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Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)

Titel: Dunkler Strom (Billy Bob Holland) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Brathähnchenduft aus einer Restaurantküche.
    »Möchtest du, daß ich dich vertrete?« sagte ich.
    »Ja, Sir, dafür wäre ich sehr dankbar.«
    Er starrte mit ausdrucksloser Miene auf den Boden, ohne noch einmal aufzublicken.
    Ich suchte Harley in seinem Büro im Erdgeschoß auf.
    »Ich komme wieder, wenn er dem Richter vorgeführt wird«, sagte ich.
    »Wieso hat er sie denn zusammengeschlagen?«
    »Hat er nicht.«
    »Dann hat er sie auch nicht bestiegen, nehm ich an. Sie hat sich wahrscheinlich selber künstlich besamt.«
    »Warum halten Sie nicht die Schnauze, Harley?«
    Er rieb sich mit dem Daumenballen über das Kinn, hatte die Mundwinkel zu einem Lächeln verzogen und musterte mich mit gleichgültigem Blick.
    Als ich in meinen Avalon stieg, sah ich ihn quer über den Rasen vor dem Gerichtsgebäude auf mich zukommen. Die durch die Bäume dringenden Sonnenstrahlen zeichneten helle Flecken auf sein Gesicht. Ich schloß die Tür und wartete. Er legte einen Arm aufs Dach und lächelte mich an. Ich sah den dunklen Schweißring unter seiner Achsel, sah, wie er sich seine Worte zurechtlegte.
    »Sie können es einem gewaltig unter die Nase reiben, Billy Bob. Das muß ich Ihnen lassen, jawoll. Aber ich hab meinen besten Freund nicht umgebracht, und ich kenn auch sonst niemand, der so was gemacht hat. Einen schönen Tag noch«, sagte er.

2
    Lucas’ Haftprüfungstermin fand am Montag morgen statt. Um acht Uhr traf ich mich mit einem Deputy Sheriff, einer Frau, beim Gerichtsgebäude und fuhr mit ihr im Streifenwagen zu der Stelle am Fluß, wo man Lucas und das Mädchen aus dem Shorty’s gefunden hatte.
    Die Polizistin hieß Mary Beth Sweeney, Sie trug eine braune Uniform mit bleigrauen Seitenstreifen an den Hosenbeinen und einen Diensthut, den sie schief in die Stirn geschoben hatte. Ihr Gesicht war mit hellbraunen Sommersprossen übersät, und die dunkelbraunen Haare fielen in dichten Locken auf ihre Schultern. Sie war neu bei der Dienststelle und anscheinend wenig begeistert von mir und ihrem Auftrag.
    »Waren Sie schon mal woanders Polizistin?« fragte ich.
    »Kriminalabteilung bei der Militärpolizei.«
    »Und warum wollten Sie hinterher nicht für die Bundesbehörden arbeiten?« fragte ich.
    Sie zog die Augenbrauen hoch, antwortete aber nicht. Wir kamen am Shorty’s vorbei, einem windschiefen Holzhaus, das auf Pfählen über dem Wasser stand, und stießen dann auf ein altes, mittlerweile verwahrlostes Picknickareal inmitten eines Kiefernwäldchens. Gelbes Absperrband, das ein unregelmäßiges Achteck bildete, war zwischen den Bäumen gespannt.
    »Haben Sie auf den Notruf reagiert?« fragte ich.
    »Ich saß im zweiten Streifenwagen, der hier eintraf.«
    »Aha.«
    Ich stieg aus dem Streifenwagen und ging unter dem gelben Absperrband hindurch. Doch sie folgte mir nicht.
    »Wo war das Mädchen?« fragte ich.
    »Da drunten, bei dem Gebüsch am Wasser.«
    »Unbekleidet?«
    »Ihre Kleidung war auf dem Boden verstreut.«
    »In ihrer Nähe?« sagte ich.
    »Ganz recht.«
    Der Boden auf der Lichtung war feucht und schattig, und Reifenspuren zogen sich quer über das mit Kiefernnadeln übersäte Erdreich.
    »Und Lucas saß besinnungslos in seinem Pickup? Etwa hier?« sagte ich.
    »Ja, Sir.«
    »Sie brauchen mich nicht mit ›Sir‹ anzureden.«
    Ich ging zum Flußufer hinunter. Das Wasser war grün und tief, und auf den strudelnden Fluten tanzten die Samenkapseln der Seidenholzbäume.
    »Wissen Sie, so was hab ich noch nie gehört... daß ein Sexstrolch am Tatort festgenommen wird, weil er zu besoffen ist, um sich davonzumachen«, sagte ich.
    Sie gab keine Antwort. Der Boden rund um das Gebüsch war voller Fußspuren. Ich ging zu der Stelle zurück, wo Lucas’ Pickup gestanden hatte. Mary Beth Sweeney verharrte nach wie vor außerhalb der Absperrung, hatte die Hände in die Hosentaschen gesteckt. Ihre Arme wirkten ziemlich kräftig, der Bauch unter dem durchaus weiblichen Busen war flach. Ihr schwarzer, auf Hochglanz polierter Waffengurt schimmerte im Licht.
    »Das ist ja ziemlich rätselhaft«, sagte ich.
    »Der Sheriff hat mir bloß gesagt, daß ich Sie herbringen soll, Mister Holland.«
    Sie setzte eine dunkelgrün getönte Pilotensonnenbrille auf und schaute auf den Fluß hinaus.
    »Ob Lucas wohl im Pickup über sie hergefallen und danach weggetreten ist? Oder hat er sie in dem Gebüsch vergewaltigt, ist zu seinem Pickup zurückgegangen, hat sich noch ein paar hinter die Binde gegossen und ist dann eingenickt?«
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