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Ehrenhüter

Ehrenhüter

Titel: Ehrenhüter
Autoren: Rose Gerdts
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ich schieße!» Navideh zog ihre Waffe, ging leicht in die Knie und umklammerte die Sig Sauer mit beiden Händen. Doch Rodewaldt marschierte einfach weiter. Gleich würde er durch die Tür gehen und verschwinden.
    Navideh riss ihre Waffe nach oben und schoss. Der Knall in dem leeren Gebäude war ohrenbetäubend. Der Hausmeister warf sich erschrocken zu Boden. Klaus Rodewaldt blieb wie angewurzelt stehen.
    «Umdrehen!»
    Er tat, wie ihm befohlen. Aber seine Bewegungen wirktenhölzern. Verwundert stellte Navideh fest, dass er kreideweiß im Gesicht war. Mit einer dramatischen Geste griff er sich plötzlich an die Brust, geriet ins Taumeln und stürzte auf die Knie. Ohne sich abzustützen, fiel er aufs Gesicht und blieb reglos liegen.
    «Ihre Show können Sie sich sparen!», fuhr Navideh ihn an. «Hände über den Kopf.» Doch Klaus Rodewaldt reagierte nicht. Misstrauisch, mit der Pistole im Anschlag umrundete Navideh den Mann.
    «Der atmet nicht mehr», hörte sie den Hausmeister hinter sich sagen. «Um Gottes Willen, der hat wahrscheinlich einen Infarkt!»
    ‹Oder er simuliert›, dachte Navideh. Vorsichtig stieß sie ihn mit der Spitze ihres rechten Schuhs in die Rippen. Klaus Rodewaldt zeigte keine Reaktion.
    Navideh sicherte ihre Pistole und drückte sie dem Hausmeister in die Hand. «Hier. Im Notfall halten Sie den Mann damit in Schach.»
    Der Hausmeister schüttelte erschrocken den Kopf.
    «Das ist ein Mörder. Wenn Sie nicht wollen, dass er sich in Ihrer Schule verschanzt, dann tun Sie gefälligst, was ich Ihnen sage!»
    Eingeschüchtert nickte der Mann und nahm ihre Dienstwaffe.
    Navideh ließ sich neben Klaus Rodewaldt auf die Knie nieder und drehte ihn auf den Rücken. Er hatte keinen Pulsschlag mehr. Sie riss sein Hemd so heftig auf, dass die Knöpfe nach links und rechts wegflogen. Dann begann sie mit der Herzdruck-Massage. Wie durch einen Nebel hindurch bekam sie mit, dass kurz darauf mehrere bewaffnete Beamte durch den Haupteingang stürmten. In knappen Sätzen dirigierte sie ihre Kollegen in den zweiten Stock. Sie verbot sich darübernachzudenken, was Steenhoff und Saliha passiert sein könnte. Sie musste dieses Herz wieder zum Schlagen bringen.
    Als zehn Minuten später der Notarzt die Reanimation von Klaus Rodewaldt übernahm, war Navideh schweißgebadet. Mühsam rappelte sie sich auf. Sofort war der Hausmeister bei ihr. Er war die Liebenswürdigkeit in Person und bot ihr Wasser und Kaffee an.
    «Wo ist meine Dienstpistole?»
    «Die hat ihr Kollege mitgenommen.»
    «Welcher Kollege?»
    «Der die beiden Jungs oben festgenommen hat», antwortete der Hausmeister. «Ich muss schon sagen, wenn ich geahnt hätte, was an dieser Schule los ist, hätte ich vor zwei Jahren lieber den Pförtnerjob bei den Stadtwerken übernommen», stöhnte er.
    Navideh ließ ihn stehen und sah sich suchend um. Im selben Moment sagte eine vertraute Stimme hinter ihr: «Ich dachte schon, du kannst dich gar nicht mehr von diesem Kerl trennen.»
    Steenhoffs Kinn war aufgeplatzt, und sein linkes Auge schwoll bereits zu, aber er hatte keine schwereren Verletzungen davongetragen. Erleichtert nahm Navideh ihn in den Arm. Er erwiderte die Umarmung und drückte sie fest an sich. Einen kurzen Moment lang waren Klaus Rodewaldt, die Sanitäter und Beamten um sie herum vergessen. Sie hatten Salihas Verfolger gefunden, bevor die Männer das Mädchen in die Hände bekommen konnten.
    Mit einem Ruck löste sich Navideh von ihm: «Wo ist Saliha?», fragte sie besorgt.
    «Sie muss irgendwo hier in der Schule sein. Unsere Leute suchen gerade nach ihr. Vermutlich hat sie sich in irgendeinem Schrank versteckt.»
     
    Doch diesmal irrte Steenhoff. Nach zwei Stunden mussten sie sich eingestehen, dass Saliha entkommen war. Kemal Cetin wurde festgenommen, als er sich zu seinem Wagen zurückschleichen wollte. Er hatte sich die ganze Zeit über hinter zwei Abfallcontainern versteckt und Saliha vor der Schule aufgelauert.
    Während die Suche nach dem Mädchen weiterging, vernahmen Steenhoff und Petersen die Cetins getrennt voneinander. Osman und Kemal Cetin verweigerten die Aussage. Doch dafür sagte Murat aus. Er bestätigte, dass sein Vater Saliha bei ihrem nächsten Urlaub in der Türkei an einen drei Jahre älteren Cousin verheiraten wollte.
    «Ich habe versucht, mit ihm zu reden. Sie ist doch noch so jung. Aber
Baba
hatte furchtbare Angst, dass auch seine jüngste Tochter ihn enttäuschen und Schande über die Familie bringen könnte.»
    Von seiner
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