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Dunkle Spiegel

Dunkle Spiegel

Titel: Dunkle Spiegel
Autoren: M Rucket
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merkwürdig das auch klang. Es war der Triumph, wenn man dann mit Abschluss eines Falls wieder einmal gesiegt hatte. Doch leider gehörte zu unserer Jagd inzwischen auch eine Unmenge von Papierkram und Konferenzen mit zum Geschäft - ein leidiges Thema, dem ich mich so oft wie möglich zu entziehen versuchte. Nicht etwa, weil ich keinen Wert auf Kooperation zwischen den einzelnen Dienstgraden und Zuständigkeitsbereichen legte, sondern einfach weil ich zu häufig die Erfahrung gemacht hatte, dass mit solchen Sachen viel Zeit verschwendet wurde.
    Zuviel Zeit.
    Und Zeit war ein Luxus, den man sich heute weniger denn je leisten konnte. Doch statt dass im Zeitalter moderner Kommunikation und immer neuer Technologie alles etwas schneller laufen würde, wurden die Dienstwege immer länger und der Papierkram erreichte Stapelhöhen, die jedes Jahr auf´s neue für einen neuen Eintrag im Guiness-Buch der Rekorde gereicht hätten.
    Als der Aufzug mein Stockwerk erreichte, entließ er mich wiederholt mit einem leisen Klingeln, bevor er sich fast geräuschlos wieder schloss und gnadenlos verschwand. Die typische Geräuschkulisse aus Geklimper auf Computertastaturen und Telefongeklingel neben leisem Stimmenwirrwarr hüllte mich ein. Hier waren schon einige Detectives bei der Arbeit.
    Von der einen oder anderen Stelle bekam ich einen kurzen Gruß zugeworfen, den ich brummend mit einer leichten Handbewegung erwiderte. Mir war, als hinge ein Zentnergewicht an meinem Handgelenk, so dass jede Bewegung einer enormen Kraftanstrengung gleichkam. Einige dieser Männer hatten ihre Nachtschicht bald hinter sich, würden nach Hause fahren, sich ins Bett legen und schlafen, bevor sie sich vermutlich mittags ein großes Steak in die Pfanne hauen und ein Budweiser genehmigen würden.
    Ein leises Gefühl von Neid beschlich mich, wenn ich vor allem an ihren Schlaf dachte!
    Ich hatte schlecht geschlafen.
    Oder besser gesagt: überhaupt nicht, wieder einmal. Wie so häufig in den letzten zweieinhalb Monaten. Wie lange konnte ein Mensch bei klarem Verstand bleiben, ehe er an Schlaflosigkeit seinen Verstand verliert? Ich musste mal jemanden fragen, der sich damit auskannte. Oder es “googeln”, wie das jetzt alle sagten.
    Ich schlurfte müde an den Schreibtischen vorbei, bis ich den langen, eintönig cremegelben Gang erreichte, der mich in den Teil des Gebäudes brachte, von wo aus die Mordkommission tätig war. Hier trennte sich nun die Welt der Polizisten, die ihre Schreibtische mehr liebten als ihre Waffe und ihrem Kugelschreiber mehr vertrauten als ihrem Spürsinn, von der der Detectives und Spezialisten, die sich täglich neue Tatorte ansehen mussten und die immer wieder auf´s Neue mit Schrecken feststellen mussten, dass es immer noch eine Steigerung an verbrecherischem Intellekt gab. Ich war froh, dass es sie gab, die braven, vielbeschäftigten Schreibtischarbeiter - denn schließlich musste ja auch diese Arbeit von irgendjemandem erledigt werden.
    Ob ich das lieber gemacht hätte, wenn ich je vor die Wahl gestellt worden wäre? Noch ehe ich mir mehr Gedanken über eine Antwort auf diese Frage machen konnte, drangen eigenartige und ungewöhnliche Töne an mein Ohr. Musik, wie ich verwundert feststellte.
    Musik? Hier? Und dann noch um diese Zeit?
    Ich ging den Gang weiter entlang. Als ich um die Ecke kam öffnete sich der Gang in eine Art Vorraum, der Zugang zu mehreren Türen gab. Die Büros und Arbeitsräume der anderen Detectives. Ich blieb stehen. Ganz eindeutig hörte ich Musik. Rhythmisch. Schnell. Und dazu recht laut. Salza?
    Ich reckte den Kopf vorsichtig um die Ecke in die Richtungen der einzelnen Türen. Jetzt konnte ich die Quelle ganz klar lokalisieren. Sie kam aus dem Raum, in dem ich seit nunmehr zweieinhalb Monaten fast ununterbrochen täglich war. Ein Arbeitsraum, in dem die Fakten über einen aktuellen Fall zusammengetragen wurden.
    Ich ging vorsichtig näher. Die Tür war nicht ganz geschlossen, sondern einen kleinen Spalt weit geöffnet. Nun konnte ich die Musik deutlich hören.
    Es waren Songs, die ich aus dem Kultfilm Dirty Dancing kannte. Den mochte sogar ich! Dreimal hatte ich ihn im Kino gesehen. Und ein Exemplar stand als Videokassette neben meinen Büchern über Ermittlungstechniken.
    Mit dem Zeigefinger gab ich der Tür einen leichten Schubser. Unhörbar schwang sie nach innen auf. Die Tische, die für gewöhnlich in dem kleinen Raum standen, waren zusammengeschoben worden. An der Wand hingen die mir nur allzu
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