Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)

Titel: Dunkle Diamanten (Shades of Brilliance) (German Edition)
Autoren: E.L. Jannings
Vom Netzwerk:
stehen. Der packte ruhig und sehr konzentriert einen kleinen Rucksack zusammen.
    „Du weißt genau, dass ich dich nicht aus einer sentimentalen Laune heraus allein weiterreisen lasse. Und was die Piraten auf der „Burundi” betrifft, da werden eine ganze Menge von denen zuerst als Wasserleichen im Atlantik schwimmen, bevor du über Bord gehst. Du kannst sehr gut auf dich allein aufpassen. Ich habe das Boot angeheuert, es läuft um ein Uhr nachts mit der Flut aus. Ich werde meinen Entschluss nicht ändern. Du fährst nach Kapstadt, ich gehe in die Wüste und suche Robert. So einfach ist das. Wenn wir uns wiedersehen, haben wir beide Gewissheit. So oder so. Wenn das alles vorbei ist und du wieder zu dir selbst gefunden hast, wirst du mir dankbar sein. Gib mir bitte zwei von den Munitionsschachteln rüber, die Buschmänner haben mir diesmal keine Giftpfeile dagelassen.”
     
    *****
     
    Robert zog die Maultiere hinter sich den Sandberg hinauf. Das Licht des vollen Mondes war so hell, dass er keine Schwierigkeiten hatte seine Spur zurückzuverfolgen. Er war erschöpft von den Wundschmerzen und dem Grauen, das er hinter sich hatte. Aber er wollte Distanz zwischen sich und diesen schrecklichen Ort bringen. Das trieb ihn an und setzte seine letzten Kraftreserven frei. Als er die Talsohle erreicht hatte, drehte er sich ein einziges Mal um. Der Sandberg lag wie mit silbrigem Samt überzogen, und nichts deutete darauf hin, was sich hinter ihm verbarg. Er war wieder frei. Noch nicht gerettet, noch lange nicht am Ziel, aber wenigstens frei. Eigentlich hätte er auf die Knie sinken und vor Erleichterung weinen oder vor Dankbarkeit beten sollen. Stattdessen stieg er, so schnell er konnte, in den Sattel und trieb die Maultiere zurück. Er musste wieder in bewohntes Gebiet kommen, an den Fluss, bevor ihm das Wasser ausging, oder bevor er endgültig zusammenbrach. In der kalten, hellen Nacht konnte er eine viel größere Wegstrecke zurücklegen, als in der Glut des Tages. Die Tiere witterten das Wasser des Flusses, lange bevor sie ihn erreichten. Das würde sie antreiben. Er durfte unter keinen Umständen auf halbem Weg zusammenbrechen. Er wusste nicht, wovor er sich mehr fürchtete, allein in der Wüste an Durst und Wundbrand zu sterben oder noch einmal von jemandem gerettet zu werden, den der Inhalt des Beutels zur Bestie werden ließ.
    Es war nach Mitternacht, als er den Lagerplatz erreichte, wo er mit Plaatje am Abend zuvor campiert hatte. Er sah die verkohlten Reste des Lagerfeuers, Stiefel- und Hufabdrücke im Sand. Robert lachte leise auf und ein Gefühl des Stolzes beschlich ihn. Er begann zu akzeptierten, dass er fähig war grausam zu sein, dabei ließ er es für den Augenblick bewenden. Wenn es so etwas wie eine natürliche Unschuld gab, dann hatte er sie für immer verloren, hier, im sauberen Sand der Wüste. Er gab den Tieren Wasser und aß kalte Bohnen aus der Büchse. Dann nahm er den letzten vollen Wasserkanister und trieb die Tiere weiter hinein in die Nacht, auf dem kürzesten Weg zum Oranje-Fluss. Im Morgengrauen war er im Sattel in einen fiebrigen Dämmerzustand gefallen, aber die Maultiere hatten die Witterung des Wassers aufgenommen und fanden ihren Weg von selbst. Er überließ sie ihrem Instinkt und versuchte, so bequem wie möglich im Sattel zu sitzen und mit seinen wenigen Kräften so gut es ging hauszuhalten. Er wehrte sich gegen den Schlaf und sang laut vor sich hin. Alle Lieder, die ihm einfielen. Es waren überraschend viele für einen unmusikalischen Menschen: Kinderlieder, Kirchenlieder, Soldatenlieder, Gassenhauer aus Berlin. Als die Glutwelle sich mit voller Wucht niedersenkte, trübte sich sein Blick. Sein Kopf füllte sich mit einem schweren Rauschen, und er musste sich in immer kürzeren Abständen mit der flachen Hand ins Gesicht schlagen, um nicht das Bewusstsein zu verlieren. Er trank den letzten Rest des Wassers. Der Fluss musste bald kommen. Dann konnte er ins kalte Wasser kriechen und trinken, trinken, trinken. Es war zu schaffen, wenn sie nur bald den Fluss erreichten. Er fing wieder an zu singen, zwischendurch sprach er mit seinen Maultieren, erklärte Ihnen, dass er sie liebte und niemals zurücklassen würde. Er redete und sang mit geschlossenen Lidern, denn das Sonnenlicht tat ihm in den Augen weh. Den Hut hatte er schon lange verloren. Die Haut in seinem Gesicht warf dicke Blasen, und die Lippen fühlte er nicht mehr. Mit den Beinen umklammerte er den Leib des Maultiers, sein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher