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Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)

Titel: Egorepublik Deutschland: Wie uns die Totengräber Europas in den Abgrund reißen (German Edition)
Autoren: Edzard Reuter
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künftigen Europa vertritt, die sich deutlich von denjenigen seines Amtsvorgängers – und damit auch von denjenigen der deutschen Bundeskanzlerin – unterscheiden. In gewisser Hinsicht mag das durchaus förderlich sein, könnte doch dadurch der bei vielen anderen Mitgliedsländern entstandene Eindruck seine Bedrohlichkeit verlieren, man sei gehalten, sich künftig widerstandslos den einsamen Beschlüssen eines deutsch-französischen »Führungsduos« zu unterwerfen. Tatsächlich könnte es sich auch als entscheidender Durchbruch für das Projekt der europäischen Vereinigung erweisen, wenn es endlich gelingen sollte, es wieder von seiner einseitigen Abhängigkeit von einzelnen finanzpolitischen Maßnahmen zur Stabilisierung der gemeinsamen Währung zu lösen.
    Trotzdem wäre es tödlich, sollten Frankreich und Deutschland hinsichtlich der grundsätzlichen Zielrichtung ihrer Europapolitik nicht künftig bedingungslos an einem Strang ziehen. An oberster Stelle zählt dazu die Bereitschaft, ja die klare Absicht, traditionelle nationale Entscheidungskompetenzen auf gemeinsame europäische Gremien zu übertragen, also auf wichtige Teile der bisherigen nationalen Souveränität zu verzichten. Inzwischen mögen gewisse Zweifel nicht mehr ganz von der Hand zu weisen sein, ob und inwieweit der neue französische Präsident und seine parlamentarische Mehrheit tatsächlich weiterhin zu einer solchen Zielsetzung stehen. Umso mehr wird es darauf ankommen, dass die Führung der deutschen Politik in die Hand von Persönlichkeiten gerät, deren europäische Glaubhaftigkeit durch mehr verkörpert wird als durch die zähe Schulmeisterei von Angela Merkel.
    Zugleich wird allerdings damit deutlich, wie gefährlich es werden könnte, sollte es einzig und allein von einem nahtlosen Zusammenspiel zwischen einer französischen und einer deutschen politischen Führungspersönlichkeit abhängen, dass eine breite Mehrheit der europäischen Bevölkerung nicht nur von den Vorteilen, sondern von der lebenswichtigen Bedeutung der europäischen Vereinigung überzeugt werden kann. Gefragt ist weit mehr als nur die Fähigkeit, nationale Interessen geltend zu machen und dafür den Beifall der jeweiligen eigenen Wählerschaft zu erhalten – gefragt sind allenthalben, nicht nur in Frankreich und Deutschland, Mut, Überzeugungskraft und Glaubwürdigkeit.

KAPITEL XII
    SELBSTVERTRAUEN UND SOLIDARITÄT
    Im Herbst 2012 haben sich Daniel Cohn-Bendit, einer der Sprecher der Grünen Fraktion im Europäischen Parlament, und Guy Verhofstadt, ehemaliger Premierminister Belgiens, mit bemerkenswerter Verve ins Zeug gelegt und in einem Manifest Für Europa dazu aufgerufen, nun endlich ohne weitere Verzögerung und im Sinne eines »Quantensprunges« eine »europäische föderale Union« zu schaffen. In ganz ähnliche Richtung argumentiert auch Ulrich Beck in seinem neuesten Buch Das deutsche Europa .
    Den Ressortleiter Politik der Zeit , Bernd Ulrich, haben beide Initiativen offensichtlich in gehörige Aufregung versetzt. Er meinte, als Erklärung für ein – wie er es nennt – »Europa der Euphoriker« einen durch nichts zu rechtfertigenden »Minderwertigkeitskomplex« festmachen zu sollen, »ein bisschen Größenwahn«, der an die Zeiten von Kaiser Wilhelm II. erinnere. »Man müsse«, so schrieb er, »schon sehr Acht geben, nicht den alten Nationalismus auf Europa zu projizieren, anstatt ihn zu überwinden«.
    Natürlich verdient es Respekt, wenn der erfahrene und wegen seiner bedachtsamen Urteilskraft allseits hoch geschätzte Journalist seine Kritik mit dem Hinweis abschließt, man könne »in Europa wirklich über alles sprechen (…), aber nicht in diesem Ton«. Dasselbe gilt für seine Einwände gegen das um die gleiche Zeit veröffentlichte Buch Der europäische Landbote des österreichischen Romanciers und Essayisten Robert Menasse, das die Neigung der Politikerinnen und Politiker anprangert, unter dem Deckmantel einer angeblich von ihnen betriebenen europäischen Vereinigung nichts als ihre jeweiligen nationalen Interessen zu verfolgen. Im Ergebnis plädiert Menasse dafür, es müsse »etwas völlig Neues entstehen, (…) ein Kontinent ohne Nationen, eine freie Assoziation von Regionen«.
    Was mich selbst angeht, so kann ich – wie dieses Buch zur Genüge ausweist – durchaus die Beweggründe, die Sorge, ja die Erregung verstehen, die sich hinter den drei Streitschriften (und darum handelt es sich!) verbergen. Umgekehrt kann ich freilich auch die
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