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Du bist das Boese

Du bist das Boese

Titel: Du bist das Boese
Autoren: Roberto Costantini
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und die Sonne wärmte schon. Mit meinem alten Spider durchquerte ich die von Touristen bevölkerte Altstadt. Gelegentlich machte ich halt, um eine junge Touristin zu bewundern. Am Kolosseum eine blonde Deutsche mit dicken Möpsen und den Worten »Über alles« auf dem T-Shirt. Auf der Piazza di Spagna ein paar Amerikanerinnen, die in Shorts auf der Treppe vor der Chiesa Trinità dei Monti saßen, und auf der Piazza del Popolo, wo die Bars schon zu dieser Tageszeit überfüllt waren, zwei süße Japanerinnen, die sich gegenseitig fotografierten. Schließlich schlängelte ich mich den Monte Mario hinauf und erreichte die Via della Camilluccia. Ein hohes grünes Gittertor versperrte die Einfahrt zum Park, in dem die beiden kleinen Villen standen, getrennt von einem großen Brunnen, einem Tennisplatz und einem Swimmingpool. Ein kleines Paradies, in dem Privilegierte in aller Abgeschiedenheit leben und auf diese wunderbare und chaotische Stadt, in der es vor Menschen und Verkehr nur so wimmelte, hinunterblicken konnten.
    Als ich auf das Tor zurollte, trat eine mürrische Sechzigjährige aus dem Pförtnerhäuschen. Sie musterte mich skeptisch und konnte wohl nicht zuordnen, ob ich ein Hausierer war, der ihr eine Enzyklopädie verkaufen wollte, oder der Lakai eines hier ansässigen Bonzen. Ich setzte einen meiner finstersten Blicke auf.
    »Ja bitte?«, fragte sie schroff mit einem südlichen Akzent.
    »Ich bin ein Freund von Angelo Dioguardi.«
    »Sie müssen draußen parken, hier ist nur für Anwohner.«
    Sie sah meinen Blick verblüfft über den weitläufigen Park schweifen, in dem nur wenige Autos standen, darunter ein Aston Martin, Angelos altersschwacher Fiat und eine Harley Davidson Panhead, die in der Sonne funkelte.
    »Der Conte will hier keine fremden Autos. Wenn es nach ihm ginge, würden Fremde überhaupt nicht reinkommen«, ergänzte die Pförtnerin mit einem Hauch von Missbilligung, die sich ebenso auf die Fremden wie auf den Conte beziehen konnte.
    Glücklicherweise war es kein Problem, in dieser grünen und ruhigen Gegend zu parken. Die Anlieger besaßen Garagen, und Geschäfte oder Restaurants gab es hier nicht. Nur Bäume, gepflegte Beete und philippinische Kinderfrauen, die Buggys mit dem Nachwuchs der Reichen vor sich herschoben, während diese auf der Piazza Navona Kaffee tranken oder sich auf dem Golfplatz vergnügten.
    »Sie müssen ganz durch den Park durch. Hinter dem Swimmingpool und dem Tennisplatz biegen Sie ab, dann kommen Sie zur Villa B. Die Terrasse können Sie da hinten schon sehen. Verlaufen Sie sich nicht«, erklärte sie mir wie einem dummen Kind.
    Als ich an der Villa A entlangging, fühlte ich mich beobachtet. Ich blickte nach oben und sah auf der Terrasse im dritten Stock etwas aufblitzen. Jemand bespitzelte den Fremden durch ein Fernglas. Ich blieb stehen, um den Aston Martin zu bewundern, der vor dem Hauseingang parkte. Daneben stand die Harley. Ich umrundete den großen Brunnen und folgte dem Parkweg zwischen Tennisplatz und Swimmingpool. Die hohen Bäume versperrten den Blick auf die Villa B, die ich vom Pförtnerhäuschen aus noch so gut hatte sehen können.
    Ein hagerer, energischer junger Mann kam mir entgegen. Dichte rote Locken, blaue Augen, Sommersprossen, kaum älter als zwanzig. Er trug einen Talar.
    »Sie verloren?«
    »Ich weiß nicht, ich möchte in die Villa B zu Angelo Dioguardi.«
    »Sie kein Priester.« Er lachte über seinen Witz, dann fuhr er in seinem gebrochenen Italienisch fort. »Zu Angelo nur Priester und Schwestern. Ich bin Padre Paul, Assistent von Cardinale Alessandrini.«
    Er begleitete mich bis zum Eingang der Villa B.
    »Angelo zweiter Stock. Call me, wenn einmal Sie Priester.«
    Dafür, dass wir uns zum ersten Mal begegneten, übertrieb er es ein bisschen mit seinen Scherzen. Ich hatte einen Blick dafür, ob sich jemand aus Unsicherheit hinter einer Maske versteckte, und die von Padre Paul passte vorne und hinten nicht.
    Ich ging zu Fuß nach oben. Als ich im ersten Stock ankam, trat ein junges Mädchen mit dem Antlitz einer Göttin ins Treppenhaus. Sie trug einen langen, weißen Kittel wie eine Krankenschwester, und ich war auf der Stelle bereit, schwer zu erkranken. Die Uniform sollte wohl ihren Körper verhüllen, aber kein Kleidungsstück der Welt hätte diese wohlgeformten Rundungen verbergen können.
    Sie blieb sofort stehen und senkte den Blick. »Entschuldigung«, sagte sie und rührte sich nicht vom Fleck, um mir den Vortritt zu lassen. Ihre
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