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Du sollst nicht hassen

Titel: Du sollst nicht hassen
Autoren: Izzeldin Abuelaish
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Menschen gibt. Doch gleichzeitig scheint Israel noch reichlich Platz zu haben, um Russen, Argentinier, Äthiopier und andere aus der Diaspora in das Gelobte Land zu bringen. Platz ist sicher nicht das Problem. Die Palästinenser leiden unter einem Schmerz, den sie von ihren Vorfahren geerbt haben: Sie sind eine Nation, die nicht auf ihrem eigenen Land lebt und weder Identität noch Staatsbürgerschaft hat. Sie sind Vagabunden, gezwungen, von einem Platz zum nächsten zu wandern, ohne wirklich zu wissen, wohin sie ziehen. Es gibt kein endgültiges Ziel. Sie leben in Furcht, Frustration und Verzweiflung. All diese Kämpfe rauben ihnen ihre Kraft und machen es unmöglich, rational zu denken und zu handeln. Wir dürfen die Palästinenser wegen ihres irrationalen Denkens nicht verurteilen. Wären Sie in der Lage, rational zu denken, wenn sie in solchen Verhältnissen leben müssten? Wir müssen nach den Wurzeln des Problems suchen, dann können wir ihnen helfen, die Dinge rational zu sehen. Nur so werden sie in der Lage sein, ein glücklicheres, gemeinschaftliches Leben zu führen.
    Die Palästinenser sind in einer Zwickmühle, und bis jetzt gibt es keine Lösung. Wenn sie die Besatzung akzeptieren, bedeutet das, all die Beschränkungen zu akzeptieren, die sie umbringen: die Blockade, die eine vernünftige Versorgung Palästinas verhindert, den Mangel an Freiheit und die Schikanen, wenn man reisen will. Ihnen wurde das Land genommen, auf dem sie ursprünglich lebten und von dem sie sich ernährten. Diese Situation nicht zu akzeptieren und für das zu kämpfen, was ihnen gehört, hat andererseits zu vielen Toten geführt. Denn genau dafür sind sie getötet worden. Ist es daher wirklich eine Frage der Akzeptanz oder Nichtakzeptanz des Lebens, wie sie es jetzt führen? Muss man wirklich zwischen Gewalt und Schweigen wählen? Das Schweigen tut weh, weil man die Last der Bevormundung trägt, es raubt einem die Energie und macht einen depressiv. Gewalt erzeugt Todesopfer und kann jeden treffen.
    Wir Palästinenser warten darauf, dass ein Wunder geschieht, doch die Zeit verrinnt. Unsere Geduld ist verbraucht, und wir fühlen uns von der menschlichen Gemeinschaft ausgeschlossen, weil die menschliche Gemeinschaft sich nicht zu kümmern scheint. Ihr dürft daher nicht uns die Schuld geben, wenn wir nicht mehr zuhören können und uns nicht vernünftig verhalten.
    Wie wäre es, wenn wir an die Stelle von Schweigen oder Gewalt Freiheit und Gerechtigkeit setzen würden? Sie sind für das Wohlergehen und Überleben eines jeden Menschen unverzichtbar. Als große Menschheitsfamilie müssen wir Freiheit und Gerechtigkeit allen Mitgliedern dieser Familie zuteil werden lassen, wenn wir glücklich und in Sicherheit und Geborgenheit leben wollen. Wenn wir Glück und Zufriedenheit nur an unserem ganz persönlichen Maßstab messen, ist das zwar schön, hat aber nur für einen selbst eine Bedeutung; doch stellen Sie sich vor, um wie viel größer das Glück ist, das man empfindet, wenn man es mit anderen teilt. Glück ist dazu da, geteilt zu werden, nicht dazu, es für sich selbst zu behalten.
    Die internationale Gemeinschaft nimmt sich in zunehmendem Maße der Situation der Palästinenser an. Am 27. Oktober 2009 hat Amnesty International einen detaillierten Bericht über den fehlenden Zugang zu ausreichend sauberem Trinkwasser für die palästinensische Bevölkerung in den besetzten Gebieten herausgegeben. Der 112-Seiten-Bericht kommt zu dem Schluss, dass die israelische Wasserpolitik das Recht der Palästinenser auf einen angemessenen Lebensstandard – dazu gehören das Recht auf Wasser, Nahrung, Gesundheit, Arbeit und Wohnen – verletzt. Dass der gegenwärtige Zustand nicht mehr tragbar ist, wissen die Menschen auf beiden Seiten. Und Meinungsumfragen haben ergeben, dass sowohl Israelis wie Palästinenser endlich Veränderungen sehen wollen.
    Einige meiner Freunde sind der Meinung, ich hätte nicht nach Kanada gehen, sondern in Gaza bleiben sollen. So sagte zum Beispiel mein Freund Dr. Shlomo Usef: »Du musst zurückkommen und deine Mission beenden.« Und auch Dr. Zeev Rotstein hatte gemischte Gefühle, als ich ging. Einem Reporter sagte er Folgendes:
    »Er hat jetzt und hier eine Mission. Ich hoffe, er kann sie produktiv machen – zu einem Symbol der Tragödie zweier Völker. Zwietracht und Feindseligkeit sind völlig unnötig und ungerechtfertigt. Die Medizin kann eine wichtige Brücke zwischen beiden Seiten sein. Man rettet ein
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