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Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)

Titel: Düstermühle: Ein Münsterland-Krimi (German Edition)
Autoren: Stefan Holtkötter
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Blick.
    »Sein Sohn und dessen Familie sind im Wohnhaus. Sie warten auf uns. Natürlich sind sie alle ziemlich beunruhigt.«
    »Was haben wir bislang?«
    »Na ja. Viel kann man noch nicht sagen.« Keller fummelte eine weitere Zigarette aus der verbeulten Schachtel und zündete sie an. »Wie’s aussieht, wurde Brandbeschleuniger verwendet. Wir haben jedenfalls einen leeren Benzinkanister bei der Leiche gefunden. Der Tote hier draußen wurde als Siegfried Wüllenhues identifiziert. Ein Bauer aus der Umgebung. Sein Hof liegt ein paar Hundert Meter in Richtung Ortskern. Bei ihm deutet nichts auf Fremdverschulden hin. Der Notarzt vermutet einen Herzinfarkt, aber da müssen wir die Obduktion abwarten.«
    »Wo ist die Leiche?«
    Keller deutete zum Krankenwagen. »Sie haben versucht zu reanimieren, aber es war wohl schon zu spät. Willst du ihn sehen?«
    »Nein.«
    Keine Leichen.
    Nicht im Moment jedenfalls. Dafür fühlte er sich nicht stark genug. Der Tod war in seinem Leben gerade so allgegenwärtig, dass er sich in diesen Tagen wünschte, er hätte einen anderen Beruf. Nur für ein paar Wochen, bis alles vorüber war.
    Gestern hatte er sich schon wieder davor gedrückt, ins Krankenhaus zu gehen. Deshalb würde er heute hinmüssen. Nur für eine Stunde, es ging nicht anders. Er würde sich am Nachmittag aus dem Präsidium schleichen. Er hatte keine andere Wahl.
    »Und das Brandopfer?«, fragte er.
    »Liegt noch in den Ruinen. Die Spurenleute wollen gleich rein. Heute Nachmittag wissen wir mehr.«
    Hambrock betrachtete die rauchenden Trümmer. Er fragte sich, was mit ihm los war. Er kannte sich aus mit dem Tod und dem Sterben. Das gehörte schließlich zu seinem Job. Doch wenn er an seine Eltern dachte, die im Aufenthaltsraum des Krankenhauses hockten, war alle Gewohnheit verflogen. Es war, als trennte sie eine unsichtbare Wand. Er konnte seinen Verwandten keinen Trost spenden. Sie waren viel zu weit entfernt.
    Und bald war Weihnachten. Was würde dann sein? Würden sie feiern? Und wenn ja, alle zusammen?
    Er schob den Gedanken zur Seite und wandte sich in Richtung Herrenhaus. »Also gut. Sprechen wir mit den Angehörigen.«
    Ein paar Hundert Meter entfernt stand ein alter Bauer einsam an seinem Küchenfenster und blickte hinaus. Jenseits des brachliegenden Landes war das Anwesen von Schulte-Stein zu sehen. Auch die rauchende Ruine der alten Schmiede, in der Alfons seine Korbwerkstatt eingerichtet hatte, war zu erkennen. Feuerwehr und Notarztwagen waren bereits vor einiger Zeit dort vorgefahren. Nun kamen Streifenwagen hinzu und zivile Autos, die sicherlich zu den Leuten von der Kriminalpolizei gehörten.
    Er fragte sich, wie lange es dauern würde, bis sie hier auftauchten und Fragen stellten.
    Hinter ihm öffnete sich die Küchentür. Ein leises Stöhnen, dann die vertrauten Geräusche des Rollstuhls, der umständlich über die Schwelle bugsiert wurde. Seine Tochter verschaffte sich Zutritt.
    Sie war also fertig. Noch schaffte sie es, sich morgens alleine anzukleiden, auch wenn das manchmal ewig zu dauern schien. Doch wie lange noch? Und was wäre, wenn ihre Kräfte weiter nachließen? Würde dann der Pflegedienst jeden Morgen kommen und sich um sie kümmern?
    »Guten Morgen, Vater.« Sie rollte einen Meter auf ihn zu. »Ist etwas passiert? Ich habe ein Martinshorn gehört.«
    Er wandte sich unwillig vom Fenster ab. »Nein. Es ist alles in Ordnung.«
    »Aber da war Brandgeruch in der Luft. Ich habe …«
    »Es ist alles in Ordnung«, herrschte er sie an.
    Verwundert und wohl auch etwas verletzt blickte sie zu ihm auf. Dann nickte sie, als habe sie keine Einwände, wendete den Rollstuhl und verschwand wieder.
    Kaum war sie fort, ging er in den Flur, nahm seinen Mantel vom Haken und warf ihn sich über. Draußen empfing ihn kühle feuchte Luft. Er nahm den Feldweg, obwohl der voller schlammiger Pfützen war. Auf der Landstraße wäre er ohne Zweifel ins Visier der Polizei geraten. Hinter einer Reihe von Nusssträuchern trat er schließlich auf den Nachbarhof. Er ging auf die Haustür zu und hämmerte dagegen.
    Es dauerte, doch dann öffnete ihm sein Nachbar. Sorge verdunkelte sein Gesicht. Sie standen sich eine Weile schweigend gegenüber. Dann nannte der Besucher den Grund für sein Kommen: »Es ist so weit. Sie sind da.«

2
    Es herrschte vollkommene Ruhe. Da waren nur sein Atem zu hören und das leise Knacken im Heizkörper. Sonst nichts. Frieden. Carl Beeke blickte hinaus auf die Winterlandschaft jenseits der
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