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Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)

Titel: Edelsüß: Norma Tanns vierter Fall (German Edition)
Autoren: Susanne Kronenberg
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weg!«,
rief Oliver Medzig und stapfte ärgerlich den Gang entlang. »Lassen Sie das!«
    Lutz richtete
sich auf. »Was soll passieren? Das Fass ist leer!«
    »Daran haben
Sie trotzdem nicht rumzufummeln!«
    Im Lichtschein
schimmerte der schmale, helle Haarkranz, der dem Mann geblieben war. Henriette Medzig
tätschelte den Arm ihres Sohnes.
    Der Mann
ließ sich nicht besänftigen. »Was sollen diese Leute hier, Mutter? Hatte ich nicht
gesagt: keine weiteren Besichtigungen?«
    Erstaunlich
energisch riss der Makler die Hand in die Höhe. »Augenblick bitte, heißt das, Sie
haben bereits …«
    Oliver Medzig
fiel ihm ins Wort: »Mehrere ernsthafte Interessenten, jawohl! Leute mit richtig
Kohle. Das gibt gutes Geld, und wir müssen nicht länger Schulden machen für die
maroden Gebäude. Ich kann mir keine Gefühlsduselei leisten.«
    Seine Mutter
widersprach ärgerlich: »Bloß nicht dieser Investor! Willst du unser Weingut in Eigentumswohnungen
zerstückeln lassen?«
    »Warum nicht?
Vielleicht wird sogar ein Hotel daraus«, entgegnete der Sohn selbstgefällig. »Mit
dem Keller als neuem Eventzentrum für Wiesbaden und den gesamten Rheingau.«
    Die Staatsanwältin
schnappte nach Luft. »Eigentumswohnungen? Hotel? Das kommt überhaupt nicht infrage!
Nicht, solange ich hier wohne.«
    »Die Leute
haben Geld wie Heu, die zahlen dich aus«, zischte Oliver Medzig. »Dann bist du hier
weg.«
    Angela Bennefeld
lachte auf. »Nein, Oliver, das ist ein Denkfehler. Du gehst fort. Ich bleibe!«

4
     
    Die Mittagssonne hatte einige der
älteren Herrschaften vor den Haupteingang gelockt. Stumm harrten sie auf Bänken
oder im Rollstuhl aus und drückten ungeachtet der sommerlichen Wärme eine Wolldecke
fest auf die Knie. Angela senkte den Kopf und eilte vorüber. Kein Wort fiel. Kein
Blick schien ihr zu folgen. Nur der Mann im Jogginganzug, der zu jeder Tageszeit
vor der Tür stand und rauchte, grüßte sie mit gleichmütigem Nicken wie eine gute
Bekannte. Im Haus steuerte sie als Erstes die Gästetoilette an und lehnte sich mit
dem Rücken gegen die verriegelte Tür. Ein Griff in die Handtasche brachte das hübsche
Silbergefäß zum Vorschein, das nicht mehr Platz beanspruchte als ein Päckchen Taschentücher.
Für diese Unauffälligkeit nahm sie in Kauf, des Öfteren nachfüllen zu müssen. Ungeduldig
schraubte sie den Deckel auf und leerte den Flachmann zur Hälfte. Vor dem Spiegel
fuhr sie sich mit den Fingerspitzen durchs Haar. Die Lippen nachzuziehen könnte
nicht schaden. Ihre Finger zitterten, als sie in der Handtasche nach dem Lippenstift
wühlte. Wo war das Ding? Ach was, für ihn sollte es genügen. Er würde sie sowieso
kaum wahrnehmen. Ihre Finger stießen an das kühle Metall. Lieber noch einen Schluck
nehmen. Oder alles. Dass in den Flachmann so wenig reinging! Zurück zum Wagen? Das
hieße, aufs Neue am Rollstuhlspalier vorbei. Außerdem – sie hatte alles unter Kontrolle.
Sie hauchte gegen die Handfläche und spülte sich den Mund mit Wasser aus. Die Traubenzuckerbonbons
waren ihr ausgegangen, der Garant gegen eine Alkoholfahne, wie die Werbung versprach.
Die Pillen bezog sie schön anonym über das Internet.
    Sie verließ
die Toilette. Der Vater wohnte, falls ›wohnen‹ in seinem Zustand der passende Ausdruck
war, im dritten Stock. Die Fahrstuhltür stand offen, schloss sich aber, kurz bevor
Angela heran war. Also zu Fuß weiter! Vor dem Treppenhaus bog sie ab und eilte zum
Ausgang. Es konnte nicht schaden, schnell zum Wagen zu gehen und den kleinen Freund
mit Nemiroff zu füttern. Für alle Fälle. Der Joggingmann grüßte wiederum schweigend,
als sie Minuten später zur Einganghalle zurückkehrte. Kurz noch einmal zur Toilette,
danach der zweite Versuch mit dem Fahrstuhl, der sie dieses Mal gnädig in Empfang
nahm. In der dritten Etage stieg sie aus.
    Eine Pflegerin
kam ihr entgegen: die kleine Schwarzhaarige mit dem verschmitzten Lächeln. »Hallo,
Frau Dr. Bennefeld!«
    »Guten Tag,
Sonja. Wie geht es ihm heute?«
    Die Kleine
strahlte sie an. »Super! Er hat mit mir herumgewitzelt. Im Augenblick ist seine
Frau bei ihm.«
    Fast könnte
man das Mädchen um ihren naiven Optimismus beneiden. Auch die Frau am Bett verfügte
über eine Menge davon. Selbst nach mehr als 15 Jahren fiel es Angela schwer, in
der ehemaligen Pflegerin die Ehefrau ihres Vaters zu sehen. Sie war Elisa dankbar,
keine Frage. Wer hätte Karl über all die Jahrzehnte besser betreuen können als eine
gelernte Krankenschwester? Zum Schluss, als der
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