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Dunkle Materie

Dunkle Materie

Titel: Dunkle Materie
Autoren: Aner Shalev
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Champagnerflasche vom Duty-free entdeckten, hatte ich Angst, sie würden sie konfiszieren.
    Und Adam fragte, was, hast du Champagner mitgebracht? Und Eva sagte, was, hast du meine letzte Mail nicht bekommen? Ich habe dir heute eine Mail geschickt, ein paar Stunden vor dem Abflug, und er erinnerte sich wieder an den Moment, als er am Morgen vor seinem Rechner im Konsulat gesessen hatte und der Taxifahrer unten auf ihn wartete, und wie er beinahe die Mail gelesen hatte und es aus irgendeinem Grund dann doch nicht tat, und er sagte, ich hatte heute leider keine Möglichkeit, meine Mails zu lesen, vielleicht sagst du mir, was du geschrieben hast? Und Eva sagte, lass uns gehen, ich habe hier schon genug Zeit verbracht und du bestimmt auch, lass uns gehen, ich erzähle dir später, was ich geschrieben habe, ich erzähle dir alles unterwegs.
    Mit beiden Händen schob er den Wagen, auf dem ihr großer blauer Koffer lag, und sie sagte, gib ihn mir, ist schon in Ordnung, und er sagte, nein, ich mach das, und sie fragte, bist du sicher? Und er sagte, ja, nur dass ich dich nicht umarmen kann, wenn ich den Wagen schiebe, und sie sagte, Hauptsache, ich kann dich umarmen, und so gingen sie einige Minuten, ihr rechter Arm lag um seine Hüfte, seine Hände auf dem Griff des Wagens, plötzlich sagte sie, macht es dir etwas aus, wenn ich mich kurz auf den Wagen setze? Und er fragte, geht es dir nicht gut? Sie sagte, ich bin ein bisschen schwach, ich würde mich gern auf den Wagen setzen, wenn es geht, und er sagte, natürlich geht das, und hielt einen Moment an, sie setzte sich auf den blauen Koffer und er spürte,dass es ihm leichter fiel, den Wagen zu schieben, wenn sie darauf saß, vielleicht, weil er dann mehr Schwung bekam, und sie sagte, als ich ein Kind war, bin ich gern auf solchen Wagen gefahren, und er fragte, auf den Wagen vom Supermarkt? Und sie sagte, nein, am Flughafen, und er fragte, bist du viel geflogen? Und sie sagte, nein, nur mein Vater, aber wenn ich mit ihm zum Flughafen fuhr, durfte ich zur Belohnung auf solchen Wagen fahren, er hat den Wagen möglichst schnell geschoben und ich habe geschrien vor Aufregung und Angst.
    Sie gingen an einer Bar vorbei, und Eva sagte, es gibt etwas, was ich dir erzählen wollte, und Adam fragte, willst du etwas trinken? Und sie sagte, lass uns von hier weggehen, und fing an zu husten, und er fragte, bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Und sie sagte, mach dir keine Sorgen, vielleicht bin ich einfach allergisch gegen diesen Flughafen, und sie hustete wieder, und er sagte, vielleicht hilft dir eine Tasse Tee, und sie sagte, ja, im Hotel, und die Art, wie sie das sagte, umhüllte ihn mit einem süßen Gefühl. Sie hatte es so selbstverständlich gesagt, als wären sie schon jahrelang zusammen, als wäre es nicht die erste gemeinsame Nacht, als hätten sie eine Geschichte von hunderten von gemeinsamen Nächten und von hunderten Tassen Tee, er ließ es sich durch den Kopf gehen, wie man sich ein Lied auf einer Kassette immer wieder anhört, ja, im Hotel, ja, im Hotel, ja, im Hotel.
    Im Taxi konnten sie sich schon umarmen, sie küssten sich und streichelten sich auf dem Rücksitz, erst zärtlich, dann eindringlicher, ungeduldiger, sie ignorierten die Blicke des Taxifahrers im Spiegel, und als er ihren Hals küsste, spürte er, dass etwas an ihr anders war, dass sie zu warm oder vielleicht zu kalt war. Er erinnerte sich, wie er zum ersten Mal ihre Hand berührt hatte, sie war sehr kalt gewesen, und diese Kälte hatte ihm gefallen, sie hatte etwas Reines, Unverdorbenes, und vielleicht hatte sie ihn auch an die kalten Hände seines Vaters erinnert, doch nun, im Taxi, war er schon nicht mehr so sicher, ob es an der Temperaturlag oder an etwas anderem, vielleicht an ihrer Blässe? Und als sie wieder anfing zu husten, hörte er etwas Tiefes in ihrem Husten, etwas, was man bei einer normalen Erkältung nicht hört.
    Vielleicht solltest du zu einem Arzt gehen, schlug er vor, sie sagte, lass uns im Hotel darüber reden, als wäre dies der einzige Gedanke, den sie ausdrücken konnte, als befänden sie sich in einer Art Warteschleife fürs Hotel, eine Wartezeit, die alles verschob, in einer Art Winterschlaf, aus dem sie erst im Hotel aufwachen würden, aber ihr tiefes Husten und die Tatsache, dass sie den Vorschlag, zum Arzt zu gehen, nicht sofort abgelehnt hatte, bedeuteten nichts Gutes. Und er dachte,
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