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Du wirst noch an mich denken

Du wirst noch an mich denken

Titel: Du wirst noch an mich denken
Autoren: Susan Andersen
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schneidender Stimme dazwischen. »Mir scheint, Sie leiden an grober Selbstüberschätzung!« Ihre Augen unter den geschwollenen, blau verfärbten Lidern schössen Blitze. Ihre Brust hob und senkte sich heftig unter dem weiten, seidigen Pullover, und ihre Hände waren zu Fäusten geballt, als sie kampflustig auf ihn zutrat. Obwohl sie so winzig war, wich James unwillkürlich einen Schritt vor ihr zurück und fragte sich, wie sie es schaffte, verächtlich auf ihn herabzusehen, wenn sie doch den Kopf in den Nacken legen musste, um ihm in die Augen zu blicken.
    »Für wen zum Teufel halten Sie sich, Mister?«, fragte sie. »Superman oder was? Ich kann mich allerdings nicht daran erinnern, dass der sich einer solchen Ausdrucksweise bedient hat.« Sie warf den Kopf zurück, so dass ihre Haare nach hinten flogen und den Blick auf eine verschwollene Wange freigaben. »Das ist meine Wohnung, ich habe die Miete dafür bezahlt und meine Unterschrift unter den Vertrag gesetzt, und am Ersten werde ich einziehen. Im Übrigen weiß ich gar nicht, warum Sie sich so aufregen, niemand hat Sie darum gebeten, sich um meine Probleme zu kümmern.« Sie beschloss, ihre kurzzeitige Begeisterung über sein und Otis' raubeiniges Auftreten zu vergessen. Das war sowieso nicht angebracht gewesen.
    »Ich bin hier, um eine Wohnung zu mieten«, erklärte sie ihm kühl. »Und nicht, um mir einen großen Bruder zu suchen, der meine Angelegenheiten für mich regelt. Aber zu Ihrer Information, wenn ich wirklich einen brauchte, dann würde ich mich wohl eher an Otis wenden. Der sieht nämlich um einiges respekteinflößender aus als Sie, also hängen Sie Ihr Superman-Cape getrost zurück in den Schrank. Meinetwegen werden Sie es nicht brauchen.«
    Mit diesen Worten drehte sie sich um und nahm ihre Jacke und ihre Handtasche vom Sofa. Sie versuchte, ihren Ärger zu unterdrücken, und brachte ein schwaches Lächeln zustande. »Vielen Dank für Ihre Gastfreundschaft, Lola«, sagte sie. »Ich freue mich schon darauf, dass wir bald Nachbarinnen sein werden. Otis, es war mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.« Sie drehte sich zu James und bedachte ihn mit einem knappen Nicken. »Mister Ryder.«
    Und weg war sie.
    Otis betrachtete den verblüfften Ausdruck, der auf dem Gesicht seines aufgebrachten Freundes erschien und bemühte sich, ein Grinsen zu unterdrücken, was ihm jedoch nicht ganz gelang. »Na, ich schätze mal, wegen der brauchst du dir keine grauen Haare wachsen lassen, Jimmy. Abgesehen davon bezweifle ich, dass sie von ihrem Ehemann misshandelt worden ist.«
    »Ach ja?«, gab James gereizt zurück. »An einem solchen Zwerg kann einer leicht seinen Ärger auslassen.«
    »Tja, sie mag zwar klein sein, Jimmy, aber sie hat Rückgrat«, widersprach ihm Otis. »Die hat's dir ganz schön gegeben, oder etwa nicht?«
    »Kann man wohl sagen, Superman«, murmelte Lola und lachte leise.
    James stieß einen höchst unfeinen Fluch aus, machte auf dem Absatz kehrt und verließ türenschlagend die Wohnung.
    Otis legte einen Arm um seine Frau und zog sie neben sich aufs Sofa. »Das war nicht besonders schlau, Baby.«
    Lola zuckte mit den Schultern. »Sie brauchte eine Bleibe, und die Wohnung hat ihr gefallen«, erwiderte sie ruhig. »Sollte ich auf die regelmäßige Einnahme verzichten, weil sie ein paar blaue Flecken hat?«
    »Zum Kuckuck, Baby, das Haus gehört James, und du weißt doch, wie er ist. Du hättest dir denken können, dass die Kleine genau das Gegenteil von dem ist, was er will.«
    »Der Mann weiß nicht, was er will.«
    »Aber du, oder wie?«
    Lola bedachte ihn lediglich mit ihrem geheimnisvollen Mona-Lisa-Lächeln, das ihn jedes Mal ganz verrückt machte und vor einigen Jahren dazu veranlasst hatte, sie so lange zu umwerben, bis sie seinen Antrag schließlich angenommen hatte. Ein tiefes Lachen stieg aus seiner breiten Brust auf, das wie fernes Donnergrollen klang. »Ja, ich schätz mal, so ist es.« Mit einem vorgetäuschten Knurren packte er sie und warf sie aufs Sofa.
    Aunie für ihren Teil war erstaunt darüber, wie mutig sie James Ryder die Stirn geboten hatte. Zehn Minuten später saß sie in ihrem Auto und zitterte vor Aufregung am ganzen Leib. War das wirklich sie gewesen, die bis vor einem Jahr unauffällig durchs Leben gegangen war und sich jetzt plötzlich voller Zorn gegen einen Mann mit derart gefährlich blickenden Augen behauptet hatte? Vielleicht war sie doch in der Lage, ihrem Leben eine Wende zu geben.
    Das sollte sie auch.
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