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Dünengrab

Dünengrab

Titel: Dünengrab
Autoren: Sven Koch
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mein Geld gut an. Außerdem ist es ein Gebrauchtwagen.«
    »Sie müssen nicht für Ihre geschiedene Frau zahlen?«
    »Wir haben uns anders geeinigt. Nicht jede Frau will ihrem Ex die Hosen runterziehen – zumal sie es ohnehin vorgezogen hat, das bei einem anderen zu tun.«
    Schröder lächelte schwach. »Hat Sie das gekränkt?«
    »Gekränkt ist nicht das richtige Wort.«
    »Was wäre das richtige Wort?«
    »Das muss erst noch erfunden werden.«
    »Sie haben dieses Hobby, Superhelden, oder?«
    »Ich sammle alte Comics als Wertanlage.«
    »Was mögen Sie daran?«
    »Den ewigen Kampf des Guten gegen das Böse. Es spiegelt die Realität ganz gut wider.«
    »Superman löst seine Probleme mit der Faust.«
    »Superman mag ich nicht.«
    »Warum?«
    »Wenn Superman sich in sein Alter Ego Clark Kent verwandelt, dann setzt er sich lediglich eine Brille zur Maskerade auf und wuschelt sich ein wenig durch die Haare. Ich halte das aber für unglaubwürdig. Jeder würde ihn sofort erkennen. Ich mag den Silver Surfer.«
    »Der hat doch sicher auch besondere Kräfte, nicht?«
    »Er beschützt die Welt vor der Vernichtung, wird aber immer wieder enttäuscht. Das macht ihn einsam.«
    Schröder musterte Tjark und spielte mit seiner Lesebrille. Dann setzte er sie wieder auf. »Machen wir nächstes Mal weiter.«
    »Okay.« Tjark stand auf und ging grußlos auf den Flur. Er zog am Automaten einen Kaffee und schlug den Weg zu seinem Büro ein, um sich dort mit dem Krempel zu befassen, den der Innendienst für ihn vorsah.
    Auf halber Strecke kam ihm Hauke Berndtsen entgegen. Sein preiswerter beigefarbener Sommeranzug wirkte eine Spur zu groß. Durch das weiße Hemd schimmerte der Ansatz eines Unterhemds. Darüber war eine bunt gemusterte Krawatte gebunden. Berndtsens Haut hatte die Farbe von Teig. Sein Haar war schütter, und das Feuermal am Mundwinkel sah aus wie ein Preiselbeerfleck, den der Abteilungsleiter des Kommissariats 11 vergessen hatte wegzuwischen.
    »Tjark Wolf!«, rief Berndtsen und kam im Stechschritt auf ihn zu. »Ich bin stinksauer!«
    Die Information über Berndtsens Gemütszustand interessierte Tjark wenig, überraschte ihn aber nicht. Garantiert hatte er von der Sache heute Morgen Wind bekommen. Berndtsen hatte Tjark von Anfang an nicht gemocht, was auf Gegenseitigkeit beruhte. Seit er die Abteilung übernommen hatte, war er streng darauf bedacht, dass alles akkurat ablief, das Berichtswesen penibel befolgt, Zielvereinbarungen erfüllt und Leistungspläne übertroffen wurden sowie das Ansehen des Kommissariats, seines Kommissariats, nach außen stets tadellos war. Daran gab es im Grunde nichts auszusetzen. Nur passte es ganz und gar nicht in Berndtsens Bild, als ein Buch mit dem Titel »Im Abgrund« erschien. Ein Buch, das in laxem Umgangston geschrieben war, in dem ein Ermittler Einblicke hinter die Kulissen gewährte und bei der Talkshow von Radio Bremen oder im Frühstücksfernsehen von RTL Dinge erzählte, die sich jeglicher Kontrolle von Berndtsen entzogen und für die dieser Ermittler eine Aufmerksamkeit erhielt, die in Berndtsens Augen dem Chef gebührte: Berndtsen selbst.
    Tjark nahm den Kaffeebecher in beide Hände. »Ich kann verstehen, dass du sauer bist. Aber ich konnte nichts dafür«, sagte er mit einem entschuldigenden Schmunzeln.
    Berndtsens Blick verwandelte sich in den eines feuerschnaubenden Dämons aus dem siebten Kreis der Hölle. Er hob den Finger drohend. »Dieses Grinsen …«
    »Ja?«
    »… ist völlig unangemessen! Nicht nur, dass ihr euch in einen Einsatz eingemischt habt, obwohl meine Dienstanweisungen in dieser Hinsicht absolut eindeutig waren. Du hast dich auch noch vom Einsatzort verzogen, ohne dass irgendein Bericht oder eine Darstellung des Tathergangs …«
    Tjark hob abwehrend die Hände. »Ich hatte einen Termin beim Psychologen. Ich nahm an, die Einhaltung meiner Verabredungen mit Schröder ist dir sehr wichtig. Einen Bericht kann ich immer noch schreiben.«
    »Und zwar plötzlich!« Berndtsen nahm den Finger wieder runter.
    Tjark trank einen Schluck Kaffee. »Hauke, wir sind da ganz zufällig reingeraten. Der Typ hat angefangen, auf uns zu schießen. Was sollten wir denn machen? Uns abknallen lassen?«
    »Ihr hättet gar nicht erst da herumstehen dürfen. Dafür kann ich dir eine Abmahnung verpassen.«
    Tjark sah Berndtsen schweigend in die Augen. Sein Vorgesetzter setzte einen Gesichtsausdruck auf, der vermutlich vermitteln sollte, dass er Tjark nun endgültig bei den Eiern hatte.
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