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Dunkler Schnee (German Edition)

Dunkler Schnee (German Edition)

Titel: Dunkler Schnee (German Edition)
Autoren: Barbara Klein
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stiegen nicht selten auf Zehnerkarten um, wenn die Verschreibungen der Ärzte ausliefen, und wurden so zu den begehrten Privatklienten. Viele wollten auf den einmal kennengelernten Luxus der Massage nicht mehr verzichten.
    Marisa besah sich Laurens’ Profil. Die Farbe der Dämmerung hatte sich in seinem kurzgeschnittenen Haar festgesetzt, als wollte das Gold des Tages auch in der Nacht leuchten.
    „Was meinst du? Werden unsere Kinder nach dir oder mir schlagen? Werden sie blond oder brünett?“
    Er lächelte versonnen, nahm einen Schluck Wein und sah sie dann an. „Egal wie, Hauptsache, es sind unsere Kinder.“

3. Nova Scotia – Nach dem Schuss
    „Es war ein Schuss, Adam! Verstehst du? Ein Schuss! Und er schlug irgendwo knapp neben uns in einen Baum ein!“ Marisa hält zitternd ihr Handy. Zu ihren Füßen liegt Bruno, fest eingeschlafen in der einfachen Glückseligkeit, nicht denken, nicht planen und nicht analysieren zu müssen, sondern den Vorteil der tierischen Kreatur leben zu können, nur für den Augenblick zu entscheiden.
    „Adam, glaubst du mir nicht?“ Ihre Stimme hört sich schrill an. Sie bemerkt es, kann es nicht verhindern. „Was heißt, die Jagdsaison ist vorbei? Irgendjemand scheint das nicht mitbekommen zu haben!“ Sie steht auf, steigt über den Hund und geht zum Fenster, von wo aus sie auf das Nachbarhaus, das näher am See gelegen ist, hinunterblicken kann. „Was soll ich tun, Adam? Meinst du, ich sollte die Polizei anrufen?“ Eine Bewegung auf dem Grundstück lässt sie innehalten. Sie schaut angestrengt hinüber. Ein Mann geht vom Haus zur gegenüberliegenden Garage, nimmt mehrere Werkzeuge vom Boden und der Wand weg und verstaut sie in der Garage. Dann kommt er wieder heraus und greift nach etwas, das auf einem groben Holztisch vor der Garage unter Tannenzweigen verborgen liegt. Es sieht aus wie ein Gewehr.
    „Marisa?“, hört sie Adams Stimme. Er spricht das „s“ scharf aus.
    „Was weißt du über die Nachbarn?“, fragt Marisa und merkt, wie ihr Herzschlag in den Ohren widerhallt; sie senkt die Stimme, als ob der Mann draußen sie sonst hören könnte.
    „Wen? Gleich nebenan?“
    Sie bejaht.
    „Nun, sie wohnen noch nicht lange dort, haben das Haus von ihren Großeltern übernommen. Er ist ein bisschen merkwürdig. Aber ich weiß nichts Genaues.“
    „Kannst du dich erkundigen?“
    „Marisa, möchtest du, dass ich komme?“
    „Ach nein, ich beruhige mich schon wieder. Vielleicht war es wirklich nur ein dummer Zufall. Danke, Adam, ich melde mich wieder.“ Sie legt auf, überlegt kurz und zieht sich dann ihre Stiefel und Jacke wieder an. Bruno springt auf und kommt schweifwedelnd hinterher.
    Sie tritt auf die Vorderveranda, steigt die zwei Stufen hinab, biegt um die Ecke und schreitet quer über die Wiese neben ihrem Haus unter den kahlen Apfelbäumen her, an denen sich eine Handvoll Äpfel wie zum Trotz in der eisigen Luft an die Äste klammern, auf das Nachbargrundstück. Der Mann ist nicht zu sehen; auf der teilweise schneegeräumten Zufahrt stehen ein Auto und ein Quad. Das Quad hat vorne einen Schneepflug montiert. Bruno springt voraus und bellt.
    Der Nachbar tritt aus der Garage. „Was machen Sie hier?“ Er sieht aus wie Mitte 40, trägt eine Mütze mit Schirm und setzt sich gerade eine Sonnenbrille auf, die mindestens 20 Jahre alt sein muss.
    „Ich wollte mich nur kurz vorstellen. Ich habe das Haus nebenan gemietet.“ Marisa tritt auf der Stelle und streckt zögernd die Hand aus. „Mein Name ist Marisa.“
    „Nehmen Sie den Hund an die Leine! Kennen Sie unsere Gesetze nicht?“ Der Mann dreht sich um und verschwindet wieder in der Garage. Unschlüssig und verdutzt steht Marisa ein paar Sekunden da; soll sie wieder gehen? Sie hört Geräusche aus der Garage, aber der Mut, ein Gespräch zu suchen oder gar nach dem Gewehr zu fragen, ist verflogen. Sie merkt, dass ihre Hände zittern, was weniger an der Kälte der Luft liegt als an den Umständen. Der Mann scheint nicht wieder herauskommen zu wollen, also beschließt sie den Rückzug.
    Zurück im Haus greift Marisa mit immer noch zitternden Händen nach dem Wasserkessel, um sich einen beruhigenden Tee zu brühen. Dann fällt ihr Blick auf die Flasche Wein, die Adam spendiert hat. Sie stellt den Kessel wieder hin und ändert ihren Plan.

4. Nova Scotia – Bruno
    Über Nacht hat es geschneit. Da, wo der See am Vortag noch wie eine unfertige Patchworkdecke aussah, liegt nun eine einheitliche, papierweiße
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