Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Echte Männer

Echte Männer

Titel: Echte Männer
Autoren: Sophie Andresky
Vom Netzwerk:
aus dem Brustpelz wie eine fettige Lawine nach unten bewegte und sich im Haardickicht verfing, weiß ich nicht, jedenfalls griff mein Nachbar beherzt in seine Shorts, fand dort seinen bleichgesichtigen und irgendwie malade vor sich hin hängenden Kumpel, hielt dessen Köpfchen nach draußen und rief unter dem Gegröle seiner umstehenden Freunde: «Kuckuck.»
    Mein Nachbar heißt übrigens Andi, wahrscheinlich die Abkürzung von Neanditaler. Ich möchte hier nicht wieder das alte Klagelied anstimmen, dass ich nicht verstehe, wieso Männer es schön finden, mit einem Pelz zwischen Gehänge und Brust herumzulaufen, der aussieht, als hätte man einen plattgefahrenen Iltis von der Autobahn gekratzt und sich auf den Bauch getackert. Jeder soll sich schließlich frei entfalten dürfen, und wenn mein Nachbar gerne beim Grillen sein böklunderbleiches Teil entblößt und herumzeigt, damit die Jungs mindestens eine halbe Stunde lang Witze über Bratmaxereißen, bitte. Was mich allerdings stört, ist, dass ich dabei zwangsspannen muss. Zwischen unseren Balkonen gibt es keinen Sichtschutz und auch keine Möglichkeit, einen anzubringen. Seiner liegt etwas tiefer, sodass ich wie die beiden alten Opas aus der Muppetshow immer in der Loge sitze, wenn er wieder seinen Kratz-Tanz aufführt oder versucht, seinen Sack durch die beiden Hinterbacken hindurch von hinten zu juckeln, weil ihn da (Zitat) «eine schwule Mücke angebohrt» hat.
    Ich hätte ja nie gedacht, dass ich mal mit meiner strengen Großmutter (vor deren Charme sich der Wolf im Märchen winselnd verkrochen hätte) einer Meinung sein würde, aber: Körperliche Vorgänge gehören nicht in die Öffentlichkeit. Nicht real und auch nicht als Live-Reportage. Von Nahrung kann man ja gerne reden, solange sie sich außerhalb des Körpers befindet. Ich will weder wissen, welche säuerliche Flüssigkeit sich schlückchenweise durch die Speiseröhre nach oben drängt noch welcher Brocken Unverdauliches in den Gedärmen hängt. Und vor allem beim Thema Sex möchte ich mit Dieter Nuhr ausrufen: «Einfach öfter mal die Fresse halten!»
    Jetzt wundern sich wieder welche, oha, eine Sexautorin, die verbale Keuschheit predigt? Eine, die Wörter wie «Möse» und «ficken» in jedem fünften Satz verwendet, eine, die die Analreizung beim Cunnilingus für ein geeignetes Gesprächsthema bei der Schwarzwälder Kirschtorte hält, und dann so ein Aufruf? Genauso ist es. Über Sex zu reden und über all die Lustbarkeiten auf Gottes wunderlicher Weide bleibt ein aufregendes, immer interessantes Gesprächsthema. Höchstens, aber das ist dann wirklich das Maximum des mündlichen Exhibitionismus, rede ich noch über mich. Niemals aber würde ichin der Öffentlichkeit über den Körper meines Partners, seine Erregbarkeiten, Funktionen oder Sensibilitäten tratschen. Das hat nicht nur etwas mit Diskretion zu tun, sondern auch mit Loyalität.
    Und ich schätze es erst recht nicht, wenn solche Dinge nicht nur berichtet, sondern gleich vorgeführt werden. Die Stimulation oder Hygiene der äußeren Geschlechtsorgane in der Öffentlichkeit ist nur bei dicken, gestreiften Katern und sehr kleinen Mopswelpen sehenswert. Anders formuliert: Wer nicht in der Lage ist, sich selbst einen zu blasen, sollte sich auch sonst nicht aufführen wie ein Straßenköter. Weder real noch verbal. Bei fremden Menschen, die in großen Städten aufgrund der engen Bebauung in Zwangskommunen zusammenwohnen (wie mein sich selbst grillender Nachbar und ich), sollte das selbstverständlich sein. Besonders gilt es auch in Beziehungen, vor allem in solchen, in denen die Beteiligten noch Wert auf den amüsanten Austausch von Körperflüssigkeiten legen.
    Wer mal gesehen hat, wie sich der Partner die von den Füßen flitschenden Zehennägel mit der Küchenschere schneidet oder den Ohrenschmalz aus den Gehörgängen pult und anschließend an den Fingernägeln lutscht, der wird Schwierigkeiten haben, ihn sich bei der abendlichen Romantiknummer noch als Prinz Heißblut vorzustellen. Und wer, bitte, hat diese Unart erfunden, dass Paare hinter sich nicht die Toilettentür schließen? Ist das was Frühkindliches («Mamamama, Poldi hatta Pupsi macht»)?
    Ich bin ja sehr für die enthemmte Präsentation der Körperöffnungen beim Geschlechtsverkehr und habe vollstes Verständnis dafür, dass ein Mann gerne sieht, waser gerade leckt, oder dass es ihn anmacht zu beobachten, wie er einen Dildo in der Möse seiner Partnerin versenkt. Wenn ich ficke,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher