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Dunkler Rausch der Sinne

Dunkler Rausch der Sinne

Titel: Dunkler Rausch der Sinne
Autoren: Christine Feehan
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ihr etwas nach, aber Jaxon beachtete ihn
nicht, sondern lief einfach weiter. Der Wind schien an ihr vorbeizufegen, als
sie durch die Straßen hetzte und jede Abkürzung nahm, die ihr einfiel.
    Als sie sich dem Haus näherte, wurde Jaxon abrupt langsamer. Ihr Puls
raste. Die Haustür stand weit offen, wie eine Einladung zum Hereinkommen. In ihrem
Inneren wurde es dunkel. Sie spürte den fast unwiderstehlichen Drang stehen zu
bleiben und umzukehren, empfand ihn so stark, dass sie einen Moment lang wie
gelähmt war. Mathew war heute nicht zur Schule gegangen, weil er sich nicht
wohlfühlte. Der kleine Mathew, der ihrem Vater so ähnlich war und Tyler von
einem Moment auf den anderen in rasende Wut versetzen konnte. Ihr Mathew.
    Jaxons Mund war trocken und der Geschmack von Furcht so ausgeprägt,
dass sie Angst hatte, sich übergeben zu müssen. Ihr Magen krampfte sich
zusammen, und das Hämmern in ihrem Kopf verstärkte sich, bis es beinahe ihre
gut geschulten Instinkte übertönte. Sie zwang sich, ihren rechten Fuß zu
bewegen, einen Schritt zu machen. Es fiel ihr so schwer, als würde sie durch
Treibsand gehen. Sie musste ins Haus hineinschauen. Sie musste es tun. Die
Notwendigkeit, es zu tun, war stärker als ihr Selbsterhaltungstrieb. Ein
Geruch wehte ihr entgegen, ein Geruch, der ihr fremd war, aber ihr Instinkt
sagte ihr sofort, was es war. »Mom?« Sie sprach das Wort in lautem Flüsterton
aus, als wäre es ein Talisman, der ihre Welt wieder in Ordnung bringen und die
Wahrheit und das Wissen, das in ihrem Inneren schrie, vertreiben könnte.
    Sie schaffte es, ihren Körper vorwärtszubewegen, indem sie sich an die
Hausmauer klammerte und Stück für Stück weiterschob. Sie kämpfte gegen alle
ihre Instinkte an, gegen das Widerstreben, das zu sehen, was sie dort drinnen
erwartete. Eine Hand fest an ihren Mund gepresst, um nicht zu schreien, wandte
sie langsam den Kopf und spähte vorsichtig ins Haus.
    Das Wohnzimmer sah genau wie immer aus. Vertraut, tröstlich. Aber
nichts konnte ihre Angst beschwichtigen. Stattdessen empfand sie blankes
Entsetzen.
    Jaxon zwang sich weiterzugehen. Sie sah einen verschmierten hellroten
Blutstreifen auf der Klinke von Mathews Zimmertür. Ihr Herz schlug so schnell,
dass sie Angst hatte, es könnte zerspringen. Jaxon schob sich weiter an der
Wand entlang, bis sie direkt vor Mathews Zimmer stand. Sie sprach ein inbrünstiges
Gebet, als sie langsam die Tür aufstieß.
    Der grauenhafte Anblick sollte sich für immer unauslöschlich in ihr
Gedächtnis einprägen. Die Wände waren mit Blut bespritzt, die Bettdecken in
Blut getränkt. Mathew lag dort der Länge nach auf der Seite und sein Kopf hing
im rechten Winkel von der Matratze hinunter. Seine Augenhöhlen waren leer, das
Lachen in seinen Augen für immer verschwunden. Sie konnte die Stichwunden an
seinem Körper nicht zählen.
    Jaxon betrat dass Zimmer nicht. Sie konnte es nicht. Etwas viel
Stärkeres als ihr Wille hielt sie davon ab. Einen Moment lang stand sie wie
erstarrt, bevor sie auf den Boden sackte, ihr Körper geschüttelt von einem
stummen Schrei.
    Sie war nicht da gewesen, um ihn zu beschützen, um ihn zu retten. Es
wäre ihre Pflicht gewesen. Sie war die Starke, und doch hatte sie versagt, und
Mathew mit seinen schimmernden Locken und seiner Liebe zum Leben hatte den
endgültigen Preis bezahlt. Jaxon wollte sich nicht bewegen, glaubte nicht, dass
sie dazu imstande war. Aber dann war ihr Denken wie ausgelöscht, und sie
schaffe es, sich an der Wand hochzuziehen und zum Zimmer ihrer Mutter
weiterzugehen. Sie wusste bereits, was sie dort vorfinden würde. Sie redete
sich ein, dass sie darauf vorbereitet wäre0
    Diesmal stand die Tür weit offen. Jaxon zwang sich, ins Zimmer zu
schauen. Rebecca lag zusammengekrümmt auf dem Boden. Sie erkannte ihr;' Mutter
nur an dem zerzausten blonden Haar, das sich wie eine Gloriole um den
zerschmetterten Schädel ausbreitete. Der Rest ihres Körpers war bis zur Unkenntlichkeit
verstümmelt und voller Blut. Jaxon konnte den Blick nicht abwenden. Ihre Kehle
schnürte sich schmerzhaft zusammen. Sie bekam keine Luft mehr.
    Da hörte sie ein Geräusch, im Grunde nur die Andeutung eines Geräuschs,
aber es reichte aus, ihr jahrelanges Training auf den Plan zu rufen. Sie machte
einen Satz zur Seite und wirbelte gleichzeitig herum. Ihr Stiefvater stand vor
ihr. Seine Hände und Arme waren feucht von Blut, sein Hemd mit Blutstropfen
übersät. Er lächelte; sein Gesicht war heiter, und seine Augen
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