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Dürre Beweise

Dürre Beweise

Titel: Dürre Beweise
Autoren: Manfred Rebhandl
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Lagerhalle wohl gehörte, und wem die Harley, die dort drinnen stand.
    ***
    Ich wählte Guttmanns Nummer und sagte: „Hör zu, Gutti, folgendes: Ein Informant hat mich gerade informiert, dass es eine halbe Stunde außerhalb von Wien an der Donau eine kleine Lagerhalle gibt, Höhe Fischa-mend, in der Schlankmacher in Form von Trink-Shots gelagert sind, die Dinger sind allererste Sahne, wie er mir versichert, und wenn du pro Tag fünf davon trinkst, hast du am Abend ein halbes Kilo weniger, stell dir vor, das wären bis Weihnachten zehn Kilo, und du müsstest dir sogar einen neuen Anzug kaufen, wenn du mit Jolanda zum Nussknacker gehst!“
    „Bei zehn Kilo weniger müsste ich mir alles neu kaufen!“
    Ich hörte, wie er hin und her überlegte, ob es das wert war, und dann hörte ich, wie er sich dabei ein Stück Würfelzucker in den Mund schob, vielleicht dachte der Affe ja: Wenn es so was wie Schlankmacher zum Trinken gibt, dann kann ich ja weiter Zucker essen. Schließlich meldete sich aber noch der Bulle in ihm, und er fragte: „Und wie kommt dein Informant zu dieser Information?“
    Ich sagte: „Tja, der räumt dieses Lager gerade aus, aber er hat mir versprochen, dass er noch ein paar Kisten für dich übrig lässt, hättest du also Interesse, dorthin zu fahren? Als Privatperson, meine ich, nicht als Bulle.“
    Er sagte: „Na ja, schon.“
    „Dann fahr hin!“
    ***
    Dann kippte ich weg, und erst eine seltsame Version von Jingle Bells zog mich nach Stunden wieder zurück ins Leben, ich drehte die Scheibe meines Datsun hinunter und sah, dass ein paar fröhliche Waldviertler Bäuerinnen mit roten Wangen und ihren selbst gestrickten Andenmützen und Fäustlingen ihre Stände aufbauten und liebliche Musik dazu spielten, dann zündeten sie Stäbchen an, die nach diesem und jenem rochen. Gott weiß, warum, aber sie gaben mir plötzlich Hoffnung. Was Manni der Mann nicht hatte, das hatten die Ladys. Ich winkte eine von denen her und kaufte ihr ein paar von den Stäbchen ab, ich zündete sie an, und augenblicklich hatte mein Datsun wieder ein anderes Raumklima, sogar ein Wohlfühlklima, wie man sagt.
    Nachdem ich gut eingeraucht war, stieg ich aus, prüfte das Haubenangebot der Waldviertlerinnen, die sich auch heuer wieder redlich bemüht hatten. Aber herausgekommen war wieder nur der immer gleiche Scheiß wie jedes Jahr, es gab auf der ganzen Welt nichts, womit man einen Menschen mehr demütigen konnte als mit so einer Andenmütze.
    Also kaufte ich eine für Lemmy.
    Obwohl ich kein Mammut oder so was für meine Freunde am Lagerfeuer geschossen hatte, wollte ich dann doch irgendwie Dank und Anerkennung für meine Beute, aber Lemmy, der immer noch seinen weltrekordverdächtigen Dauerständer hatte, beachtete mich gar nicht. Er glotzte einfach nur den Fernseher an und genoss das Video mit dem Schispringer. Es lohnte sich offenbar, dass er zwar alles nahm, aber nie Koks schnupfte, sodass wenigstens sein Riechapparat noch gut in Schuss war und er selbst die bestens versteckten Geschenke erschnüffelte. Der Typ war für mich irgendwie verloren. Ich ging zu ihm hin und setzte ihm die Mütze auf. Sie passte ihm perfekt.
    Ku stand beim Spiegel und schaute seine frisch lädierte Visage an, ein paar Zähne waren ihm ausgeschlagen worden, die versuchte er sich jetzt wieder hineinzustecken, das eine Auge war zugeschwollen, und sein schöner Mantel war voller Blut. Und wenn ich mich nicht ganz täuschte, dann hatte er sich angemacht.
    Ich sagte: „Er hat’s wohl nicht so locker weggesteckt, was?“
    Ich meinte Ronnie, den fetten Mongo, der jetzt keine Schlüssel für seinen Laden mehr hatte.
    Ku sagte: „He, ich will definitiv noch immer nicht mit dir darüber reden.“
    „Von mir aus.“
    Irgendwie hatte ich mittlerweile den Verdacht, dass es letztlich gar nicht Ku war, der Lemmy veränderte und zu einem besseren Menschen machte, wie es sein großspuriger Plan war, sondern dass es Lemmy war, der ihn veränderte und zu einem völligen Wrack umformte, das sich immer weiter dessen Lebensstil anpasste.
    Ku hatte jedenfalls schwer an Fahrt eingebüßt, seit er hier jeden Tag bei Lemmy herunten einkaufte, die Geldbündel hingen ihm sorglos aus den Hosen- und Manteltaschen heraus, der helle Stern Ku drohte vom schwarzen Loch Lemmy verschlungen zu werden, aber in einem letzten Zucken fragte er plötzlich: „Willst du echt wissen, wie’s mir geht?“
    Ich sagte: „Eigentlich nicht.“
    Man soll ja nicht lügen.
    Aber da war es
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