Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
Vom Netzwerk:
Cabrio fuhr. Und: Ein Wunder, dass er nicht vor geblähtem Ego plötzlich wie ein Fesselballon hinter der Mauer aufstieg und einem Zeppelin gleich über die Stadt schwebte. Dann kam mir ein sehr beruhigender Gedanke: DIES musste der von Ritchie erwähnte Dicke sein, den die Geschwister »schaffen« wollten! Hoffnung keimte in mir auf und die Situation schien schlagartig geklärt: Die jüngste Lövenich, die liebreichnaive Marvie hatte eine Beziehung zu einem Mann, den man geografisch als »no-go-area« bezeichnen würde. Und die Geschwister wollten dem einen Riegel vorschieben – wie schon aus ihrem ersten Gartengespräch hervorgegangen war! Ein Jubilieren stieg in mir auf, eine Art Halleluja donnerte durch meine Eingeweide.
    In diesem Moment fuhr unser neuer Freund Thorsten vor.
     
    W ie immer: wummernde Beats, hingerotzte Sprachbrocken. Wir erhoben uns. Mendelssohn steckte den Knopf ins Ohr, ich reichte ihm einen Pappbecher voll heißen Kaffees. Dann nahm ich meinen Posten hinter dem Fenster
ein und Mendelssohn marschierte los. Thorsten sah ihn nicht kommen, denn er war vollauf damit beschäftigt, drei Huptöne abzugeben. Als Mendelssohn auf einer Höhe mit der Rückbank war, gab ich Anweisungen. Mendelssohn drehte sich wie ein Kreisel, und dann ergoss sich der Kaffee auf den rückwärtigen Ledersitz. Thorsten erstarrte. Mendelssohn spulte die alte Leier ab: Dass es ihm ungeheuer peinlich sei et cetera pp. Thorstens Gesicht verzog sich weinerlich und wütend zugleich. Wahrscheinlich hätte er Mendelssohn jetzt gerne geschlagen. Aber sogar Thorsten musste irgendwo gelernt haben, dass man Schwerbeschädigte nicht schlägt. Oder jedenfalls nur in Extremsituationen und wenn sie es verdient haben.
     
    M endelssohn kam nach einem längeren Disput mit Thorsten und Plumpskuh wieder zurück und meinte: »Mal sehen, wie lange meine Haftpflicht das noch mitmacht.«

Kapitel 3
    enthält Schlomos ersten Zusammenstoß
mit seinem Rivalen und die erstaunliche Erkenntnis,
dass Würste sprechen können.

    M eine Krankheit schien zu stagnieren. Morgens betastete ich vorsichtig meinen Kopf – der Schmerz blieb verschwunden, mein Schlafanzug war wohlig warm. Ich lobte mich dafür, dass ich meine Freunde nicht schon in Unruhe versetzt hatte. Vorschnelle Verkündigung des eigenen Ablebens führt doch immer wieder zu Unglaubwürdigkeit im Freundeskreis.

     
    I ch tauchte nun jeden Morgen pünktlich und auf den Glockenschlag bei Mendelssohn auf, wenn Marvie gerade das Haus verließ. Wir grüßten uns inzwischen wie alte Bekannte. Ich kam auch dahinter, wann der Wurstmann erschien: nur gegen Abend. Und er blieb nie lange, knödelte im Garten kurz und gefällig auf die Geschwister ein; dann verschwand er wieder, mit meiner hilflosen Marvie am strammen Arm. Also bot mir einzig der morgendliche Augenblick am Gartenzaun eine Gelegenheit, meine Marvie vom wurstförmigen Bösewicht loszueisen und sie auf die Seite meiner Vorzüge herüberzulotsen. Allein: Was nun unbedingt meine Vorzüge sein sollten, war mir nicht klar. Was hatte ich denn groß in petto, um einen Engel wie Marvie zu locken: »Na, Mäuschen? Woll′n wir mal zusammen containern gehen?« Kein Geld, kein Gut, keinen Ruhm! Verglichen mit einem gestandenen Theatermann im glänzend-existenzialistischen Saitling war ich eine Null. Das blanke, Rad fahrende, an Fahrradschlössern herumgeigende Nichts! Noch nicht mal todkrank!
     
    W enn der Wurstmann meine Marvie wieder mal abgeschleppt hatte, waren die darauf folgenden Gespräche der Geschwister eindeutig: Sie hetzten gegen ihn, sie stachelten sich gegenseitig zu komplexen Beleidigungen auf, sie schienen ihn alle von Herzen zu hassen.
    An einem dieser Abende überredete ich Mendelssohn, dass wir hinübergingen und uns mit einer Flasche Weißwein bei den Geschwistern einluden.
    Die Lövenichs zeigten sich angenehm überrascht und
bald saßen wir in fröhlicher Runde. Katharina erwies sich als Erzählerin von trockenem Sarkasmus, Laura als Kichererbse, und Ritchie wurde Ritchie genannt, weil ihm sein extravaganter Vater den Zweitnamen »Theoderich« verpasst hatte. Als Kind hatte er diesen Namen nicht aussprechen können, und irgendwann hatte sich die Familie auf das unverfängliche »Ritchie« geeinigt. So kamen wir auch auf den Verbleib des Vaters zu sprechen und die Geschwister wurden einen Hauch wortkarger. Der Vater sei ein Geschäftsmann und leider, leider viel unterwegs. Zur Zeit befinde er sich in Japan. Und er fehle ihnen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher