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Dunkle Sehnsucht

Dunkle Sehnsucht

Titel: Dunkle Sehnsucht
Autoren: Jeaniene Frost
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auch von dem plötzlichen Ghul-Zustrom in meinem alten Heimatstaat gehört, und dazu kamen noch Berichte über vermisste Vampire.
    »Hey, das hier ist ein Tummelplatz für Untote«, fuhr Scratch fort, dem mein Unbehagen nicht aufgefallen war.
    »So viele Ley-Linien und tolle Vibes, also haben wir uns nichts gedacht, als all die Körperfresser aufgetaucht sind.
    Aber ein paar von denen sind echt fies zu Vampiren. Mobben die herrenlosen, verfolgen sie bis nach Hause, fangen Streit an, ... da haben wir uns gedacht, dass sie vielleicht etwas mit den verschwundenen Vampiren zu tun haben. Das Problem ist, dass es niemanden kratzt, weil wir keinen Meister haben.
    Wundert mich, dass es euch interessiert, ehrlich gesagt.«
    »Ich habe meine Gründe«, antwortete Bones wieder in diesem gleichgültigen Tonfall. Mich sah er nicht einmal an. Er hatte jahrhundertelange Übung im Vortäuschen von Teil-nahmslosigkeit. Ed und Scratch würden nicht vermuten, dass wir eigentlich wissen wollten, ob das feindselige Verhalten einiger Ghule - und das Verschwinden der Vampire - mit meinem Status als seltsamster Vampir der Welt zusammenhing.
    »Wenn ihr Geld wollt, wir haben nicht viel«, meldete sich Ed zu Wort. »Übrigens dachte ich, du würdest nicht mehr als Auftragskiller arbeiten, seit deine Sippe sich mit der dieses Mega-Meisters vereinigt hat.«
    Bones zog die Augenbrauen hoch. »Versuch, nicht zu oft nachzudenken, sonst tust du dir am Ende noch was«, gab er munter zurück.
    Eds Gesicht verfinsterte sich, aber er hielt den Mund.
    Ich musste mir ein Lächeln verkneifen. Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul - erst recht nicht, wenn er bissig ist.
    »Könnt ihr irgendwie beweisen, dass Ghule hinter dem Verschwinden eurer Freunde stecken?«, fragte ich Scratch, um aufs Thema zurückzukommen.
    »Nein. Kommt uns nur nicht wie purer Zufall vor, dass die Verschwundenen zuletzt immer an einem der Orte gesehen wurden, an dem diese Drecksghule sich herumtreiben.«
    »Was für Orte?«, wollte ich wissen.
    »Bars, Clubs ...«
    »Namen«, drängte Bones.
    Scratch begann eine Liste herunterzurattern, aber mit einem Mal ging seine Stimme in einer Vielzahl von anderen unter.
    »... noch vier Stunden, bis ich Pause machen kann ...«
    »... hab ich den Kassenzettel? Wenn es nicht passt, bringe ich es zurück ...«
    »... wenn sie noch ein einziges Paar Schuhe anprobiert, schreie ich ...«

    Das störende Stimmengewirr kam nicht von den Gesprä-
    chen der Einkaufenden um uns herum - die hatte ich schon ausgeblendet, bevor ich mich gesetzt hatte. Es war in meinem Kopf. Wie vom Blitz getroffen zuckte ich zusammen und fuhr mir mit der Hand an die Schläfe.
    O Scheiße. Nicht schon wieder.

    »Was ist, Kätzchen?«, fragte Bones sofort.
    Ed und Scratch warfen mir ihrerseits besorgte Blicke zu. Ich rang mir ein Lächeln ab, bemüht, mich auf sie statt auf das Durcheinander aus Stimmen zu konzentrieren, das plötzlich in meinem Kopf herrschte.
    »Ist, äh, bloß ein bisschen heiß hier draußen«, murmelte ich. Keinesfalls würde ich zwei wildfremden Vampiren mein eigentliches Problem offenbaren.
    Bones' Blick wanderte über mein Gesicht, seinen dunkelbraunen Augen entging nichts, während die Stimmen in meinem Kopf unerbittlich weiterschnatterten.
    »... niemand hat was gesehen. Hoffentlich kriege ich die Diebstahlsicherung ab ...«
    »... dem werde ich bald einen Grund zum Heulen geben ...«
    »... wenn sie in fünf Minuten nicht auftaucht, esse ich alleine ...«
    »Ich, äh, brauche frische Luft«, stammelte ich, bevor mir auffiel, wie bescheuert das klang. Erstens waren wir schon draußen, und zweitens war ich ein Vampir. Zu atmen brauchte ich nicht mehr, und irgendwelche Gesundheits-probleme, auf die ich mein sonderbares Verhalten schieben konnte, hatte ich erst recht nicht.
    Bones erhob sich, nahm mich beim Ellbogen und warf Ed und Scratch über die Schulter hinweg ein knappes »Bleibt hier« zu.
    Ich ging mit schnellen Schritten, versuchte, mich auf den kühlen Druck von Bones' Hand statt auf unsere Gehrich-tung zu konzentrieren. Den Kopf hielt ich gesenkt, weil meine Augen vor Aufregung bestimmt grellgrün waren. Klappe halten, Klappe halten, Klappe halten, beschwor ich die un-gebetene Gesellschaft in meinem Kopf.
    Der Aufruhr in meinem Innern schien das Lärmen der uns umgebenden Menschenmenge zu potenzieren, bis alles zu einer Art weißem Rauschen verschmolz. Immer stärker wurde es, überlagerte alle anderen Sinneseindrücke, sodass
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