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Du bes Kölle: Autobiografie

Du bes Kölle: Autobiografie

Titel: Du bes Kölle: Autobiografie
Autoren: Tommy Engel
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als Lkw-Fahrer Jaco Kließ vor der Kamera, als wäre nichts gewesen. Heutzutage erinnert nur eine Titanschiene, die noch immer in meinem linken kleinen Finger steckt, an jenen Unfall.

WARUM ICH MUSIKER BIN
    Solange ich gute Leute um mich habe und gute, neue Programme entstehen, werde ich auf der Bühne bleiben. Meine Antennen funktionieren, die signalisieren mir rechtzeitig, wann es Zeit wird, aufzuhören. Wer weiß, vielleicht sieht man mich irgendwann in einem kölschen Musical, das ist schon seit Jahrzehnten so ein Traum von mir. Falls Bernsteins »West Side Story« mal freigegeben wird, hätte ich schon eine Übersetzung für »America« parat: »(De Finger) Am Erika« – von da aus ließe sich sicherlich etwas aufbauen.
    Ich bekomme in Köln noch immer viele Einladungen. Aber das meiste sage ich ab. Klar könnte ich häufiger im Fernsehen auftreten. Ich treffe immer wieder Leute, die wissen gar nicht, dass ich seit Jahren solo unterwegs bin. Die denken, der Engel hat sich längst zur Ruhe gesetzt. Mein Manager und Freund Jürgen Fritz erklärt mir gern, dass unsere Gigs sicherlich einträglicher wären, wenn mein Gesicht öfter in der Glotze auftauchen würde. Aber das mache ich nicht, oder nur als rare Ausnahme, die Entscheidung habe ich schon lange getroffen.
    Was hingegen nie vergehen wird, ist mein Lampenfieber vor Liveauftritten. Dieses Kribbeln, diese Nervosität spielt sich bei mir im Bauch- und Darmbereich ab. Das heißt, ich muss kurz vor meinen Konzerten noch mal aufs Klo. Das war bei den Fööss so, bei L.S.E. und ist auch heute noch so. Es gehört für mich zum Auftritt dazu. Klar ist auch, dass ich kurz vorm Gig nichts mehr essen kann. Völlegefühl ist der Tod für einen Sänger. Seit ich solo unterwegs bin, schnappe ich mir kurz vorm Start meine Band. Wir schließen einen Kreis und wippen auf den Zehenspitzen, das ist gut für die Körperspannung. Währenddessen erzähle ich etwas zur Einstimmung – dass die Leute da draußen sich auf uns freuen und dass wir unser Bestes geben wollen. Und dann gehen wir raus.
    Bei mir ist jeder Auftritt anders. Und ich finde es wichtig, dass auch die Musiker zwischendurch etwas zu lachen kriegen. Lachende Musikergesichter sind ansteckend, das ist toll für die Atmosphäre im Saal!
    Deshalb streue ich gern unvorbereitete Bemerkungen ein, die kommen mir auf der Bühne einfach so in den Sinn. Gleichzeitig entsteht durch solche Spiele eine Reaktion mit dem Publikum. Die Menschen merken in diesen Momenten, dass es da oben spontan zugeht, dass da nicht jede Silbe und jeder Schritt einstudiert ist. Natürlich habe ich mir einen roten Faden zurechtgelegt. Aber wie ich auf dem herumtanze oder von dem auch mal abweiche, gestaltet sich jeden Abend unterschiedlich.
    Besonders gut gelingt mir das Gesprächs-Pingpong mit Jürgen Fritz, der meine Soloprogramme mit seinem Flügel und seinen Kompositionen ja ohnehin am stärksten prägt. Wenn wir uns einmal warmgesprochen haben, wird aus dieser zunächst angespannten Konzertsituation plötzlich etwas ganz anderes. Man könnte es mit einem Happening vergleichen, wo das Unvorhergesehene, das Improvisierte alle Anwesenden zusammenschweißt. Ich gehe nie auf die Bühne, nur um die Leute zu unterhalten. Wenn ich schlecht drauf bin, merkt man mir das auch an. Und dann passieren nicht selten seltsame Dinge: Die Zuschauer bringen mich hoch, weil sie spüren, dass sie mir helfen müssen. Und andersherum gilt das Gleiche: Ein Publikum, das irgendwie geduckt und unterkühlt auf seinen Plätzen hockt, werde ich immer pushen. Das taue ich auf.
    Mir gefällt der Gedanke, ein Konzert sei so etwas wie ein großes Familientreffen. Das mag daran liegen, dass ich selbst aus einer ziemlich großen Familie komme. Aber ich war auch nie jemand, der das Publikum nur als Masse wahrnimmt. Wenn ich auf der Bühne stehe, suche ich nach Gesichtern, an denen ich mich festhalten kann. Manchmal merken das diese Menschen, und dann versuche ich wegzusehen. Aber früher oder später landest du doch wieder bei diesem Fixpunkt. Weil von dieser Person irgendetwas Besonderes ausgeht. Mich kann ein freundliches, fröhliches Gesicht anziehen, aber auch Äußerlichkeiten, eine eigenwillige Sitzposition oder seltsame Klamotten. Spannend wird solch ein Kontakt, wenn zwischen diesen Blicken etwas stattfindet. Wenn es knistert. Ich merke dann, dieser Mensch ist bei mir, vielleicht noch ein bisschen mehr als die anderen dort unten. Da geht es um Strahlen, um genau jene
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