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Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici

Titel: Dübell, Richard - Eine Messe für die Medici
Autoren: Administrator
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einfach, die beiden Briefe der signoria in die Hand zu spielen; er brauchte nur zum Haus des capitano del popolo zu gehen und sie dort abzugeben. Seine eigenen Transaktionen hatte er so gut wie möglich verschleiert. Natürlich wären sie bei einer genauen Überprüfung aufgeflogen, und tatsächlich gibt es schon die ersten Verdachtsmomente, wie ich gehört habe – aber dass die Transaktionen Jana in die Schuhe geschoben würden, dafür hatte er mit den beiden Briefen gesorgt. Dass er nebenbei noch zwei Florentiner Kaufleute an den Galgen brachte, nahm er in Kauf. Ich weiß nicht, ob ihm bekannt war, dass Paolo Boscoli tatsächlich die Verschwörung unterstützt hatte und Benozzo Cerchi unschuldig war, aber ich nehme an, dass er sich darum nicht kümmern konnte. Ich weiß auch nicht, ob Boscoli jemals der Brief gezeigt wurde, der an ihn gerichtet war, denn er gestand schon bei der zweiten Stufe der territio. Cerchi hingegen verneinte bis zum Schluss, einen Brief von Jana bekommen zu haben.
    Dann mischte ich mich zu seiner Überraschung ein und bestand darauf, Jana zu befreien. Er hatte darauf gebaut, dass unsere Zuneigung sich in Gleichgültigkeit oder gar Hass verwandelt hatte und ich Jana bei der erstbesten sich bietenden Gelegenheit im Stich lassen würde. Als ich es nicht tat, sah er sich gezwungen, mich mit gezielten Falschinformationen von der Fährte abzubringen und mich bei all meinen Erkundigungen so zu behindern, dass ich nichts oder nur zusammenhanglose Bruchstücke herausfand. Er dachte, ich würde an der Klärung dieses Falles scheitern; wenn man jedoch genügend Bruchstücke einer Vase zusammenbekommt, kann man ihre Form irgendwann einmal erahnen. Wenn ich sie schneller erahnt hätte, könnten einige Menschen noch leben.
    Zum Beispiel Lapo Rucellai, der verkrachte Notar, den ich damit beauftragt hatte, herauszufinden, ob die Briefe im Bargello gefälscht sein konnten. Er hatte entdeckt, dass zwar die Unterschrift auf Janas Briefen echt war, Teile des Textes jedoch nicht. Dass er es mir nicht sofort mitteilte, sondern erst das Terrain sondierte, wer ich war und ob ich ihn möglicherweise in Gefahr bringen würde, war sein Fehler. Als er mir – sicherlich gegen eine weitere Gabe aus meiner Geldbörse – mitteilen wollte, was das Ergebnis seiner Untersuchungen tatsächlich war, fing ihn der Steinhauer ab und schlug ihm mit seinem Hammer den Schädel ein. Wenn der Mörder gesehen hätte, wo Jacopo de’ Pazzis Leichnam hängen geblieben war, hätte er Rucellai sicherlich an einer anderen Stelle ins Wasser gleiten lassen; doch er hatte es nicht gesehen, und so konnte ich ihn finden.
    Rucellai musste sterben, um mir nicht den Beweis für einen Verdacht zukommen zu lassen, an den ich mich in meiner ersten Verzweiflung geklammert hatte und der doch ganz zutreffend war. Velluti hingegen musste sterben, weil er der einzige Zeuge war, der die wahren Hintergründe von Janas Geschäften hätte schildern können. Nori und Boscoli waren tot, Cerchi im Gefängnis und Alepri unerreichbar in seinem Haus verbarrikadiert. Der Steinmetz erhielt diesmal die Anweisung, ein wenig subtiler vorzugehen. Am Ende sah es nach einem Selbstmord aus, und so zerrüttet wie Velluti war, schien dieser noch nicht einmal so unwahrscheinlich. Aber ein Mann mit Vellutis Wasserscheu hätte sich auf dem Speicher seines Hauses erhängt, statt sich in den Fluss zu stürzen.
    Zuletzt war der mörderische Steinmetz selbst dran; ob er mehr Geld verlangte und deshalb beseitigt wurde oder ob er einfach ein lästiger Mitwisser war, dessen Tod schon lange geplant war, weiß ich nicht. Ich nehme an, wir werden die Lösung dieses Geheimnisses irgendwann erfahren, aber es ist letztlich unerheblich. Von Bedeutung ist lediglich sein Tod: ein Schnitt mit dem Messer durch die Gurgel, während er sich arglos umwandte und seinem Auftraggeber den Rücken zukehrte. Ihn von vorne kaltblütig zu erdolchen, dazu hätte es eines anderen Mannes bedurft.
    Der Mord an dem Steinmetz war quasi die letzte unerledigte Aufgabe gewesen, um die Sache abzuschließen. Die vorletzte war gewesen, Stepan Tredittore anzuzeigen und ins Gefängnis zu bringen.«
    Tredittore hob den Kopf und sah mich mit trüben Augen an. Ich gab seinen Blick kalt zurück. »Auch einem schlechteren Menschenkenner wäre klar gewesen, dass Tredittore schon beim Anblick der Folterinstrumente zu jeder Aussage bereit gewesen wäre; ganz besonders zu einer, die Janas Todesurteil besiegelt hätte. Selbst
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