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Dunkle Gewaesser

Dunkle Gewaesser

Titel: Dunkle Gewaesser
Autoren: Joe R. Lansdale
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seine Nasenspitze und seine Lippen war weggepickt worden. Wenn er früher gestunken hatte, dann stank er jetzt doppelt so heftig.
    Als Terry wieder so weit bei Kräften war, dass er Mama nicht allzu sehr zur Last fallen würde, schossen wir ein paar Eichhörnchen auf Vorrat, auch wenn wir wussten, dass sie nicht mehr als ein paar Tage hielten, bevor sie ranzig wurden. Aber drei Tage am Stück würden sie essbar bleiben. Außerdem sammelten wir Beeren und wilde Trauben und ließen Mama das Gewehr. Sie würde sich gut um Terry kümmern, vorausgesetzt, sie erinnerte sich daran, was es hieß, eine Mutter zu sein. In letzter Zeit hatte sie das ganz gut hingekriegt.
    Ich und Jinx holten uns was von dem Geld aus dem Kübel, nur für den Fall, dass wir es brauchten. Ich nahm das Beil und Jinx die Pistole, und damit machten wir uns auf den Weg. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis wir die Straße erreichten; fast zwei Tage. Wir schliefen im Freien unter den Bäumen, und wenn wir aufwachten, krabbelten haufenweise rote Käfer auf uns rum, vor allem an Stellen, über die ich nicht reden möchte. An der Straße ließen wir die Pistole und das Beil zurück, schließlich wollten wir, dass uns jemand mitnahm.
    Das hätten wir uns allerdings sparen können, denn wir gingen den ganzen Tag zu Fuß, ohne dass ein Wagen die rote Lehmpiste entlanggekommen wäre, jedenfalls nicht, bis wir bereits einen Ort sehen konnten, und von da war es nicht mehr weit. Bei dem Ort handelte es sich um Gladewater.
    »Da wären wir«, sagte Jinx.
    »Macht nicht viel her, was?«
    »Nee, nicht unbedingt.«
    Aber als wir näher kamen, sahen wir, dass der Ort doch einige richtige Straßen hatten, an denen einige Gebäude standen und von denen weitere unbefestigte Straßen abzweigten, und wir sahen einen Busbahnhof, vor dem ein großer Bus hielt.
    Wir stapften weiter, und auf der Hauptstraße sprachen wir als Allererstes einen Mann an, der seinen Wagen gerade vor dem Gemischtwarenladen geparkt hatte. Wir fragten ihn, wo wir einen Gesetzeshüter finden konnten. Er deutete auf die Polizeiwache, bei der es sich um ein ganz gewöhnliches Haus handelte, vor dem ein ramponierter schwarzer Ford stand.
    An der Tür hing ein Schild, auf dem die Worte bitte eintreten prangten, also traten wir ein. Ein pummeliger kleiner Mann mit ganz viel schwarzen Haaren saß an einem Schreibtisch, der mit zusammengefaltetem Papier unter den Beinen im Lot gehalten wurde. Er hatte eine Fliegenklatsche in der Hand und fuchtelte damit herum, aber mehr aus Langeweile, wie mir schien.
    Auf dem Schreibtisch lag ein großer weißer Hut, der aussah, als würde sein Kopf zweimal reinpassen; vielleicht hatte er früher einem Kürbis gehört. Neben dem Hut lagen ein Notizblock und ein Bleistiftstummel. Der Mann trug normale Arbeitskleidung, aber an seinem Hemd war ein Dienstabzeichen befestigt, und in einem Holster an seiner Hüfte steckte eine 45er. Was nicht zu übersehen war, denn als wir eintraten, stand er auf und fragte: »Na, habt ihr was auf dem Herzen?«
    »Das können Sie laut sagen«, erwiderte ich. »Wir müssen Ihnen unbedingt was erzählen.«
    Er musterte uns eingehend und sagte dann, wir sollten uns hinsetzen. Er rückte seinen Gürtel zurecht, damit sein Bauch damit leben konnte, setzte sich ebenfalls, knallte einen Stiefelabsatz, an dem ein Haufen Stroh und Kuhscheiße klebte, auf den Rand des Schreibtischs und lehnte sich zurück. Die Fliegenklatsche legte er sich über die Schulter wie ein Gewehr. Er erklärte uns, dass erCaptain Burke war, ein interessanter Titel, denn wie sich herausstellte, war er der einzige Polizist in Gladewater. Wahrscheinlich war er auch sämtliche Lieutenants oder was es sonst noch gab.
    Ich wollte ihn schon auf die Kuhscheiße hinweisen, überlegte es mir dann aber anders und schaute nur zu, wie die Fliege, nach der er halbherzig geschlagen hatte, darauf landete.
    »Du siehst aus, als hätte dich jemand in Stacheldraht eingewickelt«, sagte er, »oder als hättest du dich mit einer großen Katze gebalgt.«
    »Dornen«, sagte ich und erklärte ihm dann, warum wir hier waren.
    Ohne May Lynn auch nur zu erwähnen, erzählten wir ihm, wie ich und meine Mama von zu Hause weggelaufen waren, weil ihr Mann – mein Stiefvater – ein gemeiner Kerl war, und dass Jinx uns begleitete, um uns zu helfen. Auch von Terry erzählten wir ihm und dass er ebenfalls vor einem gemeinen Stiefvater weggelaufen und ihm dann ein Finger abgehackt worden war, wie dieser Finger
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