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Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Titel: Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)
Autoren: Edzard Reuter
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Gemeinschaftsmethode der EU nicht, bei der die Kommission dem Rat und dem Parlament einen Vorschlag (… ) vorlegt (…) (Sie) bevorzugt stattdessen die zwischenstaatliche Abstimmung. Das aber ist eine Rückkehr zu den Zuständen des 19. Jahrhunderts (…).« Inzwischen hat man wohl endlich auch in Berlin eingesehen, dass es keinen anderen Weg mehr gibt. Er lautet – ob die derzeitige Vertragssituation dies formal zulässt oder nicht – in der Tat: Die bisher 27 Mitgliedstaaten der EU müssen sich entschließen, die weitere Vereinigung Europas notfalls mit zwei unterschiedlichen Geschwindigkeiten voranzutreiben.
    Die Teilnehmerländer an der gemeinsamen Währung, dem Euro, bieten sich dafür gleichsam von selbst an. Nüchtern betrachtet bilden sie schon heute ein »Kerneuropa«, das sie zu einem eng abgestimmten Verhalten sowohl in wirtschafts- als auch in finanzpolitischer Hinsicht zwingt. Das weisen nicht zuletzt die Beschlüsse aus, die Ende Juni 2012 im Verlauf der dramatischen Nachtsitzung der Staats- und Regierungschefs in Brüssel gefasst worden sind (nicht zuletzt die verbindliche Vereinbarung, dem in Aussicht genommenen Europäischen Sicherheitsmechanismus ESM weit größere Flexibilität beim Einsatz der ihm zur Verfügung stehenden Finanzmittel zuzugestehen). Darüber hinaus wird ohnehin jeden Tag deutlicher, dass eine erfolgreiche Zukunft Europas nur durch die grundlegende Überarbeitung der bisherigen Entscheidungsstrukturen in Richtung auf die umrissenen Vorstellungen – einschließlich der Gewährleistung umfassender demokratischen Befugnisse für das europäische Parlament – und durch die Übertragung zusätzlicher Souveränitätsrechte an die Gemeinschaft gefestigt werden kann.
    *
    Die Vorstellung von einem »Europa der zwei Geschwindigkeiten« ist übrigens besonders bei uns in Deutschland keineswegs neu. Zum Gegenstand einer ernsthaften Diskussion wurde sie erstmalig 1994 durch eine Ausarbeitung, die der überzeugte Europäer Wolfgang Schäuble (damals noch als Fraktionsvorsitzender der CDU/CSU im Bundestag) zusammen mit seinem Abgeordnetenkollegen Karl Lamers 1994 vorlegte und die – nicht zuletzt in Großbritannien – gehöriges Getöse auslöste. In der Vorstellung, dass die Mitgliedsländer der Eurozone tatsächlich den Kern derjenigen Länder bilden könnten, die sozusagen mit einer erhöhten Geschwindigkeit »vorangehen«, sahen und sehen freilich nicht wenige Kommentatoren den kommenden Weltuntergang. Es gibt sie in ausnahmslos allen der beteiligten Länder.
    In Deutschland zählt dazu eine nicht kleine Gruppe von Persönlichkeiten, die uns einreden wollen, wir würden leichtfertig unseren hart erarbeiteten Wohlstand aufs Spiel setzen, wenn wir eine Reihe der Mitgliedsländer weiterhin in der Eurozone dulden. Überwiegend plädieren sie nicht gegen eine europäische Vereinigung, sondern fantasieren, dass ein solches Europa, solle es lebensfähig sein, zunächst streng auf diejenigen Staaten beschränkt werden müsse, die sich aufgrund ihrer bisherigen politischen und wirtschaftlichen Verlässlichkeit für die Gestaltung einer gemeinsamen Zukunft qualifiziert hätten.
    Nicht selten hängt die Popularität solcher Argumente damit zusammen, dass dafür irgendwelche Einzelheiten ins Feld geführt werden, die jedermann auf Anhieb einleuchten. Das ändert jedoch nicht das Geringste daran, dass es sich bei solchen Vorstellungen in Wirklichkeit um politische Tagträume handelt, die niemals auf eine politische Mehrheit hoffen könnten. Insofern kann es auch dahingestellt bleiben, ob eine im Wesentlichen auf die nordeuropäischen Länder beschränkte Währung, wäre dies anfänglich versucht worden, auch nur die Spur einer Chance gehabt hätte. Jedenfalls hieße es, aus Angst vor dem Tode Selbstmord zu begehen, wollte man sich heute ernsthaft auf den Irrweg begeben, die bisher unter so vielen Mühen und Opfern zusammengewachsene Europäische Union wieder auseinanderzubrechen. Das aber wäre die unausweichliche Folge, wollte man den Raum der gemeinsamen Währung aufbrechen und danach sozusagen von Grund auf neu begründen: Wo sich früher einmal vielleicht der eine oder andere Teilnehmer am wirtschaftlichen Geschehen der Welt ins Fäustchen gelacht hätte, würde heute schon der kleinste entsprechende Versuch eine globale Finanzkrise auslösen, deren Folgen katastrophal wären.
    Mit anderen Worten: Die »Politik der zwei Geschwindigkeiten« gibt es längst. Die Existenz der Eurozone, der eben
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