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Durchgebrannt - Roman

Durchgebrannt - Roman

Titel: Durchgebrannt - Roman
Autoren: Kristina Dunker
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herumschleicht. »Wär blöd, wenn er was mitkriegen würde.«
    Ich spüre Leas skeptischen Blick auf mir, höre, wie Ricarda eine Kaugummiblase platzen lässt. Als ich mit meinem Werk zufrieden bin und das Blatt falte, sagt Ricarda bewundernd: »Du hast echt Mut.«
    »Na, ich weiß nicht«, widerspricht Lea, »besonders durchdacht ist das nicht. Deine Eltern werden dich bestimmt schon suchen.«
    »Glaub ich nicht. Die sitzen an Sarahs Krankenbettund denken, ich bin in der Cafeteria. Oder«, füge ich ironisch hinzu, »auf dem Kinderspielplatz.«
    Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, ist aber gleich wieder weg. »Also, meine Eltern würden Panik kriegen und die Polizei holen. Dann musst du vielleicht den Einsatz bezahlen.«
    »Jungs werden nicht so schnell gesucht wie Mädchen«, unterbricht Nils sie.
    »Hä? Wieso das denn?«
    »Ist so.«
    »Die können besser auf sich aufpassen.« Ferhad grinst.
    Ich muss auch lachen, als ich Leas entrüstetes Gesicht sehe. Doch schon setzt sie zum Konter an: »Ihr seid doch alle total blöd. Und mit dem kindischen Wisch da fällst du hier auch auf, Florian. Den nimmt dir keiner ab. Da muss nämlich noch draufstehen, dass du schwimmen kannst.«
    »Weiß doch jeder.«
    »Trotzdem. Auf dem Vordruck stand es. Und noch einiges andere, dass wir keinen Alkohol trinken, keinen Sex haben« -- Ferhad und Eric lachen glucksend »und was sie dir alles erlauben und so.«
    Langsam nervt sie.
    »Ich muss das ganze Zeug nicht aufschreiben, bei mir machen sie eine Ausnahme«, erkläre ich, »wegen meiner kranken Schwester.«
    Lea pustet lautstark Luft aus der Nase. »Du bist dir deiner Sache ja sehr sicher«, sagt sie und dreht sichnach vorn auf ihren Sitz. Leider tut Ricarda es ihr nach und sogar Nils macht ein verschlossenes Gesicht und beginnt, etwas in seiner Tasche zu suchen. Merkwürdig, es ist, als hätte die Erwähnung von Sarah eine ungute Stimmung verursacht. Im Bus schwirren die Stimmen durcheinander, wir vier aber sind stumm in eigene Gedanken gehüllt, und das ist so auffällig, dass Peter, der durchzählt, uns sogar fragt, ob alles okay ist.
    »Alles bestens, Chef«, ruft Lennart, der allein in einer Reihe weiter vorn sitzt und Kontakt sucht. »Voll korrekt, Mann.«
    Aber wer hört schon auf Lennart. Der hat doch von nichts eine Ahnung. Der ist ja noch schlimmer als mein Cousin.
     
    Doch ausgerechnet Lennart vertreibt die üble Stimmung, als er nämlich eine Cola verschüttet, seine helle Shorts einsaut und dafür johlendes Gelächter erntet.
    Für den nächsten Lacher sorgt Eric. Er geht auf die Bustoilette und kriegt anschließend die Tür nicht wieder auf. Eine halbe Stunde dauert es, bis jemand sein Klopfen hört, dann noch mal so lange, bis Peter mit einem Schraubenzieher von außen die verklemmte Tür aufgehebelt hat.
    »Ich hab gedacht, ich ersticke.« Erschöpft lässt Eric sich auf seinen Sitz fallen.
    »Du Ärmster.« Ricarda reicht ihm etwas zu trinken.
    »Ich würd das Busunternehmen verklagen«, schlägt Ferhad vor.
    »Genau«, ruft Nils, »wir sind deine Zeugen. Das Schmerzensgeld teilen wir uns. Du hattest Todesangst, das bringt schon einiges.«
    »So schnell stirbt man ja wohl nicht«, sagt Lea, und da hat sie ausnahmsweise recht. Ich kann meine Zustimmung gerade noch herunterschlucken.
    Was Sarah jetzt wohl macht? Es ist gleich drei, Zeit für eine Ruhepause. Die Verwandten schlendern bestimmt gerade durch den Park oder sitzen in der Cafeteria. Ob sie mich schon vermissen? Suchen sie im Krankenhaus? Rufen sie mein Handy an? Ich sehe nach, ob ich das Klingeln wegen des Trubels nicht gehört habe. Nein, kein Anruf in Abwesenheit und keine SMS.   Wahrscheinlich haben sie wirklich noch nicht gemerkt, dass ich weg bin. Das ist einerseits gut, andererseits aber auch ziemlich enttäuschend. Es war vor elf Uhr, als ich in den Park gelaufen bin. Ich könnte seit fast vier Stunden entführt und ermordet sein und meine Eltern bemerken nichts. Zornig denke ich daran, dass sie auch mal vergessen haben, mich nach einem Schulausflug vom Bahnhof abzuholen. Dass sie manchmal wie durch mich hindurchsehen und schon ewig nicht mehr nach meinen Noten in der Schule gefragt haben. Und zum Geburtstag bekam ich nur einen in letzter Minute hingekritzelten Einkaufsgutschein, für dessen Einlösung sie noch keine Zeit hatten. Sarah, Sarah, Sarah, für sie gibt es ja immer nur Sarah. Klar will ich nicht mit ihr tauschen, klar ist sie arm dran. Aber ich bin auch noch da.

8
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