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Du wirst noch an mich denken

Du wirst noch an mich denken

Titel: Du wirst noch an mich denken
Autoren: Susan Andersen
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der Stadt, und schon hatte sie eine Wohnung gefunden und sich die Unterlagen für das nahe gelegene College besorgt.
    »Wie schreibt sich Ihr Vorname?«, fragte Lola, als sie das Formular ausfüllte. »O-n-n-i-e?«
    Aunie buchstabierte ihren Vornamen und ihren Familiennamen. Kurze Zeit später unterzeichnete sie einen Mietvertrag für sechs Monate und einen Packen Schecks, um die beiden ersten Monatsmieten und die Kaution zu bezahlen. Nachdem alle Formalitäten erledigt waren, lud Lola sie auf eine Tasse Tee ein.
    »Willkommen in Ihrem neuen Zuhause«, sagte sie herzlich. »Ich hoffe, Sie werden hier genauso glücklich wie ich.«
    Das hoffte Aunie auch. Während sie bei einer Tasse Tee mit Lola plauderte, wunderte sie sich darüber, wie entspannt und wohl sie sich fühlte. Sie hatte bislang kaum jemals näheren Kontakt zu Afroamerikanern gehabt. Die wenigen Menschen mit dunkler Hautfarbe, die sie kannte, hatten allesamt dem Dienstleistungsgewerbe angehört, und in ihrer Familie herrschte die feste Überzeugung, dass man sich als Angehöriger der gehobenen Gesellschaftsschicht nicht weiter mit den Leuten einließ, die einen bedienten. Sie war natürlich nicht so weltfremd, um nicht zu wissen, dass viele Afroamerikaner einflussreiche Positionen innehatten. Sie hatte nur einfach noch niemals einen von ihnen kennen gelernt und sich daher auch keine Gedanken darüber gemacht, wie gut sie persönlich mit ihnen auskommen würde.
    Die Vorurteile schienen bei ihr jedoch nicht so tief verwurzelt zu sein wie beim Rest ihrer Familie, zumindest stellte sie verblüfft fest, dass sie bei Lola das Gefühl hatte, sich mit einer alten Freundin zu unterhalten. Diese Frau strahlte eine natürliche Würde und Herzlichkeit aus, die Aunie ihre gewohnte Schüchternheit vergessen ließ. Es kam ihr so vor, als könnte sie der weichen melodiösen Stimme ewig zuhören, eintauchen in die Wärme, die von den Augen der anderen Frau ausging.
    Plötzlich wurde geräuschvoll die Eingangstür geöffnet, und Lola stieß einen leisen Fluch aus. Sie bedeutete Aunie, sitzen zu bleiben, erhob sich und durchquerte mit wirbelnden bunten Röcken das Zimmer.
    »Lola!« Aunie verfolgte mit Interesse, wie ein großer, kräftig gebauter Mann Lola hochhob und sich mit ihr drehte. Er hatte den unerschütterlichen Blick eines Menschen, dem nichts im Leben fremd war, und glatte hellblonde Haare, die aus der Stirn nach hinten gekämmt und zu einem kurzen Pferdeschwanz zusammengebunden waren. Aunie konnte Pferdeschwänzen bei Männern eigentlich nicht besonders viel abgewinnen, aber in diesem Fall fand sie, dass er gut zu dem markanten Gesicht des Mannes passte. Er hatte eine schöne, klare Stirn, hohe Wangenknochen, eine lange, gerade Nase und ein eckiges Kinn. Seine Zähne waren strahlend weiß, und seine offen blickenden Augen waren von feinen Fältchen umgeben, die bis zu den Schläfen reichten. Auf seiner rechten Wange waren drei Grübchen zu sehen.
    »Wie geht's meiner Lieblingsfrau?«, fragte er Lola mit einem Grinsen und ließ sie dabei ein paar Zentimeter über dem Boden schweben, obwohl sie beide fast gleich groß waren, an die ein Meter achtzig. Aunie, die das Ganze fasziniert beobachtete, fragte sich, ob die beiden verheiratet waren. Sie kannte keine gemischten Paare, aber in Anbetracht des entschlossenen Eindrucks, den dieser Mann machte, hätte es sie nicht überrascht. Er sah aus wie jemand, der das tat, was er wollte, und sich nicht im Entferntesten darum scherte, was andere davon hielten.
    »James, du dummer Kerl, lass mich runter«, sagte Lola streng.
    »Nur wenn du mir versprichst, dass du Otis verlässt und mit mir durchbrennst.«
    »Mit dir? Da lach ich ja!« Lola legte ihre Hände auf seine breiten Schultern und legte den Kopf zurück, um ihm ins Gesicht zu sehen. Er grinste fröhlich. »Willst du etwa all die niedlichen Blondinen aufgeben, deren Körbchengröße höher ist als ihr IQ, um eine ehrbare Frau aus mir zu machen, James Ryder?«
    »Nein. Aber denk doch nur mal an die vielen geistreichen Gespräche, die wir führen könnten, bevor ich wieder auf Wanderschaft gehe. Komm schon, Lola, wie wär's? Wir hätten bestimmt viel Spaß miteinander.«
    »Nimm deine Pfoten von meiner Frau, Jimmy«, dröhnte in diesem Augenblick eine tiefe Stimme. »Täte mir Leid, wenn ich dich sonst wie eine Laus zerquetschen müsste.«
    »Mir auch, Otis.« Immer noch grinsend setzte James Lola ab.
    Aunies Aufmerksamkeit richtete sich auf den schwarzen Mann, dem die
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