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Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Durch Mark und Bein: 4. Fall mit Tempe Brennan
Autoren: Kathy Reichs
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blitzte ein Gegenstand. Ein anderer Deputy hatte angefangen, Trümmer zu einem Haufen zu stapeln.
    »Scheiße!«
    Ich suchte mir einen Weg nach unten, wobei ich mich an Büschen festhielt und im Zickzack zwischen Felsen und Bäumen hin und her lief, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Der Abhang war steil, und jedes Stolpern konnte einen Sturz bedeuten.
    Zehn Meter vom Talboden entfernt trat ich auf ein Blech, das unter mir wegrutschte, sodass ich durch die Luft segelte wie ein Snowboarder bei einem Sprung. Ich landete hart und kullerte den Abhang hinunter, in meinem Schlepptau eine kleine Lawine aus Kieseln, Ästen, Blättern und Kiefernzapfen.
    Um meinen Sturz zu bremsen, grapschte ich nach einem Halt, schürfte mir dabei die Handflächen auf und brach mir ein paar Fingernägel ab, bevor meine Hand etwas Festes traf und die Finger sich darum schlossen. Ich spürte einen Stich im Handgelenk, als mein Körpergewicht und die Wucht der plötzlichen Verzögerung daran zerrten.
    Einen Augenblick lang hing ich so da, drehte mich dann zur Seite, zog mich mit beiden Händen hoch und brachte mich in eine sitzende Position. Ohne den Griff meiner Hände zu lockern, schaute ich nach oben.
    Der Gegenstand, an den ich mich klammerte, war eine lange Eisenstange, die von einem Felsen an meiner Hüfte hochragte zu einem gekappten Baum etwa einen Meter über mir. Ich stellte die Füße auf, prüfte die Festigkeit des Untergrunds und zog mich in eine aufrechte Position. Dann wischte ich mir die blutigen Hände an der Hose ab, verknotete die Jacke neu und kletterte weiter abwärts.
    Am Talboden beschleunigte ich meine Schritte. Obwohl sich meine terra alles andere als firma anfühlte, war zumindest die Schwerkraft jetzt auf meiner Seite. Am abgesperrten Bereich hob ich das Band und kroch hindurch.
    »He, Lady. Nicht so schnell.«
    Ich blieb stehen und drehte mich um. Der Mann, der das gesagt hatte, trug eine Jacke des Swain County Sheriff’s Department.
    »Ich gehöre zum DMORT.«
    »Was zum Teufel ist DMORT?« Barsch.
    »Ist der Sheriff vor Ort?«
    »Wer will das wissen?« Das Gesicht des Deputys war starr, sein Mund zu einer harten, schmalen Linie zusammengekniffen. Eine orangefarbene Jagdkappe hatte er tief über die Augen gezogen.
    »Dr. Temperance Brennan.«
    »Wir brauchen hier keine Ärzte mehr.«
    »Ich soll die Opfer identifizieren.«
    »Können Sie sich ausweisen?«
    Bei derartigen Katastrophen hat jede Regierungsbehörde spezifische Aufgaben. Das Office of Emergency Preparedness, OEP, quasi die Aufsichtsbehörde bei Notfalleinsätzen, organisiert und führt das National Disaster Medical System, NDMS, den nationalen Dienst für Notfallmedizin, der sich sowohl um medizinische Versorgung wie um Opferidentifikation und den Komplex der Leichenbeschau kümmert, falls Tote in großer Zahl zu beklagen sind.
    Um diese Aufgabe erfüllen zu können, hat das NDMS das Disaster Mortuary Operational Team, DMORT, also das Leichenbeschauungsteam für den Katastropheneinsatz, und das Disaster Medical Assistance Team, DMAT, also das Medizinische Hilfsteam für den Katastropheneinsatz, geschaffen. Bei offiziell erklärten Katastrophen kümmert sich das DMAT um die Bedürfnisse der Lebenden, während das DMORT sich mit den Toten beschäftigt.
    Ich zog meinen NDMS-Ausweis aus der Tasche und gab ihn dem Deputy.
    Er musterte die Karte und nickte dann in die Richtung des Flugzeugrumpfs.
    »Der Sheriff ist bei den Einsatzleitern der Feuerwehr.« Seine Stimme klang brüchig, und er wischte sich mit der Hand über den Mund. Dann senkte er den Blick und ging davon; offensichtlich war es ihm peinlich, dass er Gefühle gezeigt hatte.
    Das Verhalten des Deputys überraschte mich nicht. Auch die zähesten und fähigsten Polizisten und Bergungsspezialisten sind mental nie auf ihren ersten »Großen« vorbereitet, so umfangreich ihre Ausbildung und ihre Erfahrung auch sein mögen.
    »Große« – Großunfälle, so nennt die National Transportation Safety Board, NTSB, die Nationale Verkehrssicherheitsbehörde, solche Abstürze. Ich war mir nicht ganz sicher, welche Bedingungen ein Notfall erfüllen musste, um als »Großer« zu gelten, aber ich hatte bei mehreren mitgearbeitet und wusste eins mit Bestimmtheit: Jeder war ein Horror. Auch ich war nie darauf vorbereitet und spürte wie der Deputy das Entsetzen. Nur hatte ich gelernt, es nicht zu zeigen.
    Auf meinem Weg zum Rumpf kam ich an einem Deputy vorbei, der eben eine Leiche zudeckte.
    »Nehmen Sie
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