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Echte Morde

Echte Morde

Titel: Echte Morde
Autoren: Charlaine Harris
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konnte es sich nur um einen Streich gehandelt haben. Entweder war eins der Clubmitglieder zu Scherzen aufgelegt, oder das Kind eines Mitgliedes hatte sich einen Spaß machen wollen. Nachdem Sally den Anruf gekonnt auseinandergenommen hatte, kam mir die ganze Sache fast kindisch vor.
    Was ich mit gemischten Gefühlen zur Kenntnis nahm: Irgendwie fühlte ich mich leicht betrogen, andererseits aber natürlich auch erleichtert.
    Sally holte ein Tablett sowie zwei Schachteln Kekse aus dem kleinen Konferenzzimmer, wo sie diese, wie sie mir erklärte, zwischengelagert hatte, als sich die beiden Tassen Kaffee allzu heftig meldeten, die sie nach dem Abendessen getrunken hatte.
    „Ich hatte es so eilig, ich dachte: Bis in die Halle schaffe ich es bestimmt nicht mehr!" Sally verdrehte die hellbraunen Augen.
    „Wie läuft es so bei der Zeitung?", fragte ich, nur damit sie weiterredete und ich Zeit hatte, den Schock zu verdauen.
    Anders als Sally gelang es mir nicht so leicht, den Anruf locker abzutun und mir eine logische Erklärung dafür zurechtzulegen. Immer noch hatte ich einen schalen, metallenen Nachgeschmack von Adrenalin im Mund, während ich Sally in den großen Saal folgte und mit halbem Ohr ihrer Geschichte über einen Streit mit ihrem Chef, dem neuen Herausgeber unserer Zeitung, lauschte. Auf meinen Armen hatte sich eine Gänsehaut gebildet. Ich zog meinen Pulli fester um mich.
    Sally richtete ihre Kekse auf dem Tablett an und informierte mich über den Wahlkampf, der uns bevorstand, weil wir einen Ersatz für unseren plötzlich und unerwartet verstorbenen Bürgermeister brauchten. „Er ist einfach im Büro umgekippt, sagt seine Sekretärin." Sally richtete eine Reihe Oreos aus. „Dabei war er erst seit einem Monat im Amt. Er hatte gerade einen neuen Schreibtisch bekommen!" Sally schüttelte den Kopf. Ob sie den Verlust des Bürgermeisters bedauerte oder die unnötige Anschaffung eines Möbelstücks, war schwer zu sagen.
    „Sally?", mischte ich mich ein. „Wo ist Mamie?" Dass diese Frage mir auf dem Herzen lag, wurde mir erst bewusst, als ich sie stellte.
    „Wen interessiert das schon?", gab Sally freimütig zurück, die rechte Braue spöttisch nach oben gezogen.

    An dieser Stelle hätte ich lachen müssen: Sally und ich hatten schon oft über unsere gemeinsame Antipathie gegen Marnie gesprochen. Aber ich lachte nicht. Sally irritierte mich zunehmend, wie sie so dastand, rational und attraktiv mit ihrer lockigen, bronzefarbenen Dauerwelle, in dem oft getragenen, teuren Kostüm und den oft getragenen, teuren Schuhen.
    „Als ich kam, standen zwei Fahrzeuge auf dem Parkplatz", sagte ich, ohne die Miene zu verziehen. „Deins und Marnies.
    Marnies habe ich erkannt, weil sie auch eine Chevette fährt, nur in Weiß statt in Blau. Du bist hier, und ich bin auch hier, aber wo ist Marnie?"
    Sally blickte sich um. „Sie hat die Stühle aufgebaut und Kaffee gekocht, aber ich kann ihre Handtasche nirgends entdecken", sagte sie. „Vielleicht hat sie etwas vergessen und ist noch mal nach Hause gefahren."
    „Aber dann hätte sie auf dem Flur an uns vorbeikommen müssen!"
    „Was weiß denn ich?" Sally zuckte leicht verunsichert die Achseln. „Sie kommt schon wieder, das tut sie doch immer."
    Dann lachten wir doch noch ein bisschen und versuchten, unseren aufkeimenden Ärger aufeinander abzuschütteln, indem wir uns über Marnie lustig machten. Mamie war bekanntermaßen fest entschlossen, zu jeder Veranstaltung zu gehen, die ihr Ehemann besuchte, jedem Club anzugehören, dessen Mitglied er war, und insgesamt sein Leben bis ins letzte Detail hinein zu teilen.
    Ich legte gerade meine Notizen auf dem Rednerpult zurecht und schob meine Handtasche darunter, als Bankston Waites den Saal betrat, dicht gefolgt von Melanie Clark, der Dame seines Herzens. Melanie arbeitete als Schreibkraft im Versicherungsbüro von Marnies Ehemann, Bankston war bei der Associated Second Bank für die Kreditvergabe zuständig. Die beiden waren jetzt seit gut einem Jahr zusammen, nachdem ihr Interesse füreinander bei den Treffen von Echte Morde erwacht war, und das, obwohl sie ein paar Jahre vor mir gemeinsam auf der Lawrenceton High die Schulbank gedrückt hatten. Offenbar hatten sie die Schulzeit hinter sich gebracht, ohne dass es zwischen ihnen gefunkt hatte.
    Bankstons Mutter hatte mir erst eine Woche zuvor bei einer zufälligen Begegnung im Supermarkt ganz aufgeregt anvertraut, sie rechne nun jeden Moment mit einer interessanten Ankündigung
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