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Dunkler Dämon

Dunkler Dämon

Titel: Dunkler Dämon
Autoren: Jeff Lindsay
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kauterisierte, um starke Blutungen zu verhindern. »Schon fertig«, sagte er. Doakes gab ein ersticktes Geräusch von sich und erschlaffte, als der Geruch nach versengtem Fleisch durch den Raum waberte. Mit etwas Glück würde er eine Zeit lang bewusstlos bleiben.
    Und ich wurde zum Glück immer wacher. Während die Chemikalien aus des Doktors Pfeilgewehr aus meinem Gehirn sickerten, tröpfelte das erste trübe Licht hinein.
     
    Ah, Erinnerungen. Sind sie nicht wunderbar? Selbst wenn wir schwere Zeiten durchleben, haben wir unsere Erinnerung, um uns aufzumuntern. Ich zum Beispiel lag hilflos da, einzig in der Lage, dabei zuzusehen, wie Sergeant Doakes schreckliche Dinge angetan wurden, in dem Wissen, dass bald die Reihe an mir sein würde. Und selbst jetzt noch hatte ich meine Erinnerungen.
    Ich erinnerte mich an etwas, das Chutsky bei seiner Rettung zu mir gesagt hatte. »Als ich dort oben lag«, hatte er gesagt, »sagte er ›sieben‹ und ›Was meinst du‹.« Damals hatte ich das für eine sehr seltsame Bemerkung gehalten und mich gefragt, ob es nur Chutskys Einbildung gewesen war, eine Nebenwirkung der Drogen.
    Aber gerade hatte ich gehört, wie der Doktor das Gleiche zu Doakes gesagt hatte: »Was meinst du?« und »zehn Buchstaben«. Und dann hatte er etwas auf einem am Tisch klebenden Zettel vermerkt.
    Und so einen Zettel hatten wir neben jedem Opfer gefunden, und jedes Mal hatte ein einzelnes Wort darauf gestanden, dessen Buchstaben nacheinander durchgestrichen worden waren. » EHRE «. » LOYALITAET «. Ironie selbstverständlich: Danco erinnerte seine ehemaligen Kameraden an die Tugenden, die sie verraten hatten, als sie ihn an die Kubaner auslieferten. Und Burdett, der arme Mann aus Washington, den wir in dem Rohbau in Miami Shores gefunden hatten. Er war keine echte geistige Anstrengung wert gewesen. Nur schnelle fünf Buchstaben: » MEMME «. Seine Arme, Beine und der Kopf waren rasch abgetrennt und neben seine Leiche gelegt worden. M-e-m-m-e. Arm, Bein, Bein, Arm, Kopf.
    War das wirklich möglich? Ich wusste, dass mein Dunkler Passagier Sinn für Humor hatte, aber das hier war wesentlich finsterer – das hier war verspielt, neckisch, sogar albern.
    Ganz wie die »Wähle das Leben«-Plakette. Und ganz wie alles andere im Verhalten des Doktors, das ich bemerkt hatte.
    Es schien völlig unwahrscheinlich, aber …
    Dr. Danco gönnte sich ein kleines Spiel, während er schnitt und schlitzte. Vielleicht hatte er es in den langen Jahren seiner kubanischen Haft auf der Isle of Pines mit anderen gespielt, und vielleicht war es ihm als genau das Richtige erschienen, um damit seiner neckischen Rache zu frönen. Denn es schien mit Sicherheit so, als spielte er es jetzt – mit Chutsky, mit Doakes und den Übrigen. Es war vollkommen absurd und gleichzeitig das Einzige, das Sinn ergab.
    Dr. Danco spielte Galgenmännchen.
    »Nun«, sagte er und kauerte sich wieder neben mich. »Wie hält sich Ihr Freund Ihrer Meinung nach?«
    »Ich glaube, Sie haben ihn überfragt«, erwiderte ich.
    Er legte den Kopf auf die Seite, und seine kleine trockene Zunge schnellte heraus und glitt über seine Lippen, während er mich mit seinen großen Augen hinter den dicken Brillengläsern unverwandt anstarrte. »Bravo«, sagte er und tätschelte erneut meinen Arm. »Meiner Ansicht nach glauben Sie nicht wirklich, dass Ihnen dasselbe passieren wird«, sagte er. »Vielleicht wird Sie eine Zehn überzeugen.«
    »Kommt ein E darin vor?«, fragte ich, und er wich leicht zurück, als wäre etwas Unangenehmes von meinen Socken aufgestiegen.
    »Nun«, sagte er, noch immer ohne zu blinzeln, und etwas wie ein Lächeln krümmte seine Mundwinkel. »Ja, drei Stück. Aber Sie haben natürlich geraten, ohne an der Reihe zu sein, deshalb …« Er zuckte die Achseln, eine winzige Geste.
    »Sie könnten es als Fehlversuch werten – für Sergeant Doakes«, schlug ich vor, äußerst hilfsbereit, wie ich fand.
    Er nickte. »Sie mögen ihn nicht. Ich verstehe«, sagte er und runzelte ein wenig die Stirn. »Aber selbst dann sollten Sie größere Angst haben.«
    »Angst wovor?«, fragte ich. Meine Tapferkeit war natürlich nur gespielt, aber wie oft erhält man schon die Gelegenheit zu einem Geplänkel mit einem echten Schurken? Und der Pfeil schien getroffen zu haben, denn Danco starrte mich einen langen Moment an, ehe er gemächlich den Kopf wiegte.
    »Nun, Dexter«, sagte er. »Ich sehe, dass wir noch alle Hände voll zu tun haben werden.« Er
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