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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter
Autoren: Rose Gerdts
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kennengelernt.
    Sie wählte seine Nummer.
    Er ging sofort dran. «Endlich meldest du dich», begrüßte er sie erleichtert.
    «Wo ist Saliha? Warum ist sie bei dir und warum hast du dich nicht früher gemeldet? Sämtliche Polizeibeamte Bremens suchen nach ihr!»
    Ihre Stimme klang schärfer als gewollt.
    «Ich hatte dir doch nachts noch eine SMS geschickt», antwortete er eine Spur beleidigt.
    «Da habe ich geschlafen. Aber warum hast du nicht im Lagezentrum Bescheid gesagt?»
    «Weil die mir befohlen hätten, sofort mit dem Mädchen umzukehren. Saliha saß hier aber zitternd im Auto. Das Letzte, was sie wollte, war zurück nach Bremen. Das Mädchen ist völlig fertig.»
    «Wo ist sie jetzt?»
    «In dem Berliner Wohnprojekt, das Roman für sie im Internet recherchiert hatte.»
    «Ich brauche die Adresse.»
    «Ich habe keine Adresse.»
    «Was soll das heißen?»
    «Wir haben mit der Vermittlerin telefoniert und uns dann an einem neutralen Ort getroffen. Niemand außer den engsten Mitarbeiterinnen kennt die Adresse. Da wohnen nur Mädchen und Frauen, die in Lebensgefahr von zu Hause weggelaufen sind, Navideh. Ich habe nur die Nummer der Vermittlungsstelle.»
    Navideh dachte über die Neuigkeiten nach. «Wie hast du sie eigentlich gefunden?»
    «Purer Zufall. Sie ist mir mitten in der Nacht in der Innenstadt vors Taxi gelaufen. Irgend so ein Penner hatte offenbar gehofft, mit ihr anbändeln zu können. Ich habe sie sofort erkannt und sie angesprochen. Sie wollte weglaufen, aber als ich ihr hinterherrief, dass ich ein Freund von dir sei, ist sie stehen geblieben.»
    «Und dann hast du sie noch in derselben Nacht nach Berlin gefahren?», fragte Navideh ungläubig.
    «Ja. Sie wollte einfach nur weg. War total in Panik.» Er wartete ab.
    Jorges konnte nicht ahnen, dass Navideh lächelte. «Schlaf dich aus und dann komm bitte zur Vernehmung ins Präsidium.»
    «Ich hatte eigentlich gehofft, Navideh, dass wir beide zusammen einen Kaffee trinken könnten.»
    «Erst die Vernehmung, dann der Kaffee», sagte sie bestimmt. Sanfter fügte sie hinzu: «Danke, Jorges. Das hast du wunderbar gemacht.»
    Dann legte sie auf.
     
    Gegen Mittag fuhren Navideh und Steenhoff zusammen ins Krankenhaus. Klaus Rodewaldt war von der Intensivstation in ein Einzelzimmer verlegt worden. Auf dem Flur saß ein Beamter Wache.
    Rodewaldt zuckte zusammen, als er die beiden Kommissare erkannte. Unruhig richtete er sich auf.
    Steenhoff und Petersen setzten sich rechts und links des Fußendes auf zwei Stühle.
    «Wie geht es Ihnen?», eröffnete Steenhoff das Gespräch.
    Klaus Rodewaldt zuckte mit den Schultern. «Lassen wir die Floskeln. Höflicher Smalltalk hilft wohl kaum weiter.»
    «Was hilft denn weiter?», hakte Navideh sofort ein.
    «Es gibt keine Hilfe mehr. Es ist aus.»
    «Was meinen Sie damit?»
    «Ich habe meine Familie schützen wollen. Doch alles, was ich geschafft habe, ist, sie zu zerstören.» Seine Stimme zitterte vor Selbstmitleid.
    Steenhoff und Petersen tauschten einen raschen Blick aus. «Wir müssen Sie belehren   …», begann Steenhoff.
    Aber Klaus Rodewaldt sprach unbeirrt weiter. «Ich habe das nicht gewollt mit Nilgün. Das müssen Sie mir glauben.»
    «Warum haben Sie sie getötet?»
    «Ich habe sie nicht umgebracht», erwiderte Klaus Rodewaldt heftig.
    Steenhoff hoffte, dass keine der Schwestern am Zimmer vorbeigehen würde. Sie hatten versprechen müssen, den Patienten nicht aufzuregen. Offenbar hatte die junge Stationsschwester keine Erfahrung mit Ermittlern. Aber er wollte auch nicht, dass Klaus Rodewaldt sich seiner Verantwortung durch einen zweiten Infarkt entzog. So ruhig wie möglich stellte er daher die nächste Frage. «Wenn Sie sie nicht umgebracht haben, wer dann, Herr Rodewaldt?»
    «Es war ein Unfall. Das müssen Sie mir glauben.»
    Steenhoff und Petersen versuchten, ihren Unwillen zuunterdrücken. Wie oft hatten sie das schon bei Straftätern gehört!
    Klaus Rodewaldt beobachtete sie genau. «Ich weiß, Sie glauben mir nicht. Vermutlich erzählen das alle, nachdem sie ihrer Frau oder dem Konkurrenten das Messer in den Rücken gerammt haben. Aber ich wollte sie nur festhalten, wollte mit ihr reden und sie überzeugen, dass sie das Kind abtreiben lassen muss.» Er atmete schwer. «Aber nachdem ich ihr meine Meinung gesagt hatte, wollte sie weg.»
    Er sah die Beamten flehend an. «Stellen Sie sich das mal vor: Mein Sohn wäre mit 17   Jahren Vater geworden. Mit 17! Und seine Frau, die Tochter eines
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