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Durst: Thriller (German Edition)

Durst: Thriller (German Edition)

Titel: Durst: Thriller (German Edition)
Autoren: Alberto Riva
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Anschlag. Er hatte nicht einmal gemerkt, dass sie sich dort postiert hatten.
    » Feuer einstellen « , sagte jetzt einer der Scharfschützen in sein Funkgerät. Dann wandte er sich an seinen Kollegen. » Der Typ hier unten, der so geschrien hat, ist der Arzt, den die Italienerin meinte. « Wieder krächzte das Funkgerät.
    » Ich wiederhole « , sagte er noch einmal. » Feuer einstellen. Zielpersonen erledigt. «

51
    Der Drache öffnete im ersten Morgenlicht die Augen. Sicher war er sich nicht, aber das Geräusch, das ihn aus den Träumen gerissen hatte, musste der Schrei eines Tukans gewesen sein. Am selben Fluss, dem Paraná, nur weiter unten im Süden, in den Wäldern um seine Heimatstadt herum, hatte er dieses sonore, durchdringende Geräusch zum ersten Mal gehört. Er trat ans Fenster. Die Landschaft war metallisch grün und hüllte sich in einen gazeartigen Nebel. Ein paar Sekunden blieb er noch stehen, dann ging er sich waschen und anziehen.
    Es klopfte.
    » Darf ich? « , fragte Agata.
    » Was ist denn? «
    Sie wunderte sich über den barschen Ton. » Ist alles in Ordnung? Wir warten auf dich. «
    » Ich wollte gerade kommen. «
    Agata trat ins Zimmer. » Du siehst müde aus. Hast du nicht gut geschlafen? «
    » Nicht wirklich « , sagte er und schaute sie lange an. Im Gegensatz zu ihm wirkte Agata ausgeruht. Für einen Moment meinte er, das Mädchen vor sich zu haben, dem er an jenem fernen Tag in Indien am Fluss begegnet war.
    » Ich hatte gerade an Tukane gedacht. «
    Sie trat näher. » An Tukane? «
    » Ja. Heute Morgen habe ich einen gehört. Das ist mir schon lange nicht mehr passiert. «
    Agata schwieg. » Dieser Ort versetzt dich in eine merkwürdige Stimmung, nicht wahr? « , sagte sie dann.
    Der Drache trat wieder ans Fenster. » Damals werde ich wohl fünfzehn gewesen sein. Ich hatte beschlossen, einige Tage am Fluss zu verbringen, ein paar Stunden von Rosario entfernt. Es war Sommer. Ich nahm den Bus und ging dann zu Fuß zum Ufer, das mitten im Wald lag. Dort schlug ich mein Lager auf. Abends machte ich ein Lagerfeuer. Am nächsten Tag wachte ich im Morgengrauen auf. Ich erinnere mich noch, wie ich die Augen aufschlug in meinem billigen dunkelgrünen Zelt, das ich mir vom Geld in meiner Sparbüchse, einer alten Tomatendose, gekauft hatte. Ein Schrei hatte mich geweckt, genau wie heute Morgen. Man hatte mir vom Schrei des Tukans berichtet, aber ich hatte nie einen gehört. Ich bin aus dem Zelt raus und hielt Ausschau. Nachdem ich ein paar Sekunden vergeblich gelauscht hatte, wollte ich schon aufgeben und wieder schlafen gehen, als ich den Schrei noch einmal hörte, ganz deutlich, direkt hinter mir. «
    Er machte eine Pause und drehte sich zu Agata um. Die hörte schweigend zu.
    » Ich ging ein paar Schritte in den Wald hinein, und da sah ich sie plötzlich: Es waren zwei. Zwei schwarze Tukane mit einem gelb-orangen Schnabel, vermutlich ein Pärchen. Sobald ich mich ihnen näherte, schlugen sie mit den Flügeln und waren fort. Sie landeten auf einem Baum in der Nähe. Ich folgte ihnen, und sie flogen immer ein Stückchen weiter. Zehn Minuten später saßen sie plötzlich genau über meinem Kopf und suchten nach Beeren. Dann flatterten sie wieder auf… Hast du je Tukane gesehen, Agata? «
    Sie schüttelte den Kopf.
    » Sie sind das Erstaunlichste, was die Natur hervorgebracht hat, glaub mir. Diesmal flogen sie ziemlich weit, und ich musste rennen, um sie nicht aus den Augen zu verlieren. Irgendwann waren sie natürlich doch verschwunden. Ich atmete heftig. Im Wald war es feucht und gleichzeitig sehr heiß. Im nächsten Moment wurde mir klar, dass ich mich verirrt hatte. Ich wusste nicht einmal mehr, aus welcher Richtung ich gekommen war. Hektisch lief ich weiter, bis ich irgendwann stolperte und einfach sitzen blieb. Ich lehnte mich an einen Baum und merkte plötzlich, dass ich Hunger hatte. In meiner Hosentasche hatte ich, eingewickelt in ein Taschentuch, ein Brötchen. Ich hasste die Brötchen meiner Mutter, es waren immer Massen von Schmalz drauf, total salzig, aber in dem Moment war ich unendlich dankbar dafür. Ich verschlang es förmlich. Dann stand ich wieder auf und ging einfach in irgendeine Richtung. Wie lange ich lief, weiß ich nicht, es war aber ziemlich lange. Die Sonne ging schon wieder unter, und der Hunger war zurückgekehrt, schlimmer als zuvor. Außerdem war ich erschöpft, und so legte ich mich hinter einen Stein und schlief ein. Nach einer gewissen Zeit wurde ich von dem
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