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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon
Autoren: Jeff Lindsay
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Oder war es Zufall? Wenn ich das herausbekam, war es zumindest möglich, dass ich ihn fand. Er musste irgendwohin, und seine Operationen waren nichts, das man in einem Hotelzimmer durchführen konnte. Wohin würde er sich demnach wenden?
    Letztlich war es kein Stein, der durchs Fenster flog und gegen meinen Kopf prallte, aber eine winzige Idee begann auf den Boden von Dexters Verstand zu tröpfeln. Danco musste offensichtlich irgendwo bleiben, und er konnte nicht warten, bis er sich ein neues sicheres Haus aufgebaut hatte. An welchem Ort auch immer er sich aufhielt, dieser musste auf dem Gebiet von Miami liegen, in der Nähe seiner Opfer, und das Risiko, ein leer stehendes Haus zu benutzen, durfte er nicht eingehen. Es konnte plötzlich von möglichen Käufern überschwemmt werden, und wenn er sich ein bewohntes Haus schnappte, konnte er nicht wissen, wann womöglich Cousin Enrico auf einen Besuch vorbeischaute. Also – warum nicht einfach das Haus seines nächsten Opfers beziehen? Er musste annehmen, dass Chutsky, der bis jetzt als Einziger die Liste kannte, eine Weile außer Gefecht gesetzt war und ihn nicht verfolgen würde. Indem er mit dem nächsten Namen auf der Liste weitermachte, konnte er zwei Glieder mit einem Skalpell amputieren; das Haus seines nächsten Opfers nutzen, um Doakes zu vollenden, und dann gemütlich mit dem Nächsten weitermachen.
    Es ergab einen gewissen Sinn und war mit Sicherheit ein besserer Beginn als die Namensliste. Aber selbst wenn ich Recht behielt, wer von den Männern auf der Liste würde der nächste sein?
    Draußen rumpelte der Donner. Ich betrachtete wieder die Liste mit Namen und seufzte. Warum war ich nicht irgendwo anders? Selbst Galgenmännchen mit Cody und Astor zu spielen wäre wesentlich besser als diese frustrierende Plackerei. Ich musste mit Cody üben, als Erstes nach den Vokalen zu fragen. Dann ergab sich der Rest des Wortes von allein. Und wenn er das gelernt hatte, konnte ich anfangen, ihm andere, interessantere Dinge beizubringen. Sehr befremdlich, sich auf die Erziehung eines Kindes zu freuen, aber ich war tatsächlich ganz wild darauf. Schade, dass er sich bereits selbst um den Nachbarshund gekümmert hatte – es wäre der perfekte Auftakt gewesen, um sowohl Sicherheit als auch Technik zu üben. Der kleine Lausebengel musste noch so viel lernen. Die ganzen alten Harry-Lektionen wurden an eine neue Generation weitergegeben.
    Und während ich darüber nachdachte, wie ich Cody helfen konnte, wurde mir bewusst, dass der Preis dafür meine Verlobung mit Rita war. Konnte ich das wirklich durchstehen? Mein sorgenfreies Junggesellenleben aufgeben und mich in den Hafen der Ehe begeben? Seltsamerweise glaubte ich, es schaffen zu können. Sicherlich waren die Kinder dies kleine Opfer wert, und Rita als permanenter Deckmantel würde mich unverdächtig machen. Glücklich verheiratete Männer tun eher selten die Dinge, für die ich lebte.
    Vielleicht kam ich damit durch. Wir würden sehen. Selbstverständlich war das nur eine Verzögerungstaktik. Es brachte mich keinen Schritt näher an meine Verabredung mit Reiker und half auch nicht dabei, Danco zu finden. Ich sammelte meinen zerstreuten Verstand und musterte die Liste mit Namen. Borges und Aubrey waren erledigt. Acosta, Ingraham und Lyle standen noch aus. Ahnungslos, dass sie eine Verabredung mit Dr. Danco hatten. Zwei abgehakt, drei noch zu erledigen, Doakes nicht mitgezählt, der vermutlich in diesem Moment die Klinge spürte, während Tito Puente im Hintergrund Tanzmusik spielte und der Doktor sich mit seinem glänzenden Skalpell über ihn beugte und den Sergeant durch seinen Zerlegungstanz führte. Tanz mit mir, Doakes.
Baila conmigo, amigo,
wie Tito Puente sagen würde. Natürlich war es ein bisschen schwierig, ohne Beine zu tanzen, aber die Mühe wert.
    Und in der Zwischenzeit tanzte ich hier im Kreis herum, als hätte der gute Doktor eins meiner Beine entfernt.
    In Ordnung: Nehmen wir mal an, Dr. Danco befände sich im Haus seines gegenwärtigen Opfers, wobei Doakes nicht zählte. Natürlich hatte ich keine Ahnung, wer es war. Was blieb mir also? Wenn man die wissenschaftliche Methode ausschloss, blieb nur Raten übrig. Elementar, mein lieber Dexter. Ene mene muh …
    Mein Finger landete auf Ingrahams Namen. Nun gut, das war eindeutig, oder? Selbstverständlich war es das. Und ich war König Olaf von Norwegen.
    Ich stand auf und trat ans Fenster, durch das ich so viele Stunden nach Sergeant Doakes gespäht
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