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Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad

Titel: Dunkle Schwinge Bd. 2 - Der dunkle Pfad
Autoren: Walter H. Hunt
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alte Weise, der mit den Grenzen kämpfte, die ihm sein verbrauchter Körper setzte, während der erhabene Gesandte des Hohen Nestes Gleichgültigkeit vortäuschte. Er und T’te’e waren lange Zeit Freunde gewesen, doch S’reth erinnerte sich auch an andere Hohe Kämmerer aus früheren Generationen, die nun im leuchtenden Kreis von esLi versammelt waren.
    S’reth konzentrierte sich nicht länger auf die Anstrengungen des Fliegens, sondern überlegte, welche Gefühle diese Erinnerung in ihm weckte. T’te’e – ha T’te’e, hielt er sich vor Augen – war seit vielen Zyklen der Hohe Kämmerer, lange genug, um noch mit den letzten sorgenvollen Jahren aus der Zeit des Vaters des Hohen Lords hi Ke’erl vertraut zu sein. Als junges Ratsmitglied musste ha T’te’e ohne esLis führende Kralle den Flug des Volks überwachen. Es war eine schwierige Situation – sogar für einen außergewöhnlich talentierten Fühlenden. Damals wie heute musste er seine Flügel in einer Pose der Nachdenklichen Betrachtung ausrichten und darauf warten, welche Ereignisse auf ihn zukamen, ohne dabei die Leere erkennen zu lassen, die er zweifellos verspürte.
    S’reth befand sich nur noch wenige Meter unterhalb der Position von T’te’e und konnte den besorgten Blick des Jüngeren sehen, als er auf gleiche Höhe mit ihm kam und langsam in die Pose der Hochachtung gegenüber dem Diener von esLi ging – was für einen Zor in seinem Alter mitten im Flug eine beachtliche Leistung war –, ehe er sich neben dem Hohen Kämmerer niederließ. Da er seine rituelle Pflicht erfüllt hatte, griff er nach einem verzierten Krug und schenkte sich mit zitternden Händen einen Becher egeneh ein. Er tauchte eine Kralle in die Flüssigkeit und schrieb ein Zeichen der Ehrerbietung in die Luft.
    »esLiHeYar « , flüsterte er und nippte an dem Likör, wobei er über den Becherrand hinweg den Hohen Kämmerer ansah.
    »Ich bin dankbar dafür, dass du herkommen konntest, Älterer Bruder«, sprach T’te’e förmlich und hielt seine Flügel in der Haltung der Höflichen Achtung.
    »Ich stehe dem Hohen Nest immer zur Verfügung«, erwiderte S’reth und brachte seine Flügel in eine Haltung, die keinen bestimmten Namen besaß, aber eine feine Ironie vermittelte. »Allerdings wäre ich dankbar, Jüngerer Bruder, wenn du mich das nächste Mal früh genug vorwarnen könntest. Dann hätte ich Zeit genug, mich einem Krafttraining zu unterziehen, ehe ich herkomme, um meinen Respekt zu bekunden.«
    T’te’e schnaubte amüsiert. »Ich bitte achttausendmal um Verzeihung, alter Freund. Ich habe meine Gründe, dich formell einzuladen, anstatt dich in deinem Horst auf Cle’eru zu besuchen.«
    »Man hört Gerüchte.« S’reth stellte den egenefe-Becher zur Seite. »Also, wie geht es dem Hohen Lord?«
    »Offiziell? Oder die Wahrheit?«
    »Ich habe nicht mein Zuhause verlassen und bin acht Parsec weit gereist, um bis in die höchsten Höhen dieser esLi verlassenen Kammer zu fliegen, weil ich offizielle Neuigkeiten hören will, mein Freund. Ich nehme an, der Raum ist bewacht und geschützt. Was spielt sich im Hohen Nest wirklich ab?«
    »hi Ke’erl ist … sein Innerer Friede besteht nicht mehr. Er kann die esGa’uYal überall wahrnehmen, sogar bei den Heimatsternen. Er vermutet hinter jeder Schwinge eine Verschwörung. Die täglichen Zeremonien führt er nicht mehr durch, auch wenn die Geschäfte im Nest weitergehen.«
    »Wer weiß davon?«
    »Der Innere Rat, der imperiale Gesandte, hi Ke’erls Partnerin und seine Erben. Und nun du.«
    »Der Rat der Elf nicht?«
    »In esLis Namen, se S’reth! Es gibt nicht einen einzigen der Ratsherrn, dem ich dieses Wissen anvertrauen würde, nicht einmal dem Sprecher der Jungen. Keiner von ihnen darf etwas erfahren, solange …«
    »Solange was? Du kannst sie nicht für alle Zeit im Unklaren lassen, alter Freund. Ganz gleich, aus welchen Motiven du handelst, sie werden mit Zorn reagieren, wenn ihnen dieses Wissen zu lange vorenthalten wird. Selbst wenn du die elf Nestlords herabzusetzen wünschst, wird der Sprecher der Jungen dir im Genick sitzen …!«
    »Als du der Sprecher der Jungen warst, se S’reth, war der Rat der Elf stark und mächtig. Heute ist er alt und kraftlos. Ich halte es nicht für nötig, mich mit Narren abzugeben.«
    »›Narren‹.« S’reth griff nach dem Becher und nahm einen Schluck. Die Flüssigkeit brannte wohltuend in seiner Kehle. »Denkst du inzwischen so, ha Tte’e? Dass es im Nest nur noch zwei
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