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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon
Autoren: Jeff Lindsay
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gelauscht hatte, dass die Klänge doppelt so laut wirkten wie je zuvor, über meinen Kopf und mein Rückgrat hinwegspülten, und ehrlich, welchen Schaden konnte es schon anrichten, wenn ich mich vergewisserte, ehe Deborah zurückrief? Selbstverständlich würde ich keine Dummheiten machen, ich würde einfach aussteigen und die Straße bis zum Haus hinuntergehen, nur ein gemütlicher Mondlichtspaziergang durch eine ruhige Wohnstraße. Und falls sich zufällig die Gelegenheit zu einigen kleinen Doktorspielchen ergab …
    Als ich aus dem Auto stieg, bemerkte ich ein wenig beunruhigt, dass ich unregelmäßig atmete. Schäm dich, Dexter! Wo bleibt deine berühmte kühle Selbstkontrolle? Vielleicht war sie verloren gegangen, weil sie zu lange nicht benutzt worden war, und vielleicht war genau die gleiche Unterbrechung für meine Gier verantwortlich, aber so ging es natürlich nicht. Ich atmete tief aus und ein, ein unauffälliges Ungeheuer auf seinem abendlichen Spaziergang entlang einer improvisierten Vivisektionsklinik. Hallo, Nachbar, wunderschöner Abend, um ein Bein zu entfernen, nicht wahr?
    Mit jedem Schritt, der mich näher zu dem Haus trug, spürte ich das Etwas in mir wachsen und schwellen, das gleichzeitig von den alten kalten Fingern umklammert und an seinem Platz gehalten wurde. Ich bestand aus Feuer und Eis, sprühte vor Mondlicht und Tod, und als ich auf Höhe des Hauses angelangt war, begann das Flüstern in mir zu dröhnen, während ich den schwachen Klängen aus dem Haus lauschte, rhythmische Saxophone, die sehr nach Tito Puente klangen, und ich brauchte das anschwellende Flüstern nicht, um zu wissen, dass ich Recht hatte, dies war tatsächlich der Ort, an dem der Herr Doktor praktizierte.
    Er war da und an der Arbeit.
    Und jetzt? Was sollte ich jetzt machen? Natürlich wäre es das Weiseste, zu meinem Wagen zu schlendern und auf Deborahs Anruf zu warten – aber war dies ein Abend für Weisheit, mit dem lyrisch spottenden Mond, der so niedrig am Himmel hing, und dem Eis, das durch meine Adern rann und mich zum Handeln drängte?
    Und so schlüpfte ich in den Schatten des Nachbarhauses und glitt durch den Garten, bis ich die Rückseite von Ingrahams Haus sehen konnte. Durch die Fenster fiel leuchtend helles Licht, und ich stahl mich in den Garten in den Schatten eines Baumes, näher und immer näher. Nur noch wenige Schritte auf Katzenpfoten, und ich konnte fast durchs Fenster sehen. Ich schlich ein wenig näher, bis zum Rand der erleuchteten Fläche, die die Innenbeleuchtung auf den Rasen warf.
    Von meinem jetzigen Standort konnte ich endlich in einem schrägen Winkel nach oben durch das Fenster zur Zimmerdecke sehen. Und da war der Spiegel, den Danco scheinbar so gern benutzte, und zeigte mir die Hälfte des Tisches …
    … und etwas mehr als die Hälfte von Sergeant Doakes.
    Fesseln hielten ihn sicher an Ort und Stille, reglos, selbst sein frisch rasierter Schädel war fest auf dem Tisch verankert. Ich konnte nicht allzu viele Einzelheiten erkennen, aber soweit ich sehen konnte, waren seine Hände an den Gelenken amputiert worden.
    Als Erstes die Hände? Sehr interessant, ein vollkommen anderer Ansatz als bei Chutsky. Nach welchen Kriterien entschied Dr. Danco, was für den einzelnen Patienten richtig war?
    Der Mann und seine Arbeit faszinierten mich zunehmend; hier war ein verdrehter Sinn für Humor am Werk, und so lächerlich es war, ich wollte gern mehr über seine Funktionsweise wissen. Ich trat einen halben Schritt vor.
    Die Musik brach ab, und ich verharrte mit ihr, und dann, als der Mamborhythmus wieder einsetzte, hörte ich eine Art metallisches Husten hinter mir und spürte, wie mich etwas in die Schulter pikste, stechend und prickelnd, und ich drehte mich um und sah einen kleinen Mann mit großer Brille, der mich anstarrte. In der Hand hielt er etwas, das wie ein Gewehr zum Abfeuern von Farbgeschossen aussah, und mir blieb gerade noch Zeit, indigniert festzustellen, dass es auf mich gerichtet war, ehe jemand die Knochen aus meinen Beinen entfernte und ich auf den taubenetzten, vom Mondlicht beschienenen Rasen schmolz, wo alles dunkel und voller Träume war.

[home]
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    I ch schnippelte glücklich an einer sehr schlechten Person herum, die ich verschnürt und auf einen Tisch gefesselt hatte, aber irgendwie war das Messer aus Gummi und wabbelte ständig hin und her. Ich langte nach oben und ergriff stattdessen eine riesige Knochensäge und setzte sie an dem Alligator auf dem Tisch an,
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