle die Parole lieber »Organisiert die Romantik!« heißen, wenn dieser Uferstreifen samt aller tollen Ideen wie Vegan-Haxe, Kuhkuscheln und Müllsackmode überleben wolle. Über kurz oder lang werde immer ein Strobl kommen, niemand wisse das besser als sie. Und es sei – an dieser Stelle streifte sie Leonhard mit einem so liebevollen wie strengen Seitenblick – zwar eine traumhafte Option, vor den Strobls dieser Welt in Tauchparadiese nach Malta oder anderswo zu flüchten, aber man müsse auch den Anforderungen der Realität standhalten, hier in Neuenthal. Auf diese kurze Einführung folgten Personalberechnungen und Konkurrenzanalyse, Gedanken, denen Leonhard durch ein »Ja, ja, des kriagma scho« und einen überraschenden Kuss ein Ende machte. Es war das erste Mal, dass ich meine Chefin erröten sah. Ein Ereignis, das auch sie anscheinend durcheinanderbrachte, so sehr, dass sie verstummte, sich gegen Leonhards Schulter lehnte und schweigend das Transparent betrachtete.
    »Kann scho sein, dass ich ein bissl übereifrig war.« Therese schob den Indiana-Jones-Hut in den Nacken, musterte uns: Leonhard und die immer noch sanft glühende Christiane, Julia, die Lutz einen Rest Currysauce vom Zöpfchen wischte, die etwas abseits sitzende, in den Nachthimmel träumende Susn, Quirin und mich.
    »C’est la vie« sagte sie. »Red ma nimma drüber, saufma oan drauf. Prost.«
    Sie füllte sieben kleine Gläschen mit Kräuterlikör, und wir alle stießen miteinander an.

Epilog
    D ie Herausforderung für heute: bei ausgefallener Klimaanlage die Nerven behalten, einen hechelnden Hund im Nacken, einen Käfig mit zwei kreischenden Papageien auf der Rückbank, das Ganze an einem glühenden Mittag des bisher heißesten Augusts seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Behauptete der Radiosprecher. Ich schaltete ihn ab. Bruce war auch keine Hilfe. Und mein Beifahrer schon gar nicht. Er hatte sein Hemd ausgezogen und tippte auf dem Navigationsgerät herum, das er gerade gekauft hatte, mit der Stimme von Jennifer, dem schnurrenden Kätzchen, das Ihnen sanfte Marschbefehle erteilt. Für exklusive 16,95 Euro. Eigentlich nicht für den Bus der Lachschmiede, sondern für den Kombi der Tauchschule gedacht. Aber natürlich würde es kein Mann dieser Welt jemals schaffen, ein eben erstandenes Elektrogerät in der Verpackung nach Hause zu bringen, egal, was er damit heraufbeschwor. Unter all ihrem Geschnurre erwies sich Jennifer als äußerst zickig, bestand hartnäckig auf einer anderen Route als Bruce, der damit erwartungsgemäß nicht klarkam und sich vor gebellten Befehlen und immer rüderen Drohungen fast überschlug. Ich zählte langsam bis zehn, ignorierte Quirins gereizten Ausruf: »Rechts, Gina, rechts, Kruzifix! Hörst du nicht, was sie sagt?«, gab Gas und fuhr geradeaus. Hinter uns versuchte Picco, seiner Verlobten zu imponieren, mit ohrenbetäubendem Gekecker, das die künftige Gattin mit noch schrillerem Gezeter beantwortete. Schon die Hinfahrt zur Zoohandlung mit einem aufgeregten Papagei, der zu ahnen schien, dass es auf Brautschau ging, war eine Herausforderung gewesen. Jetzt, nach drei Stunden intensiven Speed-Datings und einem Abstecher zum Elektronikmarkt, waren wir im Auftrag meiner Chefin auf dem Weg zu einem privaten Weinhändler, den es, wie mein reizender Beifahrer behauptete, wahrscheinlich nur im Internet oder in Christianes Phantasie gab.
    »Soll die arrogante Henna ihren überteuerten Wein doch selbst besorgen, wenn’s ihn so nötig hat«, grantelte er, und ich atmete einmal tief ein, in mein Sonnengeflecht, wie im Yogakurs gelernt, erklärte ihm zum ungefähr zwanzigsten Mal, der exquisite Barolo sei nicht für Christiane, sondern für die Tauchschule bestimmt. Sie wolle einen Kurs mit Nachtschnorcheln und Weinprobe anbieten. Christiane hatte sich ein weiteres Mal großmütig gezeigt und nach einer längeren Sitzung bei Regula beschlossen, das Grundstück samt Haus an Leonhard und Therese zu verkaufen, zu einem viel geringeren Preis, als Strobl ihr geboten
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