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Du oder das ganze Leben

Titel: Du oder das ganze Leben
Autoren: S Elkeles
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werden.«
    Sie setzt sich auf das Bettende und sieht auf ihre Hände. »Ich bleibe an der Fairfield, weil ich hoffe, dass ich etwas bewegen kann, meinen Schülern ein Vorbild sein kann. Dr. Aguirre glaubt, wir können die Gegensätze überbrücken – und ich glaube das auch. Wenn ich nur einem Schüler helfen kann, sein Leben zu ändern, kann ich …«
    »… die Welt verändern?«, werfe ich ein.

    »Vielleicht.«
    »Das können Sie nicht. Es ist, wie es ist.«
    Sie sieht mich völlig unbeeindruckt an. »Ach, Alex. Du liegst so falsch. Das Leben ist das, was du daraus machst. Wenn du glaubst, du kannst die Welt nicht verändern, dann mach so weiter und folge dem Weg, der für dich geebnet wurde. Aber es gibt andere Pfade, auf denen man wandeln kann, sie sind nur schwerer begehbar. Die Welt zu verändern ist nicht leicht, aber ich werde es weiter versuchen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Du auch?«
    »Nein.«
    »Das ist deine Entscheidung. Ich werde es trotzdem weiter versuchen.« Sie schweigt kurz, dann fragt sie: »Möchtest du wissen, wie sich deine Chemiepartnerin schlägt?«
    Ich schüttle den Kopf. »Nö. Ist mir egal.« Die Worte bleiben mir fast im Halse stecken.
    Sie seufzt frustriert. Schließlich steht sie auf, geht zum Fensterbrett hinüber und nimmt das Chemiebuch in die Hand. »Soll ich das hier wieder mitnehmen oder hierlassen?«
    Ich antworte nicht.
    Sie legt das Buch zurück auf das Fensterbrett und geht auf die Tür zu.
    »Ich wünschte, ich hätte Biologie gewählt anstatt Chemie«, sage ich, als sie nach der Türklinke greift.
    Sie zwinkert mir wissend zu. »Nein, tust du nicht. Und nur damit du gewarnt bist: Dr. Aguirre kommt heute Nachmittag vorbei, um dich zu besuchen. Ich würde dir davon abraten, ihn mit Dingen zu bewerfen, wenn er zur Tür hereinkommt.«
     
    Als ich nach zwei Wochen aus dem Krankenhaus kam, brachte uns meine Mom nach Mexiko. Einen Monat später bekam ich
einen Job als Page in einem Hotel in San Miguel de Allende, in der Nähe unseres Hauses. Es war ein nettes weiß verputztes Hotel mit Säulen vor dem Haupteingang. Ich half bei Bedarf als Übersetzer aus, da mein Englisch besser war, als das der meisten Angestellten. Wenn ich nach der Arbeit mit den anderen Jungs wegging, versuchten sie mich mit mexikanischen Mädchen zu verkuppeln. Die Mädchen waren wunderschön, sexy und wussten definitiv, wie man einen Kerl in Versuchung führt. Das Problem war, sie waren nicht Brittany.
    Ich musste sie aus meinem Kopf kriegen. Und zwar schnell.
    Ich habe es versucht. Eines Abends hat ein amerikanisches Mädchen, das im Hotel übernachtete, mich mit auf ihr Zimmer genommen. Zuerst dachte ich, ich müsste mit einem anderen blonden Mädchen schlafen, um die Erinnerung an die eine Nacht auszulöschen, die ich mit Brittany hatte. Aber als es so weit war, konnte ich es nicht tun.
    Da wurde mir klar, dass ich dank Brittany das Interesse an allen anderen Mädchen verloren hatte.
    Es liegt nicht an ihrem Gesicht, ihrem Lächeln und noch nicht mal an ihren Augen. Dieses ganze oberflächliche Zeug sorgt dafür, dass alle Welt sie schön findet. Aber was sie zu etwas Besonderem gemacht hat, war das, was darunter verborgen lag. Es war die sanfte Art, mit der sie das Gesicht ihrer Schwester abgewischt hat, es war der Ernst, mit dem sie unser Chemieprojekt angegangen ist und es war die Art, wie sie mir ihre Liebe gezeigt hat, obwohl sie wusste, wer und was ich war. Ich war dabei, einen Drogendeal durchzuziehen, etwas, das sie strikt ablehnte, und trotzdem hat sie mich geliebt.
    Also bin ich jetzt, drei Monate nach der Schießerei, zurück in Fairfield, um mich dem zu stellen, was Mrs P. meine größte Angst nennen würde.
Enrique sitzt an seinem Tresen in der Werkstatt und schüttelt den Kopf. Wir haben über die Halloweennacht gesprochen und ich habe ihm vergeben, dass er Lucky verraten hat, was zwischen mir und Brittany passiert war.
    Enrique atmet lange und hörbar aus, nachdem ich ihm erzählt habe, was ich zu tun gedenke. »Du könntest dabei draufgehen«, sagt er und sieht mich sorgenvoll an.
    Ich nicke. »Das ist mir klar.«
    »Ich werde dir nicht helfen können. Keiner deiner Freunde in der Bruderschaft wird dir helfen können. Überleg es dir noch mal, Alex. Geh zurück nach Mexiko und genieße den Rest deines Lebens.«
    Ich habe meine Entscheidung getroffen und nicht vor, einen Rückzieher zu machen. »Ich werde mich nicht wie ein Feigling benehmen. Ich muss es tun. Ich muss
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