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Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
Autoren: Moritz Matthies
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gern von Elsa hören«, sage ich.
    Barney lacht dröhnend. »Du bist nicht in der Position, Forderungen zu stellen, Erdmännchen.« Wieder ein Zeichen von ihm, wieder ein harter Schlag. Ich huste und spucke Blut auf den Boden.
    In Elsas Augen sind Tränen zu sehen.
    »Sind wir uns einig?«, fragt Barney.
    »Leck mich! Beutelratte«, antworte ich.
    Wieder gibt Barney ein Zeichen, und wieder bringt sich einer seiner Leute in Position, um mir einen neuerlichen Schlag zu versetzen.
    Ich hebe zum Schutz den Vorderlauf, im gleichen Moment wird mein Widersacher von einem gigantischen Peitschenhieb ans andere Ende des Flamingogeheges katapultiert. Die beiden anderen Schläger weichen zurück, der Schreck ist ihnen ins Gesicht geschrieben.
    Ich rappele mich erstaunt hoch und sehe, dass Sergeant Ricks Hinterleib den Peitschenhieb ausgeführt hat. Jetzt schwebt sein Kopf über Barney, der befürchten muss, gleich eine tödliche Dosis Schlangengift injiziert zu bekommen.
    Ein Plätschern beweist uns allen, dass auch Barney in Notsituationen nicht gut an sich halten kann. Elsa wendet sich peinlich berührt ab.
    »Hi, Rick«, sage ich locker.
    »Hi, Ray«, erwidert die gefährlichste Seeschlange der Welt.
    Wir warten, denn Barneys Urin plätschert immer noch.
    Dann ist es still.
    »Bitte tu ihm nichts, Ray«, sagt Elsa in die Stille. »Du wolltest eben von mir hören, dass du uns in Ruhe lassen sollst. Hiermit bitte ich dich nun darum: Lass uns in Ruhe.«
    Ihr kommen die Tränen. »Bitte versuch mich zu verstehen, Ray! Ich kann mein Leben nicht in diesem Zoo verplempern. Ich will leben. Ich will etwas erleben.«
    Sie zieht ein winziges Taschentuch hervor und trocknet die Tränen, aber schon sind wieder neue da. »Wenn ich da draußen auf der Bühne stehe und singe, dann bin ich einfach glücklich. Ich weiß, dass du mir dieses Glück wünschst. Also bitte lass mich gehen, Ray.« Wieder trocknet sie die Tränen, dann kommt sie langsam zu mir, sieht mich mit ihren großen, dunklen Augen an und küsst mich innig.
    Ich befürchte, dass mir ein drittes Mal die Knie wegsacken, aber ihren Kuss stecke ich bessser weg als die Prügel von Barneys Schlägern. Leicht fällt es dennoch nicht.
    »Wenn du mich liebst, dann lass mich gehen«, flüstert Elsa.
    Ein letzter, tiefer Blick in ihre Augen, dann sage ich: »Danke, Rick. Es ist okay.«
    Elsa streicht mir zärtlich mit ihrer samtweichen Pfote durchs Gesicht. »Ich werde dich nie vergessen, Ray.«
     
    Ein langer Spaziergang am Vierwaldstädter See hilft mir, meine Fassung wiederzugewinnen. Man könnte auch sagen: Mit der Zeit kriege ich die Heulkrämpfe immer besser in den Griff. Ich habe also eine echte Chance, heute Nacht nicht an meinem Tränenverlust zu dehydrieren. Rick hat freundlicherweise angeboten, noch mit mir zu quatschen, aber ich wollte lieber allein sein.
    Auch in unserem Bau bin ich allein. Offenbar haben sich schon alle hingelegt. Einerseits ist das gut, denn ich habe keine Lust, jemandem zu erklären, warum ich ein in Tränen aufgelöstes Häufchen Elend bin. Andererseits habe ich aber auch noch keine Lust, schon ins Bett zu gehen.
    Während ich unglücklich dahinschlendere, höre ich Schritte. Rufus kommt mir entgegen. Er hat eine kleine Kiste in der Hand und einen Schlüssel.
    »Hi, ich hab schon …« Er unterbricht sich erschrocken. »Mann, Mann, Mann, du siehst aber beschissen aus!«
    »Liebeskummer«, erkläre ich knapp.
    »Ich meinte eigentlich eher die Beule an deinem Kopf und das blaue Auge.«
    »Ach so. Das ist nicht so schlimm.«
    »Kann ich dir helfen?«, fragt mein Bruder. »Willst du reden?«
    »Lieber nicht«, antworte ich.
    »Willst du mit ins Kino?«
    Rufus sieht, dass ich unentschlossen bin.
    »Ich will eigentlich keine Leute sehen«, sage ich.
    »Wirst du nicht«, erwidert Rufus. »Ist keine offizielle Vorstellung. Wir haben das Kino ganz für uns allein. Ich kann nämlich auch nicht schlafen.«
    Immer noch stehe ich unschlüssig da.
    Rufus hält die kleine Kiste hoch. »Und es gibt Lebendfutter zum Knabbern.«
    Ich muss grinsen.
    Er klopft mir auf die Schulter. »Na komm schon, Bruder. Der Film ist ein Klassiker. Und er wird dir helfen, die Nacht rumzukriegen.«
    Tat gut, dieser Schulterklopfer gerade. Ich nicke, und wir machen uns gemächlich auf den Weg zum Kinosaal.
    »Worum geht es denn in dem Film?«, frage ich.
    »Lass dich überraschen«, erwidert Rufus. »Es ist eine echt coole Lovestory.«
    »Sagst du mir denn wenigstens, wie er
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