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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)
Autoren: Susanne Kronenberg
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zu haben. Der Makler schob den Anzugärmel hoch und schaute auf
die Uhr, als hätte er mit diesem Termin bereits abgeschlossen.
    »Aber der
Keller!«, rief Henriette Medzig. »Sie dürfen nicht gehen, ohne den Keller gesehen
zu haben.«
    Allmählich
wurde Norma richtig neugierig auf diesen Keller. Henriette Medzig zog einen Schlüssel
aus der Hosentasche, und Philipp Faber half ihr, die schwergewichtige Holztür aufzustoßen.
Die Staatsanwältin hatte den Terrier ins Haus gebracht und eilte hinterher. Im Gänsemarsch
stiegen sie die Wendeltreppe hinunter. Norma tastete sich die letzten Schritte an
der Wand entlang, weil das Licht immer schwächer wurde. Im Schatten machte sich
Henriette Medzig an der Mauer zu schaffen, bis eine Lampe aufflackerte und ein weitgespanntes
Gewölbe erkennbar wurde, unter dem sich mehrere Gänge im Dunkel verloren. Henriette
Medzig schaltete im Hauptgang die Beleuchtung ein. Norma spähte hinein. Weinkisten
und Gerümpel stapelten sich in einer Ecke. Vor den rauen Wänden reihte sich ein
hölzernes Weinfass an das andere.
    »Puh!«,
machte Lutz. »Was für Ausmaße!«
    Henriette
Medzig lächelte selbstgefällig. »Was Sie hier sehen, ist nur ein Teil der Fläche.
Kommen Sie!«
    Weiter ging
es, um Ecken, durch Gänge und unter Kreuzgewölbe hindurch: Kellerräume, so weit
das Licht reichte, und dahinter öffneten sich weitere Kammern. Die Hausherrin wanderte
zielstrebig vorweg, gefolgt von Lutz und Norma. Den Schluss bildeten die Staatsanwältin
und der Makler. Der Keller wirkte einschüchternd in seinen Dimensionen.
    »Die Kellerräume
scheinen kein Ende zu nehmen«, staunte Lutz. »Wie viele Quadratmeter sind es insgesamt?«
    »Um die
1.000«, verkündete die Hausherrin mit Besitzerstolz. »Der Keller reicht bis unter
die angrenzenden Grundstücke. Ursprünglich gab es sogar einen Geheimgang zum Keller
unserer Nachbarn, den Bennefelds.«
    Die Staatsanwältin
drängte sich an Norma vorbei. »Was sagst du, Henriette? Eine Verbindung zwischen
unseren Kellern? Davon höre ich zum ersten Mal!« Sie wirkte mehr als verblüfft –
beinahe bestürzt.
    Bis 1986
habe das Nachbarweingut der Familie Bennefeld gehört, erklärte Henriette Medzig,
an Lutz und Norma gewandt, bevor sie der Staatsanwältin antwortete: »Ich wusste
selbst lange nichts davon. Über die Generationen ist der Gang in Vergessenheit geraten.
Bis Harry die Öffnung zufällig beim Aufräumen entdeckt hat. Der Zugang lag versteckt
hinter Brettern und Regalen.«
    Die Staatsanwältin
spitzte die Lippen. »Ausgerechnet Harry!«
    »Harry ist
Ihr Sohn?«, fragte Norma, mehr aus Höflichkeit als aus echtem Interesse.
    Henriette
Medzig zuckte zurück. »Wie bitte? Nein, nein, Harry war unser Lehrling. Später arbeitete
er ein paar Jahre als unser Geschäftsführer. Inzwischen ist er ein berühmter Weinkenner.
Manchmal sieht man ihn sogar im Fernsehen.« Bestimmt hätten sie von Ulf-Harald Halvard
gehört.
    Lutz nickte.
»Der ›Weinpapst‹, natürlich! Das Tagblatt hat neulich erst ein Porträt über ihn
gebracht.«
    Auch Norma
erinnerte sich an den Zeitungsartikel aus der Reihe ›Erfolgreiche Persönlichkeiten
der Region‹. Ulf-Harald Halvard, der als Weinjournalist von sich reden machte, war
der Sohn des Kommunalpolitikers Onno Halvard, dem Gründer und Vorsitzenden der ZfWi,
der Partei ›Zukunft für Wiesbaden‹. Dass der ›Löwe von Wiesbaden‹, der seinen Spitznamen
der einstmals weizenblonden und zwischenzeitlich weißen Haarpracht verdankte, sein
höchstes Ziel – das Amt des Oberbürgermeisters – niemals erreicht hatte, schadete
der Beliebtheit des eloquenten Politikers kaum. Die nächste Kommunalwahl stand in
Kürze bevor, und seinem Alter zum Trotz führte der 77-Jährige seine Partei im Wahlkampf
an.
    Die Staatsanwältin
griff nach dem Arm der Nachbarin. »In welchem Jahr hat Harry den Verbindungsgang
entdeckt?«
    Henriette
Medzig schüttelte die Hand energisch ab. »Ich erinnere mich nicht. Ach, hätte ich
besser gar nicht davon angefangen.«
    »Bitte weich
nicht aus, Henriette. Wann ist Harry auf die Verbindung gestoßen? Vor oder nach
Ewalds Tod?«
    »Was hat
Ewald damit zu tun?«, fragte die Winzerin zunehmend aufgeregt. »Warum willst du
das so genau wissen?«
    »Vor oder
nach Ewalds Verschwinden?«, wiederholte die Staatsanwältin hartnäckig.
    Henriette
Medzig schüttelte energisch den Kopf. »Ich weiß es nicht, glaub mir das!«
    Norma horchte
auf. Vermisstenfälle gingen ihr zu Herzen. Auch Arthur war damals
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