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Drunter und Drüber

Titel: Drunter und Drüber
Autoren: Susan Andersen
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Begleichung dieser alten Schuld niemals von Butch eingefordert worden war. So etwas war in ihrer Gegend selten und es hatte J.D. stets sehr viel bedeutet, dass sein Freund an den unsichtbaren Schuldschein nie auch nur zu denken schien.
    Bis Butch letzte Woche plötzlich doch auf die Geschichte zurückgekommen war.
    Beinahe hätte J.D. den Hörer wieder aufgelegt, dann jedoch gab er auch die letzten beiden Ziffern der Nummer seines Kumpels ein. Schließlich war es nicht so, als hätte er nicht irgendwo in seinem tiefsten Innern gewusst, dass er jederzeit zur Begleichung dieser Schuld aufgefordert werden könnte. Trotzdem war er enttäuscht gewesen, als es schließlich tatsächlich dazu gekommen war. Ihre Freundschaft hatte sich dadurch verändert.
    Verdammt, er machte einen Fehler. J.D. wollte gerade auflegen, als jemand am anderen Ende der Leitung an den Apparat kam. »Hallo!«
    Butchs Stimme rief einen Morast aus widersprüchlichen Gefühlen in ihm wach und einen Moment lang schwieg J.D. Butch war immer so vieles gewesen, was er selber nicht war. Zum Beispiel wirklich witzig.
    Bereits als Kind hatte er dauernd irgendwelche Scherze auf den Lippen und Ideen für irgendwelche amüsanten Zeitvertreibe gehabt. Auch als Erwachsener konnte er die Menschen oft zum Lachen bringen, was J.D. eindeutig nicht gegeben war.
    Er war einer dieser Typen, zu denen sich die Menschen hingezogen fühlten. Die Frauen lagen ihm zu Füßen und es schien egal zu sein, dass er mit einer Furie verheiratet war, die jede Frau skalpieren würde, die ihm zu nahe kam.
    »Was?«, wurden seine Gedanken von Butchs ungeduldiger Stimme unterbrochen. »Wenn du was zu sagen hast, spuck’s aus. Ich habe keine Zeit für diesen Sch...«
    »He«, sagte J.D. »Ich bin es.«
    »J.D.?«
    »Genau.«
    Ein paar Sekunden herrschte Schweigen. Dann: »Wo zum Teufel steckst du, Mann? Ich habe schon hundertmal versucht, dich zu erreichen, aber dein Anschluss ist gesperrt und als ich zu deiner Wohnung kam, sah sie völlig verwaist aus, nur dass nicht zu sehen war, ob du die Fliege gemacht hast oder nur mal kurz einen trinken gegangen bist.«
    Er klang ziemlich erregt und das leise Klimpern, das J.D. durch die Leitung vernahm, verriet, dass er wie üblich, wenn er nervös war, Kleingeld von einer Hand in die andere fließen ließ.
    J.D.'s Magen zog sich leicht zusammen. »Ich habe die Wohnung gekündigt – es war Zeit für eine Veränderung.«
    »Ach ja? Und wo bist du jetzt?«
    Butchs Stimme hatte für seinen Geschmack einen etwas zu aufgeregten Klang. »Was ist los?«
    »He? Nichts ist los«, kam die allzu schnelle Antwort. »Du warst plötzlich verschwunden und ich will einfach wissen, wo zum Teufel du jetzt steckst, das ist alles.«
    Das konnte er jemand anderem erzählen. Sie hatten einander auch vorher schon wochenlang nicht gesehen, was Butch immer total egal gewesen war. »Du führst doch was im Schilde, Dickson. Also, was ist los?«
    »Nichts!«
    »Hat es was mit der Sache mit den Bullen zu tun?« Mit der Sache, die ihre Freundschaft für alle Zeit verändert hatte? J.D.'s Magen verknotete sich noch stärker.
    »Verdammt, nein. Das ist längst erledigt.«
    Dann ging es um eine Frau. »Du steckst mal wieder in der Scheiße – das höre ich dir an. Ich kriege eh raus, was es ist, also kannst du es mir ebenso gut gleich erzählen.«
    »Es gibt nichts zu erzählen. Himmel, wo ist das Problem, Carver? Da ist ein Mann in Sorge, weil sein Kumpel einfach verschwindet und plötzlich heißt es, er führt etwas im Schilde? Was soll der Schwachsinn?«
    »Du weißt, dass du auf Dauer nichts vor mir verheimlichen kannst, warum also ersparst du uns nicht die Zeit und Mühe und ...«
    »Wo zum Teufel steckst du, Carver?«
    »Ich werde herausbekommen, was du vor mir verbirgst!«, schnauzte J.D., knallte den Hörer auf die Gabel und stapfte zurück an seinen Tisch.
    Scheiße. Er hätte sich auf seinen Instinkt verlassen sollen – Butch anzurufen war ein Riesenfehler. Er hatte gehofft, der schwelende Zorn, den er seit letzter Woche auf den alten Freund empfand, würde bei einem Gespräch mit ihm verrauchen, doch jetzt war er noch wütender als vorher.
    Butch hatte seine Fehler. Die meisten waren nicht weiter schlimm, doch ein Fehler war tödlich: Er übernahm niemals die Verantwortung für sein eigenes Tun. Egal, was auch passierte, er konnte nie etwas dazu.
    So war es immer schon gewesen, nur dass es sich bisher lediglich um diverse Kleinigkeiten gehandelt hatte: einen Tadel
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