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Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)

Titel: Düsteres Verlangen: Die wahre Geschichte des Victor Frankenstein (German Edition)
Autoren: Kenneth Oppel
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zu verbergen. »Bestimmt grapscht jetzt irgendwas nach meiner Hand.«
    Ich machte meine Hand ganz schmal, schob sie in das Loch – und wurde sofort von irgendetwas gepackt.
    Die Finger waren kalt und schrecklich stark, und sie griffen so fest zu, dass ich vor Schmerz, aber auch vor Angst aufbrüllte.
    »Victor, machst du Quatsch?«, rief Elizabeth wütend.
    Ich zog mit aller Kraft und versuchte, meine Hand wieder herauszuzerren. »Es hat mich erwischt!«, schrie ich. »Es hat meine Hand!«
    » Was hat deine Hand?«, rief Konrad von unten.
    In meiner Hysterie konnte ich nur noch denken: Wenn es eine Hand hat, hat es auch einen Kopf, und wenn es einen Mund hat, dann hat es auch Zähne.
    Mit der anderen Faust hämmerte ich gegen die Tür. »Lass mich los, du Idiot!«
    Je mehr ich zog, desto fester hielt es mich. Doch sogar in meiner Panik wurde mir klar, dass dieser Griff sich nicht nach Haut und Knochen anfühlte. Er war zu hart und unbeweglich.
    »Das ist keine echte Hand«, rief ich. »Das ist irgendeine Maschine.«
    »Victor, du Blödmann, was hast du jetzt wieder gemacht?«, fragte Konrad.
    »Es lässt mich nicht los!«
    »Ich hole Hilfe«, sagte Elizabeth, drückte sich vorsichtig an mir vorbei und stieg die schmalen Stufen nach oben. Doch gerade bevor sie die Tür erreichte, gab es einen dumpfen Schlag und das Licht aus der Bibliothek verschwand.
    »Was ist passiert?«, rief Konrad.
    »Sie ist von selbst zugefallen«, rief Elizabeth zurück. »Da ist ein Türknauf, aber er lässt sich nicht drehen!« Sie fing an, gegen die schwere Tür zu hämmern und um Hilfe zu rufen. Ihre Stimme hallte in dem Schacht wider wie das panische Geflatter einer Fledermaus.
    Die ganze Zeit kämpfte ich weiter darum, meine Hand freizubekommen.
    »Bleib ruhig«, sagte Konrad neben mir. »Elizabeth, bringst du uns bitte die Kerze zurück?«
    »Ich bin jetzt für immer hier unten gefangen«, jammerte ich und dachte an den Knochen, den wir unten gesehen hatten. Jetzt verstand ich auch die tiefen Kratzer in der Tür, die bestimmt von den Fingernägeln eines Verzweifelten stammten. »Du musst mir die Hand absägen!«
    Erschöpft hörte ich auf, gegen die mechanische Hand anzukämpfen, und sofort wurde der Griff nicht mehr stärker, ließ mich allerdings auch nicht los.
    »Tritt nur nach der Begrüßung eines Freundes ein«, las Elizabeth laut die Nachricht an der Tür. »Das ist so eine Art Rätsel. Die Begrüßung eines Freundes bedeutet …«
    »… wenn dir einer die Hand zu Brei zerquetscht!«, sagte ich.
    »Nein«, erwiderte sie. »Wenn du einen Freund begrüßt, dann sagst du Hallo, fragst, wie es ihm geht, du … schüttelst ihm die Hand! Victor, vielleicht will es, dass du ihm die Hand schüttelst!«
    »Das mache ich doch schon seit zehn Minuten mit dem Ding!«
    Aber hatte ich das wirklich? Ich hatte gezogen und um mich geschlagen. Ich zwang mich dazu, tief und ruhig zu atmen. So behutsam, wie ich konnte, versuchte ich, meine Hand zu heben. Erstaunlicherweise war mir das erlaubt. Dann drückte ich sanft nach unten und dann pumpte ich noch einmal höflich auf und nieder. Sofort sprangen die mechanischen Finger auseinander, meine Hand wurde freigegeben und quietschend öffnete sich die Tür ein bisschen.
    Ich hielt mir die geschundene Hand und bewegte die Finger, um mich zu vergewissern, dass nichts gebrochen war.
    »Danke«, sagte ich zu Elizabeth. »Das war eine sehr gute Idee.«
    »Du machst immer nur Ärger«, sagte sie böse. »Wegen einer deiner üblichen Abenteuer sind wir jetzt eingeschlossen – Victor, was machst du denn jetzt schon wieder?«
    »Willst du denn nicht mal einen Blick hineinwerfen?«, fragte ich und stieß die Tür ein bisschen weiter auf.
    »Bei dir stimmt doch was nicht«, sagte Konrad. »Nach dem, was die Tür gerade mit dir veranstaltet hat.«
    »Vielleicht ist das unser einziger Weg nach draußen«, meinte ich. Mir war schon klar, dass ich ganz schön gejammert und geschrien hatte. Aber zumindest hatte ich nicht geweint. Aber ich wollte mein Gesicht wahren. Und außerdem war ich wirklich neugierig zu erfahren, was da drin war.
    »Komm schon«, sagte ich zu Elizabeth und nahm ihr schnell den Kerzenhalter aus der Hand.
    Dann stieß ich die Tür weit auf, trat etwas zur Seite und wartete. Nichts kam herausgeflogen. Vorsichtig trat ich ein und spähte schnell hinter die Tür.
    »Schaut euch das mal an!«, rief ich dann.
    Eine ausgeklügelte Maschine mit Zahnrädern und Rollen war an die Rückseite der Tür
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