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Drunter und Drüber

Titel: Drunter und Drüber
Autoren: Susan Andersen
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abrieb. »Unter dem Gewicht ist das Geländer weggebrochen.«
    »Dazu hat es sicher keines allzu großen Gewichts bedurft. Sieht aus, als wäre das Holz ziemlich verrottet.«
    Der Barkeeper nickte. »Bei all dem Schnee im Winter und dem Regen im Frühjahr und Herbst bleibt ihm nicht viel Zeit zum Trocknen, so dass der Großteil des Geländers und das Balkonbodens alle paar Jahre ausgewechselt werden. Kann ich Ihnen etwas bringen, Sir?«
    »Ja, ich nehme ein Corona.«
    Der Mann ging zurück an die Bar und J.D. setzte sich an einen Tisch direkt am Fenster. Das Mittagessen war vorbei, für die Happy Hour war es noch zu früh, und so hatte er den Raum ganz allein für sich. Als das bestellte Bier kam, nickte er zum Dank und schlug dann das älteste der Bücher auf.
    Wider Erwarten fiel es ihm schwer, sich auf die Überprüfung der Finanzen des Hotels zu konzentrieren, denn ständig kehrten seine Gedanken zu seiner aufgezwungenen Partnerin zurück. Er war sich nicht ganz sicher, ob er als Sieger oder als Verlierer aus dem Scharmützel hervorgegangen war. Er wurde von Frauen nicht gerade umschwärmt, nie zuvor jedoch hatte eine ihn angesehen, als wäre er geradewegs aus der Steinzeit in die Gegenwart katapultiert worden. Allerdings musste er sich eingestehen, dass es ihn auf eine primitive Art befriedigt hatte, sie aus dem Gleichgewicht zu bringen.
    Doch was zum Teufel hatte dieses Bedürfnis überhaupt in ihm geweckt?
    Er war mit der Absicht, ein nüchternes, geschäftsmäßiges Gespräch zu führen, in ihr Büro marschiert. Sie jedoch hatte ihn mit diesem falschen Lächeln angesehen. Er hatte sich mit instinktiver Kampfbereitschaft ins Gefecht gestürzt. Als sie ihn dann noch der Geschmacklosigkeit bezichtigt und ihn gemustert hatte, als wäre er geradewegs aus einem Abwasserkanal gekrochen, war es um seine guten Vorsätze geschehen.
    Doch leicht war sie nicht kleinzukriegen. Er hätte gedacht, die jahrelang in Rat City angewandte Praxis der körperlichen Einschüchterung würde bereits genügen, doch ihre großen, runden Augen und der weiche, runde Körper schienen eine Mogelpackung zu sein – denn sie hatte sich ihm erfolgreich widersetzt. Abgesehen von dem einen Schritt nach hinten, hatte sie ihre Bereitschaft demonstriert, sich ihm gegenüber zu behaupten.
    Und plötzlich hatte sein Bemühen, herauszufinden, was zum Teufel sie und ihre Sippe gegen ihn im Schilde führten – verdammt noch mal –, den Charakter eines Vorspiels für ihn gehabt.
    Er richtete sich auf. Himmel, Mann, bist du vollkommen verrückt geworden? Die Behauptung, er wäre einzig darauf aus, etwas umsonst zu kriegen, hatte nicht gestimmt, doch genau das war passiert – und wie oft hatte ein Typ wie er im Leben wohl ein derartiges Glück? Er hatte die Absicht, diese Gelegenheit zu nutzen. Spielchen in der Art Ich weiß, dass ich dich dazu bringen kann, dass du es genauso willst wie ich waren sicher nicht der richtige Weg, doch er wollte verdammt sein, wenn er diese Chance vertat.
    In Seattle gab es nichts mehr für ihn. Nicht einmal mehr Butch, der als Einziger so etwas wie Familie für ihn gewesen war.
    Und trotzdem ...
    J.D. stand auf, zog eine Telefonkarte aus seiner Tasche und ging zu dem neben den Toiletten befindlichen öffentlichen Apparat. Selbst wenn die Dinge zwischen ihnen nicht mehr so standen wie früher, sollte er Butch zumindest wissen lassen, wo er war, und ihm für den Fall, dass die Bullen ihn erreichen mussten, eine Nummer hinterlassen.
    Er und Butch hatten als Kinder zusammen das Fürsorgesystem durchlaufen und waren ab und zu sogar zur selben Zeit im selben Kinderheim gewesen. Doch hatten sie einander draußen auf der Straße, wo sie sich viel zu häufig herumgetrieben hatten, erst richtig kennen gelernt. Und kurz vor seinem sechzehnten Geburtstag war ihm von Butch das Leben gerettet worden, als er beim gemeinsamen Spiel auf einem Fabrikdach beinahe kopfüber in die Tiefe gepurzelt Es war egal, dass die Idee zu dem Spiel, das zu dem Beinahe-Unfall geführt hatte, von Butch gekommen war. Es hatte sich von selbst verstanden, dass J.D. dem Kumpel seither etwas schuldig gewesen war. In ihrem Viertel folgte man in diesen Dingen einem strengen Kodex und es war nicht ungewöhnlich, dass man für gegenseitig erwiesene Dienste noch Jahre später in der Kreide stand. Auch wenn es ein ungeschriebenes Gesetz war, war es unvorstellbar, dass sich jemand nicht eisern daran hielt.
    Umso mehr hatte J.D. es zu schätzen gewusst, dass die
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