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Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]

Titel: Eanna - Stürmische See - Éanna ; [2]
Autoren: Arena
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Wirtin war eine stämmige Frau mit kräftigen Oberarmen und dunklem Bartflaum auf Oberlippe und Kinnpartie. Ihre schmucklos schwarze Witwenkleidung, die sie seit dem Tod ihres Mannes vor mehr als zehn Jahren trug, sowie ihr dicker, geflochtener Haarkranz auf dem Kopf unterstrichen die Strenge ihrer Gesichtszüge und ihrer Stimme.
    Éanna wollte gerade zu einer Erwiderung ansetzen, als Emilys dunkelbrauner Haarschopf hinter der Tür zum Esszimmer hervorlugte. Die Freundin schnitt im Rücken von Missis Skeffington eine Grimasse.
    Angesichts von Missis Skeffingtons grimmiger Miene war Éanna jedoch alles andere als zum Lachen zumute. »Ich hätte dich längst auf die Straße setzen sollen«, fuhr die Wirtin sie an. »Du hast es nur Mister O’Briens Güte zu verdanken, dass ich dich und Emily überhaupt bei mir dulde.«
    Schnell setzte Éanna eine zerknirschte, schuldbewusste Miene auf. Sie wusste, dass die Wirtin sich nur dann besänftigt zeigen würde, wenn sie das Gefühl hatte, dass Éanna ihr Fehlverhalten aufrichtig bereute. »Es tut mir schrecklich leid, dass ich Euch habe warten lassen, Missis Skeffington«, versicherte sie deshalb schnell und griff als Erklärung für ihr langes Wegbleiben zu einer Notlüge. »Aber nach der Messe habe ich in der Kirche gebetet und darüber die Zeit vergessen.«
    »Dafür wäre ja auch tagsüber Zeit genug gewesen!«, wies die Wirtin sie missmutig zurecht, um dann etwas nachsichtiger hinzuzufügen: »Aber wenn du für dein Seelenheil gebetet hast, ist es kein Wunder, dass es so lange gedauert hat!«
    Éanna senkte schamhaft den Blick wie eine reuige Sünderin. Aber sie hatte ihr Ziel erreicht. Die Pensionswirtin ließ sie in Frieden.
    Wenig später saß Éanna im Esszimmer der Pension und ließ sich den heißen, stark gesüßten Tee sowie das Porridge schmecken. Nur für einen kurzen Moment durchfuhr sie der Gedanke, dass dieser unerhörte Luxus, nämlich eine eigene Kammer mit einem richtigen Bett und warmen Decken sowie zwei sättigende Mahlzeiten am Tag zu haben, nun zu Ende war. Wie schnell hatte sie den Hunger und das Elend der letzten Monate vergessen! Wie ein schlimmer Traum erschienen ihr das Leid, der Hunger, die Verzweiflung, die sie seit dem Tod ihrer Mutter erlitten hatte. Doch sie wusste, dass ohne Mister O’Brien, den das Schicksal ihr in den letzten Monaten mehrfach als Retter in der Not geschickt hatte, all das undenkbar gewesen wäre. Ja, überhaupt, dass sie es bis nach Dublin geschafft hatten, war nur ihm zu verdanken.
    Sie dachte kurz daran, was Brendan wohl sagen würde, wenn er davon erfuhr, wie ihr Wohltäter ihr, Emily und Caitlin geholfen hatte. Doch sie schob den Gedanken schnell zur Seite.
    Emily griff nach ihrem Löffel und begann ihr Porridge zu essen. »Nun erzähl schon!«, drängte sie ungeduldig. »Sag bloß, du hast deinen Liebsten endlich wiedergefunden!«
    Éanna nickte und strahlte sie voller Glück an. »Er ist mir direkt in die Arme gelaufen, vor der St.-Patricks-Kathedrale!«
    »Ich will jede Einzelheit wissen! Lass bloß nichts aus!«, drängte ihre Freundin. »Habt ihr euch geküsst?«
    »Nicht so laut!«, zischte Éanna erschrocken und warf einen schnellen Blick hinüber zur halb offen stehenden Küchentür. Doch von dort kam noch immer geschäftiges Klappern und Klirren von Besteck, Töpfen und Geschirr. »Wenn Missis Skeffington Wind von der Geschichte mit Brendan bekommt …«
    Emily grinste. »Also ihr habt euch geküsst!«, raunte sie und hing wie gebannt an den Lippen ihrer Freundin. »Wie war es?«
    Éanna wurde unter ihrem Blick verlegen und ihre Wangen röteten sich. »Mein Gott, du fragst Sachen!«, erwiderte sie ausweichend. Sie wollte das, was sie dabei empfunden hatte und noch immer in sich fühlte, mit keinem anderen teilen. Nicht einmal mit Emily. »Es war … es war einfach wunderschön.«
    Emily machte ein enttäuschtes Gesicht. »Nur ein einziger Kuss? War er denn wenigstens leidenschaftlich, dein Brendan?«
    »Ja, und es waren mehrere«, sagte Éanna widerstrebend, aber irgendwie auch mit Stolz, und nun brannten ihre Wangen erst richtig.
    »Hört, hört! Das klingt schon besser!«, sagte Emily und rückte ganz nahe an sie heran.
    Éanna griff wieder zu ihrem Löffel. »Brendan und ich haben uns für die Frühmesse heute Morgen in St. Patricks verabredet, um uns endlich erzählen zu können, was uns in den Wochen seit unserer Trennung alles zugestoßen ist. Dazu war gestern Abend ja keine Zeit, weil ich in die Pension
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