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Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Titel: Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)
Autoren: Edzard Reuter
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keineswegs alle Mitgliedsländer der EU angehören, beweist es. Im Falle der gemeinsamen Währung hat sie zu ernsten Problemen geführt. Das ist unbestreitbar. Aber der Ratschlag, künftig grundlegend von dieser Politik Abstand zu nehmen, würde mit Sicherheit das Gegenteil dessen bewirken, was sich die meisten Ratgeber davon erträumen.
    Ein weiteres Argument gegen eine ernst zu nehmende politische Strategie der »zwei Geschwindigkeiten« verdient sehr viel mehr Beachtung. Mit einem Wort lautet es: »Großbritannien«. In diesem Fall geht es nicht nur um die Wichtigtuereien von geltungsbedürftigen Amateurpolitikern, sondern um ein in der Tat ebenso fundamentales wie zwiespältiges Problem. Niemand kann ernsthaft auf die Idee kommen, das Königreich mit seinen Teilländern England, Schottland, Wales und Nordirland nicht zum Kern Europas zu zählen. Die Geschichtsbücher wie jeder beliebige Blick auf die europäische Kultur sprechen da eine eindeutige Sprache. Sie bedarf schlichtweg keiner Erläuterung. Andererseits kann niemand die narbenreiche Entwicklung der Mitgliedschaft des Vereinigten Königreichs in der EU aus dem Gedächtnis streichen. Nach der kruden Ablehnung durch das Frankreich des Präsidenten Charles de Gaulle gilt das Land seit seiner späteren Aufnahme in die Europäische Gemeinschaft für viele als ständiger Querulant, der nicht bereit ist, seine wirtschaftlichen Interessen auch nur um einen Deut zugunsten gemeinsamer Ziele zurückzustellen.
    Leider ist da viel Wahres dran. Mit Ausnahme einer anfänglichen Periode der Aufgeschlossenheit – geprägt durch den überzeugten Europäer Edward Heath als den bis zur Mitte der 70er Jahre amtierenden Premierminister – beschränkten sich die britischen Vorstellungen von einem vereinten Europa nahezu ausschließlich auf die Schaffung eines zollfreien und von administrativen Handelsbeschränkungen freien Binnenmarktes. Darüber hinausreichende Absichten, eine weitergehende politische Vereinigung Europas und die damit verbundene Übertragung klassischer staatlicher Souveränitätsrechte auch nur in Betracht zu ziehen, stießen dagegen regelmäßig auf zähen (und manches Mal durchaus trickreichen) Widerstand. Verkörpert wurde er durch den schon legendären Ausspruch der späteren Premierministerin Margaret Thatcher, die bei ihrem ersten Auftritt im Kreise der Staats- und Regierungschefs ihr (angeblich zu viel gezahltes) Geld zurückforderte: »I want my money back.«
    Gewiss wäre es mehr als leichtfertig, solche Einstellungen mit dem billigen Hinweis auf (angeblich) traditionelle britische Eigenheiten, insbesondere den »schnöden Kaufmannsgeist« der Inselbewohner, abzutun – oder gar, wie zu Zeiten des Kaisers Wilhelm II. weitgehend üblich, vom »perfiden Albion« zu munkeln. Dazu weist die Geschichte allzu beeindruckend auf die großartigen politischen, kulturellen und sozialen Errungenschaften hin, die von Großbritannien aus ihren Weg um die ganze Welt angetreten haben: Unabhängigkeit, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit – alles dies sind humanitäre Werte, die unter schwersten Auseinandersetzungen und den damit verbundenen Opfern zuerst dort erkämpft worden sind. Kein Wunder also, wenn die auf den Inseln lebenden Menschen bis heute zutiefst von ihrer besonderen Tradition geprägt sind. Mit anderen Worten: Es ist beileibe keine aus Krämergeist geborene Halsstarrigkeit, misstrauisch gegenüber jeglichen Entwicklungen zu sein, die auf eine Gefährdung der eigenen staatlichen Unabhängigkeit – und insbesondere der so mühselig errungenen Selbstbestimmung durch das gewählte Parlament – hinauslaufen könnten.
    Bei allem Respekt und bei allem Verständnis darf es andererseits einfach nicht sein, dass ein einziges Land, mag sein politischer, wirtschaftlicher oder kultureller Rang noch so bedeutend sein, die übergroße Mehrheit aller anderen Mitgliedsländer daran hindern kann, sich für ihre Zukunft zu wappnen. So sehr es angesichts der Bedeutung Großbritanniens für Europa eine selbstverständliche Pflicht der verantwortlichen politischen Führungen in den übrigen Ländern sein muss, zäh und geduldig darum zu ringen, dass sich das Land trotz seiner Bedenken schließlich doch zur Beteiligung an den weiteren Schritten entschließt: Sollte dies binnen einer überschaubaren Frist nicht der Fall sein, kann und darf die Konsequenz nur lauten, dann eben ohne Großbritannien voranzugehen. Der Preis für eine allzu lange weitere Verzögerung
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