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Dunkel wie der Tod

Dunkel wie der Tod

Titel: Dunkel wie der Tod
Autoren: P.B. RYAN
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ihr ab. Sein Griff um ihren Hals war unerbittlich.
    Sie legte ihm beide Hände flach auf die Brust, drückte ihn so fest sie konnte in die Kissen, in der Hoffnung, der Kolben möge sich durch den Druck ganz in die mit Morphium gefüllte Spritze hineinschieben.
    Adam verzog ungläubig das Gesicht, ließ von ihr ab und sah voller Bestürzung zu ihr auf. Schlaff fielen seine Hände herab, still lag er da.
    Dann bäumte er sich auf und verdrehte die Augen. Er zuckte wild, als würde man eine Marionette kurz und rasch an ihren Fäden ziehen, hatte den Mund weit aufgerissen, als flehe er um Luft.
    Das alles war binnen Sekunden vorbei. Nachdem der Todeskampf vorüber war, trafen sich ihre Blicke ein letztes Mal – ein Ausdruck staunender Verwunderung lag auf seinem Gesicht, und seine Augen waren wieder so sanft und wehmütig wie beim ersten Mal, da sie ihm begegnet war.
    Dann aber brach sich sein Blick, und auch der letzte Atemhauch wich mit einem leisen Seufzer aus ihm. Sein Körper erschlaffte, sein Gesicht nahm fast im selben Moment noch die wächserne Totenblässe an – ein Phänomen, das ihr nicht unbekannt war.
    Seit das Morphium in seine Blutbahn gelangt war, hatte er keinen Laut mehr von sich gegeben.
    Nell hielt prüfend zwei Finger an seine Halsschlagader … nichts, natürlich nicht.
    Nun atmete sie selbst leise seufzend tief aus. „Oh Gott“, flüsterte sie und bekreuzigte sich. „Danke.“
    Mit bebenden Fingern löste sie die Fessel um ihren Hals und wurde sich nun auch wieder des dumpfen Polterns und erstickten Stöhnens bewusst, das vom Sofa her zu ihr drang. Will! Er wusste ja nicht, was soeben geschehen war. Wahrscheinlich hatte er Adams Triumphschrei gehört, als der sich auf sie gestürzt und sie zu würgen begonnen hatte. Er musste den verzweifelten Kampf mitbekommen haben – und nun Stille. Nahm er an, dass sie tot war?
    Just als sie den Bettvorhang zurückzog und aufstand, hörte sie das laut berstende Splittern von Holz.
    Will, noch immer geknebelt, schaute auf von seinen Bemühungen, seine mittlerweile wundgescheuerten Handgelenke aus den Fesseln zu befreien – die Füße hatte er soeben freibekommen, weil er die Armlehne vom Sofa getreten hatte –, sah Nell, und ihre Blicke trafen sich. Einen schier unendlich scheinenden Moment sahen sie sich an, dann schloss er die Augen und sackte in sich zusammen, stieß einen erstickten Laut aus.
    Sie ging zu ihm, und es kümmerte sie nicht, dass sie nur spärlich bekleidet war, dass ihr Korsett halb offen stand, ihr Haar lang herabhing, dass sie blutete und vor Angst, Kälte und Schock am ganzen Leib zitterte. Auf dem niedrigen Tisch neben ihm lagen ihr Hut und ihre Handschuhe sowie das Skalpell. Sie nahm es, durchtrennte die Schnüre und befreite Will von Fesseln und Knebel.
    â€žOh Nell …“ Er schloss sie in seine Arme, zog sie an sich und hielt sie so fest, dass ihr der Atem stockte. Seine Augen schimmerten feucht, und auch er zitterte und bebte am ganzen Leib. „Gott sei Dank. Danke. Danke …“
    Er vergrub seine Hände in ihrem Haar, schmiegte seine bartstoppelige Wange an die ihre, die feucht war von Tränen – wie die seine. Es dauerte eine Weile, bevor sie einander wieder aus den Armen ließen.

22. KAPITEL
    â€žEr hat mich so was von getäuscht“, stellte Duncan fest, als er Nell am folgenden Nachmittag am Tisch des Besuchszimmers gegenübersaß. Sein Gesicht war stark geschwollen, auf der Stirn hatte er eine dick verschorfte Platzwunde und blau verfärbte Prellungen. Knebel und Zwangsjacke waren verschwunden – jedoch durch eine gestreifte Gefängnisuniform ersetzt worden.
    â€žAdam hat uns alle getäuscht“, erwiderte sie. „Sogar sich selbst.“
    â€žIch würd’ ihm all das bestimmt niemals erzählt haben – das von dir und mir und was wir damals gemacht haben und den ganzen Kram …“
    â€žIch weiß.“
    â€žIch hab eben gedacht, dass er mir helfen könnte, dich zurückzubekommen – mir Ratschläge geben und so. Deshalb hab ich von Virgil wissen wollen, wo du lebst und wie. Ich hab mir gedacht, wenn ich erst mal auf Bewährung draußen bin, dass dann du und ich … also, vielleicht …“
    Nell senkte den Blick und betrachtete ihre behandschuhten Hände, während sie ihm antwortete: „Wir haben verschiedene Wege
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